Es hätte ja auch ein Lexikon werden können, so ein schönes schweres Teil mit mindestens 500 Seiten. Würdig des 1.000. Jahrestags der Leipziger Ersterwähnung. Vielleicht auch 1.000 Seiten dick. Stoff genug zu einer ganz und gar weiblichen Stadtgeschichte gibt es genug. Aber Leipzig fängt da mal ganz bescheiden an: mit 100 Frauenporträts auf der eigenen Homepage leipzig.de.

Die Biographien außergewöhnlicher Frauen, die durch ihre Lebensleistung mit Leipzig verbunden waren, präsentiert ein Projekt des Referates für Gleichstellung von Frau und Mann und der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft Leipzig e. V. zum Stadtjubiläum im nächsten Jahr im Internet. 60 sind es derzeit, zum Ende des Jahres 2015, in dem sich Leipzigs urkundliche Ersterwähnung zum 1.000. Male jährt, sollen es 100 Frauenporträts sein. Bürgermeister Torsten Bonew als “Leipzig-2015”-Beauftragter drückte am Donnerstag, 27. November, symbolisch mal auf den Startknopf.

“Das Projekt ‘1000 Jahre Leipzig … 100 Frauenporträts im Internet’ ist eines der ersten, die das Festjahr 2015 einläuten”, kommentierte er. “Es verdeutlicht einen Anspruch, den sich die Stadt mit der Gestaltung ihres Jubiläums auf die Fahnen geschrieben hat, nämlich die historische Rückblende auf Bekanntes und weniger Präsentes, verbunden mit dem Brückenschlag in unsere Zeit. Ich bin sicher, dass diese besondere Onlinepräsentation auf große Resonanz stoßen wird.”

Die Porträts sind seit Donnerstag im Internet unter www.leipzig.de/frauen zu finden.

Leipzigs Gleichstellungsbeauftragte Genka Lapön: “Frauen haben Leipzigs Geschichte aktiv mitgeschrieben, aber aus unterschiedlichen Gründen sind ihre Leistungen oft vergessen worden. So konnte der Eindruck entstehen, dass ihre Beiträge für Gegenwart und Zukunft der Stadt nicht maßgeblich waren. Es ist unerlässlich, im Jubiläumsjahr 2015 die Kenntnisse über Leipzigs Geschichte durch Frauengeschichte zu ergänzen.”

Mit dem Online-Projekt “1.000 Jahre Leipzig – 100 Frauenporträts” wollen das Referat für Gleichstellung von Frau und Mann und die Louise-Otto-Peters-Gesellschaft Leipzig e. V. für die Öffentlichkeit ein kompaktes Nachschlagewerk schaffen. Wird es natürlich nicht. Siehe oben: 100 Frauen – das klingt nach einer Menge – aber es wird nicht einmal den wichtigsten Frauengestalten in der Leipziger Geschichte gerecht. Es wird eher so eine Art kleine Auswahl.

Die Reihe der porträtierten Frauen zieht sich von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart, von Apollonia von Wiedebach (1470-1526), die als erste Frau die Finanzkasse des Herzogtums Sachsen führte, bis zur Schwimmerin im Behindertensport Kay Espenhayn (1968-2002).

Gerlinde Kämmerer von der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft Leipzig e. V., die das Projekt konzipierte und es koordiniert, erläuterte das Vorhaben: “Aufgenommen werden Porträts von Frauen, deren Leben bereits vollendet ist und die in Leipzig wesentliche Impulse für ihr Leben und Wirken erhielten und/oder die ihre Lebensleistung (oder einen wichtigen Teil davon) hier in Leipzig vollbracht haben. Dabei stehen neben bedeutenden, bekannten Persönlichkeiten auch Frauen, die bisher nicht so starke öffentliche Wahrnehmung fanden.”Was fehlt, merkt jeder schon beim Durchklicken der Listen, die unter Rubriken wie Sport, Musik, Literatur usw. geordnet sind.

Allein die Musikstadt Leipzig hat hunderte namhafter Sängerinnen, Komponistinnen, Virtuosinnen hervorgebracht. Gewürdigt sind jetzt Anna Magdalena Bach, Clara Wieck, Marie Lipsius und Christa Nowak. In der Literatur haben es immerhin schon mal sechs in die Liste geschafft – von Benedikte Naubert bis Christiane Mariana von Ziegler. Im Sport sind es zwei – Kay Espenhayn und Herta Wunder-Fey. Natürlich macht so ein Projekt Arbeit – etwas, was die Kapazitäten der Louise-Otto-Peters-Gesellschaft sprengt. Denn gerade weil das Projekt online ist und auch noch auf der Homepage der Stadt, drängt es geradezu auf ein gewisses Maß an Vollständigkeit. Das kann mit 100 Frauen nicht erreicht sein.

Das zeigt schon die jetzige Auswahl von 60 Frauen. Wenn es am Ende dabei bleibt, war die Förderung wohl zu bescheiden. Und die Stadt Leipzig sowieso, denn an hochkarätigen Frauen hat Leipzig eine Menge zu bieten – eine Menge mehr.

Das Projekt wird gefördert durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz und die Stadt Leipzig im Rahmen von “1.000 Jahre Leipzig”.

Direkt zu den Frauenporträts: www.leipzig.de/jugend-familie-und-soziales/frauen/1000-jahre-leipzig-100-frauenportraets/

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