Auch Leipzigs Mediziner haben mal ganz klein angefangen. Dafür haben sie ordentlich aufgeschrieben, wann sie in Leipzig loslegten und an der 1409 gegründeten Universität Leipzig auch eine Medizinische Fakultät auf die Beine stellten. Und das wird von den heutigen Weißkitteln auch zünftig gefeiert - am 10. Juli mit Festakt, Medizinparcours und Studentenparty. Der Gründungstag der Medizinischen Fakultät am 10. Juli 1415 war ein Mittwoch.

2015 fällt das 600. Jubiläum auf einen Freitag. Knapp sechs Jahre nach der Leipziger Universitätsgründung formierten sich damals neun Mediziner zu einer Fakultät mit eigenen Statuten und einem Dekan an der Spitze. Anlässlich des Jubiläums möchte die Universitätsmedizin Leipzig – Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum – zeigen, wohin sich Forschung, Lehre und Patientenversorgung, ihre drei großen Tätigkeitsfelder, entwickelt haben.

Wie alles begann

Es ging ganz klein los, erzählt Enno Bünz in der 2010 erschienenen “Geschichte der Universität Leipzig”: Mit zwei Professuren – einer für Pathologie und einer für Therapie. Erst über 100 Jahre später – 1531 – kam noch eine dritte Professur dazu, “so zur arzney dienstlich”, heißt es in einer Verfügung von Herzog Georg.

Bevor sich 1415 die Medizinerfakultät gründete, hatte Leipzig im Grunde eine ärztelose Zeit hinter sich: Wer ärztliche Hilfe brauchte, wandte sich an die (fahrenden) Bader. Aber natürlich hatten auch die sächsischen Fürsten ein Interesse daran, dass auch endlich richtige Ärzte im Land ausgebildet wurden. Und zwar nach den gültigen Maßstäben der Zeit. Mit welchen Schriften sich die Medizinstudenten beschäftigten, erwähnt Enno Bünz auch: Galen, Avicenna, Hippokrates und Almansuri. Das war der Stand der Zeit. Dennoch waren die ausgebildeten Doktores gefragt. Zum Beispiel als Leibärzte der Fürsten. Bei den Wettinern waren auf solche Weise zum Beispiel Simon Pistoris d. Ä. nachweisbar und ein Bursche, der immer wieder auftaucht, wenn es um Leipzig in der Reformationszeit geht: Heinrich Stromer aus Auerbach, zeitweilig auch Rektor der Uni, Besitzer von Auerbachs Hof, bekannt mit Luther und (wenn die Legende stimmt) auch mit Dr. Faust, Professor für Therapie und später Pathologie.

Andere Professoren der im Grunde recht überschaubaren Fakultät mit im Schnitt 20 Studenten waren als Stadtärzte verpflichtet, zum Beispiel auch für das Seuchenwesen zuständig. Und die universitären Lehranfänge begannen vor kleinem Publikum in einem Seitenraum der Nikolaikirche und mit dem schlichten Rezitieren der oben erwähnten alten Schriften.

Wie es weiter ging

Aus einer reinen Lehreinrichtung wurde im Laufe der Jahrhunderte erst ein Ort der Forschung und dann auch der Krankenversorgung. Ende des 18. Jahrhunderts wurde der praktische Unterricht eingeführt mit Sezierübungen und Unterweisungen am Krankenbett. Der heutige Standort in der Liebigstraße begann als Städtisches Krankenhaus zu St. Jakob im Jahr 1871 mit 350 Betten, bestehend aus mehreren, für damalige Verhältnisse äußerst modern ausgestatteten Spitälern. Von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg erlebte die Medizin an der Universität Leipzig eine Blütezeit, zahlreiche Gelehrte erlangten Weltruf. Einen tiefen moralischen Einschnitt brachten die Jahre bis 1945, hinzu kamen erhebliche Schäden durch Bombardements, die zwei Drittel der Gebäude betrafen. 1953 wurden das Städtische Krankenhaus St. Jakob und das Kinderkrankenhaus mit den Universitätskliniken vereinigt und Eigentum der Universität.

Das Universitätsklinikum Leipzig in seiner heutigen Form als Anstalt des öffentlichen Rechts besteht seit 1999. Das Medizinische Viertel um die Liebigstraße erfährt durch Neu- und Umbauten eine stete Weiterentwicklung und Modernisierung – eine Notwendigkeit, verdoppelt sich doch das aktuelle medizinische Fachwissen innerhalb von fünf Jahren. Zur Leipziger Universitätsmedizin zählen heute knapp 50 Kliniken, Abteilungen, Sektionen und Institute. Die Forschungsschwerpunkte sind Zivilisationserkrankungen, molekulare und zelluläre Kommunikation in Therapie und Diagnostik, klinische Regeneration sowie Erkrankungen von Gehirn und Psyche. Patienten profitieren von der Verbindung von Forschung, Lehre und Krankenversorgung, die eine effektive Behandlung ermöglicht.

