Mit einem Aktionstag hat die Universität Leipzig am Montag auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen aufmerksam gemacht. Neben verschiedenen Infoangeboten standen dabei auch Rundgänge auf dem Programm, die besonders für bestehende Hindernisse sensibilisieren sollten. Es wurde deutlich: Trotz aller Fortschritte gibt es an der Universität noch viel Handlungsbedarf.

Nikolai Johann sitzt im Rollstuhl und studiert an der Universität Leipzig im zweiten Semester. Beides ist miteinander vereinbar, da sich die Hochschule mittlerweile darauf eingestellt hat, dass auch Menschen mit Behinderung ein Recht auf Bildung haben – frei von Diskriminierungen. Doch der Verbesserungsbedarf ist nach wie vor enorm. Das zeigte sich während eines Campusrundgangs im Rahmen des Aktionstags Inklusion, der am Montag an der Universität stattfand.

Nikolai Johann sieht an der Uni viel Handlungsbedarf. Foto: René Loch
Nikolai Johann sieht an der Uni viel Handlungsbedarf. Foto: René Loch

Wenn Nikolai beispielsweise eine Vorlesung im großen Hörsaal 9 besuchen möchte, muss er mit Plätzen am Rand Vorlieb nehmen, die über einen separaten Eingang zu erreichen sind. Zu sehen bekommt er dann seine Kommilitonen, nicht aber die Dozierenden oder die Folien – auch weil eine Säule seinen Blick versperrt. „Ich kann aus den Vorlesungen nicht allzu viel mitnehmen, egal, wie sehr ich mich konzentriere“, erklärt Nikolai. Die Konsequenz: Er bleibt zu Hause.

Doch auch andere Hörsäle stellen Rollstuhlfahrer vor unnötige Herausforderungen. So benötigt man beispielsweise vom Hausmeister einen Schlüssel, um über einen Lift in bestimmte Räume zu kommen. Teilweise müssen die Betroffenen dann erst andere Hörsäle durchqueren, um in den gewünschten zu gelangen. Manchmal wird Nikolai direkt neben dem Mülleimer platziert – auch das stärkt bei ihm nicht das Gefühl, ein gleichberechtigtes Mitglied der Hochschule zu sein.

Weitere Hindernisse sind beispielsweise schwer zu öffnende Türen und steile Übergänge zwischen den Gebäuden. Hinzu kommen Probleme, mit denen Sehbehinderte zu kämpfen haben, zum Beispiel fehlende Blindenschrift in Fahrstühlen. Es gibt aber auch positive Beispiele, denn teilweise hat sich die Universität schon auf die verschiedenen Bedürfnisse ihrer Besucher eingestellt: barrierefreie Toiletten, für Rollstuhlfahrer erreichbare Automaten, Blindenleitsysteme auf den Fußböden und einiges mehr.

Um diesen Bedürfnissen künftig noch stärker gerecht zu werden, hat Nikolai eine klare Empfehlung: „Betroffene Menschen sollten in den Planungsprozess einbezogen werden.“ An den Verantwortlichen der Hochschule und des Freistaates, die gemeinsam mit einigen Interessierten an dem Rundgang teilgenommen haben, liegt es nun, Lösungen für die bestehenden Probleme zu finden.

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