Da staunt der Zeitgenosse: Es ist tatsächlich drei Jahre her, dass der damalige sächsische Kultusminister Roland Wöller zurücktrat, weil er mit dem Wunsch, nur ein klein bisschen an der rigiden Sparpolitik bei der Lehrereinstellung zu ändern, gegen Betonmauern rannte. Drei verlorene Jahre, auch wenn die Meldungen aus dem Kultusministerium seither geradezu heldenhaft klingen.

Aber serieller Stundenausfall ist bis heute das Normale im Schulbetrieb. Schulschließungen bleiben auf der Tagesordnung. Trotz des so genannten Schulschließungs-Moratoriums, auf das der ehemalige kleine Koalitionspartner FDP so stolz war. Moratorien sind in Sachsen nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen, wenn der Finanzminister auf das Einhalten von Regeln hinweist. Mitwirkungsentzug heißt das im sächsischen Amtsdeutsch, wenn der Freistaat dann für Klassen, die nicht das Anmeldesoll erfüllen, die Lehrer abzieht. Das zwingt auch die letzte Kommune in die Knie.

Und der Mitwirkungsentzug droht zum Schuljahresstart 2015/2016 nun wieder sieben sächsischen Schulen.

Das konnte die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Cornelia Falken, direkt von der amtierenden Bildungsministerin Brunhild Kurth (CDU) erfahren. Fragen macht ja klüger. Also hat sie gefragt – nach Anmeldezahlen (über die hat die L-IZ schon berichtet) und Mitwirkungsentzug. Das Wort hat die Ministerin lieber noch nicht in den Mund genommen. Erst einmal hat sie die verantwortlichen sieben Schulträger zur Anhörung bestellt. Aber schon allein das zeigt, wie wenig sich tatsächlich an der alten, strikt bürokratischen sächsischen Schulpolitik geändert hat.

“‘Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube’. Die Redewendung aus Goethes Faust gilt es immer dann zu beherzigen, wenn die Kultusministerin Versprechungen macht”, kommentiert Cornelia Falken nun. “Angesichts des Antrages der Fraktion Die Linke ‘Sechs-Punkte Moratoriums zum Erhalt von Schulstandorten’ (Drucksache 6/887) hatte Frau Kurth im März getönt: ‘Ich stehe zu meinem 2013 gegebenen Wort, … die Schulen im ländlichen Raum zu schützen’, und bekräftigend hinzugefügt, ‘dass unsere Schulen im ländlichen Raum sicher sind.'”

Aber um Schulen in ländlichen Räumen zu sichern, braucht es Ideen und Alternativen. Und auch ganzheitliche Konzepte zur Stabilisierung dieser Räume. Davon ist aber in Sachsens Regierung nicht mal ein Entwurf zu finden. Da kann der Umweltminister noch so fleißig herumreisen und LEADER-Gebiete ernennen. Aber die nützen nichts, wenn die nötigen Infrastrukturen nicht mehr existieren – und gesicherte Schulstandorte gehören nun einmal dazu. Die werden aber mit LEADER nicht gesichert. Und wenn die Kinder fehlen, weil nun schon seit Jahren die jungen Bewohner reihenweise ihre Koffer packen, dann verschwindet auch das, was das Kultusministerium so allgemein das “Bestehen des öffentlichen Bedürfnisses” nennt. Keine Kinder? Kein Bedürfnis.

Gegenstrategie? Keine.

Cornelia Falken: “Was das Wort der Kultusministerin wert ist, geht nun aus der Antwort des Kultusministeriums auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 6/1196) hervor. Auf die Frage, für welche Schulstandorte und Klassenstufen das Kultusministerium beabsichtige, Verfahren zum Mitwirkungsentzug einzuleiten, zählt das SMK sieben Grundschulen auf. Das lässt nur einen Schluss zu: Auf das Wort der Kultusministerin ist kein Verlass. Davon, dass es ‘selbstverständlich’ sei, ‘dass wir in den ländlichen Regionen des Freistaates gesicherte Schulstandorte benötigen’, kann keine Rede sein.”

Tatsächlich bedeutet die Auskunft der Ministerin, dass es schlicht keine Strategie gibt, sichere Schulstandorte zu schaffen. Man hat sich nur drei Jahre ausgeruht auf dem Luftkissen “Schulschließungs-Moratorium”. Das sich ja nun erledigt hat. So schnell kann eine strategielose Politik sich entblößen – als Luftnummer eben.

Die Schulen, die jetzt auf der Liste der bedrohten Einrichtungen stehen, sind allesamt Grundschulen. Womit recht deutlich wird, wie sehr der Verlust der jungen Jahrgänge in den ländlichen Regionen jetzt in logischer Folge zum nächsten Verlust führt.

Betroffen sind die Grundschule „Christian-Friedrich-Schach“ in Crimmitschau, die Brüder-Grimm-Grundschule Kreba-Neudorf, die Grundschule Lippersdorf, die Grundschule „Christian Lehmann“ Scheibenberg, die Johann-Esche-Grundschule Taura, die Grundschule Wechselburg und die Grundschule Wiedemar.

Cornelia Falken: “Der Vorgang zeigt, dass das bislang geltende Moratorium aus der vergangenen Legislaturperiode keine Garantie für den Erhalt von Schulen bietet. Umso wichtiger wäre eine verbindliche Ãœbergangsregelung bis zur angekündigten Novelle des Schulgesetzes im Jahr 2017 gewesen. Den Vorschlag der Linken, ein ‘Sechs-Punkte Moratorium zum Erhalt von Schulstandorten’ im Landtag zu beschließen, haben CDU und SPD jedoch abgelehnt.”

Die Antwort von Brunhild Kurth zu den bedrohten Grundschulen.

Der abgelehnte Linke-Antrag.

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Wortbruch als Normalfall!
Wenn die “christlichen Politiker” in Sachsen für ihre Lügen im Jenseits bestraft würden, könnten diese in der Hölle immer komplette Kabinettssitzungen abhalten.

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