Leipzig ist Musikstadt. Und das nicht nur, weil die Stadt ihre großen Musikhäuser mit Millionen päppelt, sondern auch, weil die Leipziger selbst Musik lieben. Nicht nur aus der Konserve, sondern auch selbstgemacht. Die Musikschule Johann Sebastian Bach erfreut sich hoher Nachfrage. Und kann den Bedarf gar nicht mehr abfangen. 1.000 Namen stehen mittlerweile auf der Warteliste. Nur in einem unterscheiden sich SPD und Linke: in der Vorstellung, wie viel Geld sie in die Ausweitung des Angebots stecken möchten.

Vor allem geht es natürlich um Lehrkräfte, die das Angebot überhaupt gewährleisten können. Da wurde in den vergangenen Jahren heftig gespart. Viele Vollzeitstellen wurden durch Angebote freier Lehrkräfte ersetzt. Aber auch die werden nicht wirklich fürstlich honoriert, liegen mit den Honorarsätzen im sächsischen Vergleich eher im unteren Drittel.

Genau hier will die Linksfraktion ansetzen und beantragt im Doppelhaushalt 2015/2016 eine Erhöhung der Honorarsätze für nichtsozialversicherungspflichtig beschäftigte pädagogische Lehrkräfte im Eigenbetrieb Musikschule „Johann Sebastian Bach“: “Der städtische Zuschuss für den Eigenbetrieb Musikschule ‘Johann Sebastian Bach’ wird im Jahr 2015 um 56.747,40 Euro sowie im Jahr 2016 um weitere 76.219,71 Euro zweckgebunden für die Anhebung der Honorarsätze für die nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigten pädagogischen Lehrkräfte auf ca. 20 Euro (ab 1.8.2015) bzw. ca. 21 Euro (ab 1.1.2016) erhöht. In der mittelfristigen Planung ist eine schrittweise Erhöhung der Honorarsätze sowie ein fachlich vertretbares Verhältnis von sozialversicherungspflichtig beschäftigten und freien Lehrkräften anzustreben.”

In ihrer Begründung weisen die Linken darauf hin, dass ohne die freien Lehrkräfte an der Musikschule gar nichts mehr läuft: “Der Anteil des von frei beruflichen Lehrkräften geleisteten Stundenumfangs im städtischen Eigenbetrieb Musikschule liegt derzeit bei ca. 50 %. In Sachsen sind ca. 72 % der Mitarbeiter/-innen der öffentlichen Musikschulen Honorarkräfte. Nach Berlin (93 %) ist Sachsen somit das Bundesland, in dem prozentual die meisten freien Lehrkräfte für die Absicherung des Unterrichts herangezogen werden. Das ist nicht zu vertreten und wird auch vom Landesverband der Musikschulen Sachsen problematisiert. Die freien Mitarbeiter/-innen sind in ihrer arbeitsrechtlichen Stellung deutlich benachteiligt gegenüber den festangestellten.

Sie haben keinen Anspruch auf Urlaub, Verdienstausgleich bei Krankheit oder Unterrichtsausfall (auch ohne eigenes Verschulden), auf Arbeitnehmervertretung etc. Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie öffentliche Vorspiele der Schüler/-innen etc. werden nicht vergütet. An ihnen misst sich aber wesentlich der öffentliche Erfolg der Lehrkraft im Dienst des Schülers. Während der Ferienzeit verfügen sie im Unterschied zu den festangestellten Lehrkräften über kein Einkommen aus dem Eigenbetrieb. Das führt zu ausgesprochen demütigenden Situationen: so sind die freien Lehrkräfte nicht selten gezwungen, Transferleistungen (Wohngeld, Hartz-IV(-Aufstockung)) oder Zweit- und Dritterwerbsmöglichkeiten außerhalb des Berufsfeldes in Anspruch zu nehmen. Ein menschenwürdiges Auskommen ermöglicht die Honorartätigkeit nicht, obwohl die fachliche Qualifizierung der freien und festen Lehrkräfte keine Unterschiede aufweist und erstere oftmals über ähnliche Dauer beim Eigenbetrieb beschäftigt sind.

Durchschnittlich sind die Honorarkräfte der Musikschule seit 13 Jahren am Eigenbetrieb tätig. Während dieser Zeit sind die Honorare lediglich um 12,5 % gestiegen. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit, zusätzliche Einnahmen über privat erteilten Musikunterricht zu erzielen, in Leipzig sehr begrenzt ist, da die Entgelte des Eigenbetriebs als Orientierung für potenzielle private Unterrichtsteilnehmer gelten und die Unterrichtszeit auf den Nachmittag beschränkt ist.

Perspektivisch ist die Anhebung der Honorarsätze auf 30 Euro anzustreben. Diese Forderung liegt damit noch immer unter der von der ver.di-Fachgruppe Musik errechneten Mindesthöhe von 37, 27 Euro (für das Jahr 2013) für die Einzelstunde à 45 Minuten. Darüber hinaus ist darauf hinzuwirken, dass das Verhältnis zwischen festen und freien Mitarbeiter/-innen im Eigenbetrieb Musikschule wieder auf ein fachlich vertretbares Maß gebracht wird. Anzustreben ist ein Verhältnis von 80 % festen Mitarbeiterinnen/-ern und 20 % freien Lehrkräften (auf den Umfang des erteilten Unterrichts bezogen).”

Das klingt im Antrag der SPD nicht ganz so drastisch, zielt aber in dieselbe Richtung: “Im Bereich der freien Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen unbedingt finanzielle Strukturen geschaffen werden, die eine leistungsadäquate und konkurrenzfähige Honorierung des Unterrichts ermöglichen. Die derzeitigen Honorarsätze sind nicht mehr zeitgemäß und führen dazu, dass künftig qualifizierte Lehrkräfte nicht mehr an der Musikschule unterrichten beziehungsweise diese verlassen.”

Aber nicht nur bei den Freien will die SPD draufsatteln. Denn von den eigentlich vorgesehenen Vollzeitstellen sind gar nicht alle besetzt, konnten mit dem bisherigen Budget von 2,9 Millionen Euro auch nicht besetzt werden. Deswegen beantragt die SPD-Fraktion für 2015 eine Erhöhung des Budgets um 400.000 Euro auf 3,328 Millionen Euro, 2016 sollen es dann 3,507 Millionen Euro werden. 250.000 Euro von den zusätzlich beantragten 400.000 sollen zur Besetzung der fünf vakanten Lehrerstellen genutzt werden, 150.000 Euro (also noch deutlich mehr als von der Linksfraktion beantragt) sollen zur Erhöhung der Honorare für freie Mitarbeiter eingesetzt werden.

Die SPD betont auch extra, dass die Musikschule eben nicht nur die Breitenausbildung für junge Musiker abdeckt, sondern auch Spitzenausbildung leistet. Wie groß der Bedarf tatsächlich ist, zeigt ein Vergleich: etwa 8.000 Schüler haben derzeit einen Platz an der Musikschule, weitere 1.000 warten sehnlichst auf einen.

Mit fünf neuen Vollzeitlehrern kann zumindest ein Teil der Nachfrage abgedeckt werden. Und natürlich wird auch das Haus an der Schillerstraße nicht ausreichen, um die zusätzlichen Unterrichtseinheiten unterzubringen. Dafür müssten dann zusätzliche Räume angemietet werden, meint die SPD-Fraktion.

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