Irgendwann reicht es einfach nicht mehr, eine Misere einfach nur zu verwalten und sich auszuruhen auf dem Titel PISA-Meister. Wenn die Grundprobleme des sächsischen Bildungssystems nicht angegangen werden, steigen auch wieder die Zahlen der Schulabgänger ohne Abschlusszeugnis. So schon 2013 in Sachsen passiert, wie die Caritas nun feststellt.

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Hauptschulabschluss ist in Sachsen schon 2013 – mitten in der fatalen Diskussion um fehlende Lehrer und niedrige Einstellungsquoten – leicht angestiegen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie des Deutschen Caritasverbandes. Die Quote lag im Jahr 2013 bei 8,77 Prozent im Freistaat, bundesweit sind es 5,6 Prozent. Im vierten Jahr in Folge hat die Caritas 2015 die Daten der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss ausgewertet.

Die Auswertung ist etwas anders als die offiziellen Zahlen, die der Freistaat selbst herausgibt. Nach denen lag der Anteil der Schulabgänger ohne Abschlusszeugnis an allen Absolventen des Jahres 2013 bei 10,35 Prozent.

Doch den von der Caritas genutzten Zahlen liegt der Anteil der Abgänger ohne Hauptschulabschluss gemessen an den Siebtklässlern vor zwei beziehungsweise drei Jahren zugrunde – orientiert an der Dauer der Vollzeitschulpflicht in den betreffenden Bundesländern. Der Wert ist etwas niedriger, weil er sich nicht vermischt mit den späteren Schulabschlüssen der Gymnasiasten.

Schlusslicht in Sachsen ist wie auch bei der letzten Studie die Stadt Leipzig mit 12,3 Prozent, stellt die Caritas nun fest. In Chemnitz und dem Landkreis Görlitz liegt die Zahl bei 11,24 Prozent, im Landkreis Bautzen immer noch bei 10,37 Prozent. Am besten sieht es mit 7,0 Prozent in Dresden und im Landkreis Vogtland aus.

Womit sich eine Mahnung der Grünen bestätigt, die erst jüngst den Flickenteppich der Schulchancen in Sachsen kritisierten. Zwischen den verschiedenen Agenturbezirken sind die Chancen der Jugendlichen, einen qualifizierten Schulabschluss zu machen, höchst unterschiedlich, sie sind einerseits direkt gekoppelt an die konkrete Schulausstattung vor Ort, aber auch an die Zuweisung an Lehrpersonal. Und Leipzig fällt auch deshalb aus dem Rahmen, weil sich der mehr als knappe Lehrerbesatz verbindet mit nicht ausreichenden Fördermöglichkeiten gerade in den benachteiligten Ortsteilen.

Insgesamt ist der Anteil der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss zumindest deutschlandweit in den letzten Jahren stetig gesunken, stellt die Caritas fest, von 6,9 Prozent im Jahr 2009 auf 5,6 Prozent im Jahr 2012. Von 2012 auf 2013 blieb er bundesweit zum ersten Mal seit der Caritas-Erhebung konstant und liegt bei 5,6 Prozent.

Doch in den Bundesländern spiegelte sich das durch leicht ansteigende Quoten in Bremen, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Sachsen und Thüringen wider. Gesunken sind die Quoten in Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Brandenburg. In Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Hamburg sanken die Quoten sogar über einen Prozentpunkt.

„Dennoch kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen“, sagt Norbert Waldhelm, Referent für Kinder-und Jugendhilfe im Caritasverband für das Bistum Dresden-Meißen. „Knapp 8,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Freistaat ohne Schulabschluss kann uns nicht zufriedenstellen.“

Seine Mahnung: Vor allem müsse man vor Ort mehr für benachteiligte Jugendliche tun. Dazu gehöre das Miteinander von Schulsozialarbeit, frühen Hilfen, Berufsberatung und Elternarbeit.

„Wer die Schule ohne Abschluss verlässt, hat deutlich weniger Chancen auf einen Ausbildungsplatz und somit fast zwangsläufig eine schlechte berufliche Perspektive“, so Waldhelm. Was er aber völlig ausblendet – vielleicht will er ja den Bildungsverantwortlichen in Dresden nicht auf die Füße treten – ist die mangelhafte Lehrerausstattung und das auch 2013 noch straff durchgezogene Sparprogramm. Es erstaunt schon, dass die Caritas die Kommunen allein in der Pflicht sieht. Doch allein können sie das, was eine aufs Knausern fixierte Regierung angerichtet, hat nicht ausgleichen.

So gesehen also eine sehr bedenkliche Mahnung, die die Caritas hier ausspricht. Das zeigt auch der Blick auf die Statistik: Mit einer Quote von 8,8 Prozent der Schüler, die ohne Zeugnis die Schule verließen, liegt der Freistaat Sachsen ganz hinten im Bundesvergleich. Ärger ist es nur noch in Mecklenburg-Vorpommern mit 9,6 Prozent und in Sachsen-Anhalt mit 9,1 Prozent. Während die westlichen Bundesländer Quoten um die 5 Prozent aufweisen, hängen die ostdeutschen Bundesländer mit Quoten über 7 Prozent hinterher. Einzige Ausnahme: Thüringen mit 6,9 Prozent. Es geht also durchaus etwas besser, wenn man im Land selbst die Probleme ernst nimmt.

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