Die Filmauswahl der Sonderreihen steht fest. Wie die Festivalleitung um Intendantin Leena Pasanen am Mittwoch bekannt gab, werden dieses Jahr 125 Filme in sieben Filmreihen gezeigt, die neben der Offiziellen Auswahl das Filmprogramm bilden.

Alle Reihen stehen ganz im Zeichen des diesjährigen Mottos „Ungehorsam“. Der Länderfokus Türkei vereint politisch aktuelle und brisante Dokumentar- und Animationsfilme, die den offiziellen Narrativen der Regierung ein unabhängiges Filmschaffen entgegenstellen. Vor dem Hintergrund der tagespolitischen Diskurse um das deutsche Verhältnis zum Erdogan-Regime bietet die Reihe Potenzial für Zündstoff.

Gezeigt wird der im syrischen Kobane gedrehte Film „Distant…“ der kurdischen Filmemacherin Leyla Toprak, die Widerstandskämpferinnen in ihrem Kampf gegen den selbsternannten IS begleitet. Teil des Programms ist auch der Film „I Remember“, der nach einer Reihe von Zensurmaßnahmen im April 2016 vom Ankara Film Festival zurückgezogen werden musste. Die Arbeit des kurdischen Regisseurs Selim Yildiz ist eine persönliche Erinnerung an das Massaker der türkischen Armee in Roboski 2011.

 In dem persönlichen Werk „#resistayol“ begleitet der Regisseur Rüzgâr Buşki die befreundete LGBT-Aktivistin Şevval. Foto: DOK Leipzig/Rüzgâr Buşki
In dem persönlichen Werk „#resistayol“ begleitet der Regisseur Rüzgâr Buşki die befreundete LGBT-Aktivistin Şevval. Foto: DOK Leipzig/Rüzgâr Buşki

Der Völkermord an den Armeniern, der von der Erdogan-Administration heftigst abgestritten wird, wird in „Return“ und „The Eagle’s Tree“ thematisiert. Viele der weiteren ausgewählten Filme rücken Akteurinnen und Akteure von in den letzten Jahren entstandenen Protestbewegungen in den Mittelpunkt. Dazu zählen etwa eine Aktivistin, die sich bei den Protesten im Gezi-Park für LGBTI-Rechte einsetzt und Bürger im Kampf für den Erhalt eines historischen Kinos in Istanbul.

Die diesjährige Retrospektive geht dem polnischen Dokumentarfilmschaffen nach, das durch seine Nähe zum Spielfilm und sein Bekenntnis zur Inszenierung mutig und radikal Genregrenzen überschreitet. Die Hommage ist der einflussreichen russischen Filmemacherin Marina Razbezhkina gewidmet, die in ihren Werken Menschen im postsowjetischen Russland begleitet. Teil des Programms sind neben bekannten Arbeiten wie „The Holidays“ über den Alltag einer sibirischen Familie auch frühe filmische Arbeiten der Filmemacherin, die bisher kaum international gelaufen sind und nun eigens für DOK Leipzig untertitelt wurden.

Robert Morgans Animationsfilm "Bobby Yeah" wird in der Reihe "Disobedient Images" gezeigt. Foto: DOK Leipzig/Robert Morgan
Robert Morgans Animationsfilm „Bobby Yeah“ wird in der Reihe „Disobedient Images“ gezeigt. Foto: DOK Leipzig/Robert Morgan

In der Reihe „Disobedient Images“ treten Dokumentar- und Animationsfilm in einen Dialog. Vier Programme versammeln analoge und digitale, kurze und lange Filme, die das Rebellische des Filmbildes zutage treten lassen. Unter anderem führt die Reihe im Programmteil „Reworking the Image“ vor, wie Künstler in den analogen Bildträger eingreifen und durch etwa Kratzen oder Verätzen ein neues Werk erschaffen.

Das Jugendprogramm „WE ARE HIP HOP“ nähert sich den verschiedenen Elementen der Hip-Hop-Kultur, die neben Musik und Tanz auch Street-Art umfasst. Das Sonderprogramm „Der andere Blick? Alltag in der DDR“ bringt bisher weitgehend unbekanntes Bildmaterial aus der DDR auf die Leinwand. Aus Anlass des 70-jährigen Jubiläums der DEFA erinnert DOK Leipzig schließlich an Joris Ivens als einen der bedeutendsten Regisseure des 20. Jahrhunderts und frühen wichtigen Unterstützer des Festivals. Zur Aufführung kommt „Die Windrose“, ein opulentes, zwischen Spiel- und Dokumentarfilm changierendes Werk, das 1957 unter Joris Ivens’ Leitung mit prominenter Beteiligung bei der DEFA entstand.

Die Filme, die in der Offiziellen Auswahl um die begehrten Goldenen Tauben konkurrieren, werden am 10. Oktober bekannt gegeben. Das DOK-Festival findet in diesem Jahr vom 31. Oktober bis 6. November statt.

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