Fünf Stunden dauerte die Mammutsitzung des Senats der Universität Leipzig. Am Ende sollte eigentlich die Entscheidung stehen, ob die Mitglieder dem Wahlvorschlag des Hochschulrates für das Rektorenamt zustimmen. Doch diese wurde um zwei Wochen vertagt.

Im Neuen Senatssaal der Universität Leipzig kam es heute zu einem ersten Showdown. Nachdem die amtierende Rektorin Beate Schücking Ende Juli publik gemacht hatte, dass sie nicht zur Wiederwahl antreten darf, und in der vergangenen Woche die Namen der beiden bevorzugten Konkurrenten bekannt wurden, äußerte sich der Hochschulrat nun erstmals ausführlich zu den Gründen für seine Entscheidung.

Vier Bewerber für das Rektorenamt hatten sich Mitte Juli einem Anhörungsverfahren vor diesem neunköpfigen Gremium gestellt. Laut seinem Vorsitzenden Reinhold R. Grimm fiel die anschließende Entscheidung, welche Kandidaten dem Erweiterten Senat zur Wahl vorgeschlagen werden sollen, „sehr einmütig“ aus. Die beiden hochschulexternen Bewerber Eduard Mühle und Tassilo Schmitt, beide Historiker, hatten sich gegen Amtsinhaberin Schücking und den Dekan der Fakultät für Physik und Geowissenschaften, Jürgen Haase, durchgesetzt. Vor allem bei Schücking stieß diese Entscheidung auf Unverständnis. Ihr sei noch im vergangenen Dezember vom Hochschulrat signalisiert worden, dass ihre Bewerbung auf Zustimmung stoße. Zudem besteht laut sächsischem Hochschulgesetz die Möglichkeit, bis zu drei Kandidaten für die Wahl vorzuschlagen. Sowohl Schücking als auch Haase möchten sich derzeit nicht zur Thematik äußern.

Dies übernahmen zuletzt andere. Sowohl aus den Oppositionsparteien des sächsischen Landtages als auch aus verschiedenen Studierendenvertretungen wurden Stimmen laut, die eine Reform oder gar eine Abschaffung des obersten Aufsichtsgremiums forderten. Grund sei dessen intransparente und undemokratische Beschaffenheit. Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität kam in ihrer Dissertation sogar zu dem Schluss, dass der Hochschulrat rechtswidrig sei. Auch die beiden ehemaligen Rektoren Cornelius Weiss und Franz Häuser wandten sich zuletzt mit scharfen Worten an die Öffentlichkeit. Weiss etwa bezeichnete die Vollmachten der Hochschulräte als „wissenschafts- und autonomiefeindlich“. Diese entscheiden quasi im Alleingang darüber, welche Kandidaten für das Rektorenamt dem Erweiterten Senat zur Wahl vorgeschlagen werden, und setzen sich mehrheitlich aus vom Wissenschaftsministerium ernannten Mitgliedern zusammen.

In einem weiteren Gremium, dem Senat, standen drei Vertreter des Hochschulrates nun Rede und Antwort, darunter der Vorsitzende Reinhold R. Grimm und dessen Stellvertreter Josef Lange. Mehrere Anwesende bezeichneten die Diskussion als konstruktiv. Im Anschluss an einige einleitende Worte hätten die Senatsmitglieder Gelegenheit gehabt, Fragen zum Verfahren und zur Auswahl der Kandidaten zu stellen – wovon sie ausführlich Gebrauch gemacht haben sollen. Konkrete Inhalte der Gespräche wurden zunächst nicht bekannt. Grimm bezeichnete die Zusammenkunft auf Nachfrage als „erfreulich und intensiv“. Nach fünf Stunden wurde die Sitzung schließlich vertagt, voraussichtlich auf den 27. Oktober. Dann werden die Senatsmitglieder eine Stellungnahme abgeben.

Laut Gesetz hat der Hochschulrat mit dem Senat ein „Benehmen“ herzustellen. De facto besitzt der Senat jedoch kein Widerspruchsrecht. Die heutige Sitzung fand in Abwesenheit von Rektorin Schücking statt. Der Erweiterte Senat wird voraussichtlich im November ihren Nachfolger wählen.

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