Heute die größte Fakultät

Die Medizinische Fakultät ist nicht nur die größte der 14 Fakultäten an der Universität Leipzig, sondern auch eine der größten Deutschlands. Heute sind rund 2.900 angehende Zahn- und Humanmediziner eingeschrieben, jährlich nehmen zum Wintersemester rund 360 Anfänger ihre Studien auf, ein Drittel davon ist weiblich. Nach einer aktuellen Erstsemesterumfrage kommt ein Viertel der Anfänger aus Sachsen, je ein gutes Drittel aus den anderen neuen und alten Bundesländern, der Rest aus dem Ausland. Die Drittmitteleinwerbungen der Fakultät beliefen sich 2014 auf gut 54 Millionen Euro für Forschungsprojekte. Sie beschäftigt gut 1.600 Menschen.

Am Universitäsklinikum Leipzig arbeiten rund 4.000 Mitarbeiter. Mit 1.451 Betten verfügt es über eine der modernsten baulichen und technischen Infrastrukturen in Europa. Minimal-invasive OP-Techniken, computerunterstützte OP-Planung und -Durchführung, einzigartige diagnostische Möglichkeiten und die Anwendung moderner Therapien entsprechen dem neuesten Stand der Entwicklung. Im Jahr 2014 wurden fast 400.000 Patienten stationär und ambulant behandelt.

Jubiläum mit Erlebnisparcours Medizin

Eigens für das Jubiläum wurde ein Erkennungszeichen entwickelt, das an eine Doppelhelix erinnert und mit seiner auffallend bunten Gestaltung auf die Themenvielfalt auf dem Medizincampus verweist, betont die Universität mit ihrer Einladung für den 10. Juli. In diesen Tagen ist es verstärkt überall im Leipziger Stadtbild zu finden, macht auf den öffentlichen Programmhöhepunkt auf dem Augustusplatz aufmerksam, den “Erlebnisparcours Medizin”.

Bei freiem Eintritt werden 30 Aussteller von 11 bis 21 Uhr einen spannenden wie abwechslungsreichen Medizinthemenquerschnitt, Mitmachaktionen für die ganze Familie, Vorträge, Infostände sowie Musik und Kulinarisches bieten. Zu den auffälligsten Anlaufpunkten gehören begehbare Organmodelle von Gehirn, Lunge, Darm und Knie sowie ein Rettungswagen. Medizin wird praktisch erlebbar an Stationen mit Erste-Hilfe-Übungen, Ernährungsberatung, Riechtest oder Zahnfarbbestimmung, bis hin zum Teddybärkrankenhaus für die kleinen Besucher. In Vorträgen geht es unter anderem um die Medizingeschichte, aktuelle Krebsforschung oder Herz-Bildgebung. Und musikalisch gibt es mit der neu formierten Medizinerband “Monday on Mainstreet” am frühen Abend eine Premiere zu feiern.

Studentische Programmpunkte

Für wen die DJs Kofferraumkoexistenz, Preller & Donis Tanzmagneten sind oder wer die angesagte Formation “Klinke auf Chinch” live hören möchte, der gehört am 10. Juli 2015 ab 21 Uhr in die Moritzbastei. Bei der Studentenparty werden auch die beiden Medizinprofessoren Daniel Huster und Torsten Schöneberg auflegen.
Der Studierendenrat der Medizin hat im Jubiläumsjahr außerdem das Projekt “600 x Blut”  zugunsten der Blutbank am Universitätsklinikum aufleben lassen, das bereits zum Unijubiläum 2009 erfolgreich war. Das Ziel ist, 600 Konserven Vollblut zu sammeln und somit ganz im Hippokratischen Auftrag Menschenleben zu retten. Schirmherren der Aktion sind unter anderem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und Schwimmerin Kristin Otto. Die nächste Spendemöglichkeit besteht am 10. und 11. Juli im Seminargebäude, Universitätsstraße 5.

Der Festakt im Neuen Augusteum am 10. Juli ab 10 Uhr richtet sich an geladene Gäste, wird jedoch per Live-Videomitschnitt auf der Homepage des universitären Zentrums für Medien und Kommunikation (ZMK) übertragen.

Auf der Jubiläumshomepage sind unter anderem anekdotische Hörbeiträge zur Geschichte, Veranstaltungshinweise und Fotos zu finden.

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