Vor einem Jahr erhielt die deutsch-italienische Ko-Produktion "(K)Ein besonderes Bedürfnis" beim Dok-Festival in Leipzig die Goldene Taube. Jetzt ist Carlo Zorattis Film über einen 29-jährigen Autisten, der sich nach sexuellen Erfahrungen sehnt, in den Arthouse-Kinos zu sehen.

Enea ist 29 Jahre alt. Er hat blaue Augen, würde gerne einmal hinter dem Steuer eines Lkws sitzen und Frauen imponieren. Sich selbst bezeichnet er als “Super Duper Sexy Boy”. Nur mit der Traumfrau möchte es nicht so recht klappen. Denn Enea ist Autist.

Seine besten Freunde Carlo und Alex nehmen den Zuschauer mit auf eine betörende Expedition quer durch Europa, an deren Ende der Abschied von Eneas Jungfräulichkeit stehen soll. Schnell entwickelt sich der heitere Roadtrip in eine Reise in seine intimste Gefühlswelt.

Autisten sind anders. Sie denken anders. Sie verhalten sich anders. Der Zuschauer lernt einen Endzwanziger kennen, der aufgrund einer geistigen Behinderung bisher kein Glück in der Liebe gefunden hat. “(K)Ein besonderes Bedürfnis” schildert die Sehnsucht Eneas nach sexuellen Erfahrungen. In Italien werden ihm diese verwehrt.
Der Gesetzgeber nimmt dort nämlich an, Menschen wie Enea könnten ihren eigenen Willen nicht artikulieren. Deshalb sind sie rechtlich Kindern gleichgestellt. Zudem ist Prostitution südlich der Alpen illegal. Das Abenteuer führt das Trio im Kleinbus erst in ein österreichisches Bordell, dann zu einer Sex-Therapie ins norddeutsche Hinterland.

Dokumentarfilmer Carlo Zoratti gelingt der Spagat, seinen behinderten Protagonisten einfühlsam als Mensch mit natürlichen Bedürfnissen zu porträtieren, ohne ihn der Lächerlichkeit Preis zu geben. Kameramann Julian Elizalde beweist in allen Situationen, und mögen sie noch so komisch sein, ein feines Gespür für Nähe und Distanz, sodass der Zuschauer nie das Gefühl hat, Enea bei seinen subjektiven Erleben von Liebe und Sexualität penetrant über die Schulter zu blicken. Leider weist Zorattis Erzählstil, der ganz ohne Kommentare aus dem Off auskommt, hier und dort Längen auf.

Die Jury zeichnete die rührselige Ko-Produktion beim Leipziger Dok-Festival 2013 mit der Goldenen Taube im “Deutschen Wettbewerb Dokumentarfilm” aus. Freunde von Doku-Formaten wie “37 Grad” kommen voll und ganz auf ihre Kosten.

D/I 2013, R: Carlo Zoratti, 81 Min, FSK 12.

Filmstart ist der 11. Dezember, zu sehen in den Passage Kinos.

Die Seite zum Film:
www.farbfilm-verleih.de/filme/k_ein_besonderes_beduerfnis.html

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