Ab und zu kommen ja aus dem sächsischen Kultusministerium Meldungen, die erklären, man habe die Sache mit den fehlenden Lehrern nun endlich im Griff. Die jüngsten Erhebungen des Landesschülerrates aber haben gezeigt, dass man auch im Schuljahr 2014/2015 nichts im Griff hat. Also gab's dann am 8. Mai wieder so eine Meldung: Jetzt aber ...

“In Vorbereitung des Schuljahres 2015/16 ist das Einstellungsverfahren für neue Lehrkräfte angelaufen. Die Sächsische Bildungsagentur wird insgesamt 1.000 Lehrkräfte zum 1. August dieses Jahres an allgemein- und berufsbildenden Schulen unbefristet einstellen. Geeignete Bewerberinnen und Bewerber erhalten in diesen Tagen entsprechende Einstellungsangebote. Den möglichen 1.000 Einstellungen stehen rund 1.500 Bewerbungen gegenüber”, heißt es in der Meldung des Kultusministeriums. “Mit der Zahl der Neueinstellungen kann das Schuljahr 2015/16 solide und mit ausreichender Zeit vorbereitet werden. Gleichzeitig wird den Erfordernissen des beginnenden Generationswechsels Rechnung getragen. Nach derzeitigem Stand werden bis zum Ende des laufenden Schuljahres Lehrkräfte im Umfang von gerundet 640 Vollzeitäquivalenten ausscheiden.”

Das klingt zumindest so, als könne man damit die Altersabgänge ausgleichen und die im Schuljahr 2014/2015 bestehenden Löcher noch nachträglich flicken.

Landessschülerrat freut sich – und mahnt

Das fand jetzt der Landesschülerrat richtig gut und lobt das Kultusministerium, dass es endlich mit Weitsicht in das neue Schuljahr geht.

„Endlich reagiert die SBA auf den bestehenden Unterrichtsausfall und Lehrermangel in Sachsen. Das vollständige Ersetzen der zum Schuljahresende ausscheidenden Lehrkräfte (ca. 640 VzÄ) und darüber hinausgehende Neueinstellungen sind vorbildlich und wichtige Schritte, um die Unterrichtsversorgung in Zukunft zu gewährleisten“, schätzt der Vorsitzende des Landesschülerrats (LSR Sachsen), Patrick Tanzer, ein.

Aber so ein paar Zweifel hat man doch.

Besonders der geordnete Generationswechsel im Lehrerzimmer und die flächendeckende Lehrerversorgung in ländlichen Gebieten müssten Priorität haben, fordert der LSR.  Ebenfalls schien die Kultusverwaltung in der letzten Zeit überrascht und überfordert vom starken Zuwachs der Schülerzahlen in Dresden und Leipzig. Mit der aktuellen Einstellungswelle müsse die Sächsische Bildungsagentur den Grundstein für die Beseitigung dieser Probleme legen.

Unter den für die bevorzugte Einstellung relevanten Fächern sollte die SBA neben den klassischen Mangelfächern – etwa den MINT-Fächern Matheamtik, Physik, Chemie – auch besonders Musik, Sport und Kunst berücksichtigen. Diese wiesen in der Unterrichtsausfallstatistik des LSR besonders hohe Ausfallquoten auf und bedürfen ebenso mehr Lehrpersonal. Auch über bevorzugte Einstellung von DaZ-Lehrern (Deutsch als Zweitsprache) vor dem Hintergrund steigender Flüchtlingszahlen und Lehrpersonal für Inklusion sollte erwogen werden.

„Wir sind erst einmal froh, dass versucht wird, mit Weitsicht ins nächste Schuljahr zu starten”, sagt Patrick Tanzer. “So lassen sich böse Überraschungen, wie die verspätete Versendung von Elternbescheiden vermeiden. Es ist gut, wenn der Druck von außen etwas bewirkt. So wird aktiv gegen den Unterrichtsausfall vorgegangen.“

Linke hält die geplanten Neueinstellungen noch immer für zu wenig

Aber zeigen die Zahlen der Bildungsagentur tatsächlich den realen Bedarf? Daran zweifelt vor allem Cornelia Falken, bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag.

“Im laufenden Schuljahr 2014/2015 scheiden 1.211 Lehrerinnen und Lehrer aus dem Schuldienst aus. Das entspricht 636 Stellen. Dazu kommen noch 185 Lehrkräfte, die vorzeitig in Rente (mit 63 Jahren) gehen. Wenn im Schuljahr 2015/2016 auch noch mit 5.000 zusätzlichen Schülerinnen und Schülern gerechnet werden muss, dann brauchen wir nach meiner Rechnung 200 zusätzliche Lehrkräfte”, stellt die Linke-Politikerin mit Hinweis auf ihre im Februar von Kultusministerin Brunhikd Kurth beantworte Anfrage fest.

Und allein für diesen grundlegenden Bedarf sei die Zahl noch allemal sehr knapp kalkuliert.

“Dabei fehlt noch gänzlich eine Reserve gegen den erheblichen Unterrichtsausfall, den der Landesschülerrat gerade wieder thematisiert hat, und die Erfüllung der selbst gesteckten Ziele bei Inklusion sowie der Integration von Flüchtlingskindern”, benennt Falken all die Felder, die mit den geplanten Lehrereinstellungen noch gar nicht abgedeckt sind. “Nicht zu vergessen die Betreuung von Referendaren. Deshalb reicht die Zahl der geplanten Neueinstellungen von Lehrkräften objektiv nicht aus.”

Die Kleine Anfrage von Cornelia Falken zum Lehrerbedarf in Sachsen.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar