So mancher Bembel ist gehoben. So manches Schnattern geschnattert. Freundschaften können lange halten, wenn man sich gegenseitig auch mal Luft gibt. Bert Hähne und Tanner sind solche, die sich Luft lassen. So trifft sich´s seltener, aber gehaltvoll. Manchmal müssen die Informationen auch unters Volk, sinnhaft als Interview über diese Stadt und die Geheimtipperei, einen edlen Blog im Netz der Netze.

Hallo Bert. Schön, Dich hier im Cityhuhn zu treffen. Wir kommen ja eher selten zum Schnattern. Neben all Deinen Aktivitäten bist Du ja auch der Chef von Geheimtipp-Leipzig.de – was war denn der Grund, solch einen Blog zu initiieren?

Der Grund war und ist, dass ich viele verschiedene Sachen interessant finde und an die Öffentlichkeit bringen möchte. Einige von denen passen nicht zu meinem Hauptberuf, den ich als Kulturlokaljournalist bezeichnen möchte. Für Stadtgeschichte, persönliche Erinnerungen, Liebenswertes und Merkwürdigkeiten habe ich mir darum eine eigene Plattform geschaffen, den Geheimtipp Leipzig.

Machst Du das alles alleine?

Nein, Freunde und Familie unterstützen mich in lobenswerter Art und Weise! Geheimtipp-Mitgründer, – Mitbetreiber und -Kompagnon Claudio zum Beispiel übernimmt als Technischer Direktor all das, was ich nicht kann, und sorgt dafür, dass unsere Seite immer läuft und gut aussieht. Meine Frau und nicht selten auch meine erwachsenen Kinder begleiten mich in Kaffeehäuser, Gartenkneipen und das kulturelle Leben, damit ich mich nicht alleine freuen muss und außerdem mit Gleichgesinnten austauschen kann. Ein halbes Dutzend Freunde gibt Hinweise, sucht Informationen, alte Bilder, neue Bilder. Sogar Leser helfen mit, melden sich und kramen genau wie meine Eltern in Fotokisten, Kellern und alten Unterlagen … Ich muss bloß aufpassen, dass ich nicht komplett in dieses Hobby abrutsche.

Du warst ja auch mal Verleger. Mit Deinem Fünf Finger Verlag hast Du damals die Grundlagen für solch extreme literarische Karrieren, wie die von Henner Kotte, André Kudernatsch oder Makarios gelegt. Was war denn der Grund fürs Ende? Juckt’s manchmal in den Fingern, Neues herauszubringen? Erzähl mal …

Deine eigene Karriere hast Du elegant verschwiegen. Aber nein, es juckt nicht mehr. Von 2000 bis 2006 haben wir schöne Bücher herausgebracht, schöne Veranstaltungen gehabt und fröhlich diskutierend im Kowalski am Stammtisch gesessen. Das Protzendorf ist einmal fast aus den Nähten geplatzt – weil Juli Zeh und Jan Off zur Verleihung des Fünf-Finger-Buchpreises gekommen waren. Der Fleischerei Lasch und dem Roten Salon des Kosmos-Hauses weine ich hinterher, die Moritzbastei, in der wir ebenfalls oft waren, gibt es zum Glück noch. Nach wie vor verfolge ich das literarische Geschehen in unserer Stadt und selbstverständlich die Veröffentlichungen und das Treiben der alten FFF-Autoren und -Zeichner. Die letzteren Beiden – C.S. Linientreu und Münchgesang – sind ja Hallenser. Der Grund fürs Ende: Wir waren fertig, hatten alles getan, was wir tun wollten und konnten.

Selber hast Du Dich ja auch schreibend – und zeichnend – ins Leipziger Unterbewusstsein eingebracht. So was endet ja nicht. Hast Du da noch Lust und Zeit für? Gibt es Dich vielleicht sogar mal wieder auf irgendeiner Bühne zu erleben?

Im Vergleich mit anderen Literaten, Zeichnern und übrigens auch mit Moderatoren wie Dir, André Kudernatsch und Henner Kotte wurde mir klar, dass ich mich doch lieber journalistisch und im Hintergrund betätigen möchte. Das mache ich. Vielleicht lese ich aber irgendwann mal bei der Kneipenlyrik was vor, weil ich Sara und Annett so übelst nett finde. Bei Dir auf der Helheim-Bühne war ich ja schon …

Dein Lebensmittelpunkt ist am westlichen Rande Leipzigs – was bekommst Du denn da mit vom innerstädtischen Kuddelmuddel? Was berührt Dich? Jetzt, außer mal die Bomber, die über Deiner Heimstatt hinwegdonnern nächtens?

Da hol ich aus: Gewohnt und gelebt habe ich ja auch schon in Reudnitz, Zentrum-Nord und in Grünau – immer in Leipzig. Beruflich und privat bin ich möglichst überall in der Stadt unterwegs, oft und gern in der Innenstadt, auf den beiden Karl-Straßen, aber auch in den nicht so coolen Vierteln. Ich kriege eine Menge mit, möchte als Harmoniebeauftragter allerdings auch manches von mir fernhalten. Bei den von Dir angesprochenen Bombern und Die-Fracht-braucht-den-Krach-Flugzeugen von DHL klappt das nicht so gut, die brummen und lärmen von Schkeuditz allnächtlich bis über Burghausen, während unsere Entscheidungsträger auf die Selbstregulierungskräfte der Wirtschaft setzen …

Hast Du Lösungen?

Leider nein. Ab und zu schreib ich eine Mail an die Abwimmelassistenten der Verantwortlichen. Ansonsten versuche ich, zu schlechten Entwicklungen nichts beizutragen und die aus meiner Sicht guten Sachen zu befördern – wie jeder.

Wenn Du einem Wildfremden Leipzig erklären solltest, was würdest Du ihm erzählen – dazu stell Dir bitte eine charmante Atmosphäre vor, vielleicht sogar ein Feuerchen in Deinem Garten.

Leipziger sind freundlich, habe ich gerade erst gelesen. Das sehe ich auch so. Und die Stadt empfinde ich als groß genug, um interessant zu sein, und klein genug, um überschaubar zu bleiben. Hier ist jeden Tag was los. In meinem Garten würde ich mich auch dazu hinreißen lassen, zu sagen, dass es wie früher ein offizielles Verwaltungs-Leipzig gibt und davon abweichend mindestens ein ganz normales Bewohner-Leipzig, ach was: 20 zu fühlende und erlebende oder 50. Und mit Geheimtipp-Leipzig.de wollen wir soviel, wie es geht, davon zeigen.

Du bist ja genauso jung wie ich. Macht sich da eigentlich Lebensweisheit breit? Und wenn ja, welche?

Ruhig bleiben – das hilft fast immer.

Danke, mein Freund.

Ich habe zu danken!

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