Sachsen verliert den Anschluss. Statt 2012, nach dem spektakulären Rückzug von Kultusminister Roland Wöller (CDU), zu reagieren und die Lehrersicherung zur Chefsache zu machen, hat die sächsische Regierung weiter auf Aussitzen gesetzt und die Löcher in der Lehrerversorgung immer weiter aufreißen lassen. Wöllers Nachfolgerin Brunhild Kurth (CDU) hat mit Notfallpaketen agiert. Und den sächsischen Schuldienst regelrecht unattraktiv gemacht.

Denn davon erzählen die Zahlen, die Petra Zais, bildungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Sächsischen Landtag, bei der Kultusministerin abgefragt hat. Schon in den Vorjahren war es so, dass Sachsen seine eigenen, frisch ausgebildeten Lehramtsanwärter vergrault hat. Halbe Abschlussjahrgänge sind in andere Bundesländer abgewandert, weil sie in einem Bildungssystem, in dem über 1.600 Lehrer fehlen, einfach keine Stelle angeboten bekamen. Dazu kommt, dass auch andere Bundesländer mittlerweile über Lehrermangel klagen und die Vergütungen für Lehrer deutlich aufgestockt haben.

Sächsische Hochschulabsolventen brauchen nur in benachbarte Bundesländer zu wechseln, werden mit Kusshand genommen und auch noch besser bezahlt.

Nur wer wirklich in Sachsen bleiben will, nimmt auch die deutlich schlechteren Angebote in Kauf.

Mit dem Ergebnis, dass auch Bewerber aus anderen Bundesländern immer rarer werden. Die hemdsärmelige Werbung um Lehrernachwuchs in anderen Bundesländern ist also gründlich in die Hose gegangen, die Anwerbung von Lehrkräften aus anderen Bundesländern als Maßnahme gegen den massiven Lehrkräftemangel ist nicht gelungen.

„Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache“, sagt Petra Zais. „Hatten sich im Schuljahr 2015/2016 noch 556 Lehrerinnen und Lehrer mit einem Lehramtsabschluss aus einem anderen Bundesland für den Schuldienst in Sachsen beworben, waren es in diesem Schuljahr nur 404 Lehrerinnen und Lehrer. Das ist ein deutlicher Rückgang. Von den Bewerberinnen und Bewerbern konnten im vergangenen Schuljahr 223 Lehrkräfte in den sächsischen Schuldienst übernommen werden, in diesem Schuljahr waren es nur 145 Lehrkräfte. Dem Lehrermangel mit Bewerberinnen und Bewerbern aus anderen Bundesländern zu begegnen, funktioniert bisher nicht.“

Absehbar werde es nicht zu einem Ansturm von Lehrerinnen und Lehrern aus anderen Bundesländern auf den sächsischen Schuldienst kommen. Die Personaldecke in den anderen Bundesländern wird ebenfalls dünner und die Bedingungen für Lehrkräfte sind in anderen Bundesländern vielfach besser.

„Gleichwohl sind die Lehrkräfte aus den anderen Bundesländern in Sachsen wichtig. Die Personaldecke an Sachsens Schulen hätte ohne diese Pädagoginnen und Pädagogen mehr Löcher. Um mehr Lehrkräfte für den Schuldienst in Sachsen zu gewinnen, müssten sich die Bedingungen insbesondere im Grund- und Oberschulbereich deutlich verbessern. Ich hoffe, dass sich der Freistaat bei den anstehenden Tarifverhandlungen schnell bewegt“, betont Zais.

Die Zahlen der Bewerberinnen und Bewerber für den Vorbereitungsdienst in Sachsen sind nur leicht gestiegen. In diesem Schuljahr haben sich insgesamt 256 BewerberInnen aus anderen Bundesländern für den Vorbereitungsdienst in Sachsen beworben, im vergangenen Schuljahr waren es 225. Der Großteil hat sich für den Vorbereitungsdienst am Gymnasium beworben. Hier gibt es aber insgesamt den geringsten Mangel. Angenommen haben das Angebot auf Zulassung zum Vorbereitungsdienst im vergangenen Jahr 89 und in diesem Jahr 107 BewerberInnen.

Es wird also weiter knapp auf Kante genäht. Der große Wurf, die aufgerissenen Löcher zu stopfen, fehlt.

Antwort des Kultusministeriums auf die Kleine Anfrage „Einstellung von LehrerInnen und Anwärterinnen aus anderen Bundesländern zum Schuljahr 2015/2016“ (Drs 6/2520).

Antwort des Kultusministeriums auf die Kleine Anfrage „Einstellung von LehrerInnen und Anwärterinnen aus anderen Bundesländern zum Schuljahr 2016/2017“ (Drs 6/5969).

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Dabei müsste man sogar noch die herausfiltern, die sich in Sachsen nur aus familiären Gründen beworben haben, weil bspw. Ehemann/Ehefrau hier eine Arbeit gefunden haben. Dann wird die Zahl derer, die nach Sachsen wirklich aus freien Stücken wollten noch geringer sein.

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