"Auf der Empore wird es Oratorien geben, hier ist Platz für 130 Leute Orchester und Chor“, so hat es David Timm schon vor Augen. Da steht der Universitätsmusikdirektor noch auf dem Baugerüst, hinter ihm die große Orgel, wie in die Aula-Wand eingearbeitet. Einige Pfeifen stehen im Orgelprospekt, viele andere stehen noch in Folie verpackt an der Seite. An einen Orgel-Ton ist heute noch nicht zu denken.

Erst Glas an die Säulen, dann Töne aus den Orgeln

Zu einem Medientermin am Mittwoch, 11. November,  hatte die Universität geladen, doch die Nachricht des Tages ist nur ein späterer Termin: Am 26. Februar 2016 soll die Orgelabnahme sein. Wird die Orgelweihe vor der Eröffnung des Paulinums erfolgen können? „Nein“, sagt Universitätsmusikdirektor David Timm, „aber sie wird gespielt und vielleicht auch schon aufgenommen.“

Daniel Beilschmidt an seiner noch unvollendeten Jehmlich-Orgel, die Verkleidung des Spieltisch ist mit Kirschbaumholz gefasst. Foto: Karsten Pietsch
Daniel Beilschmidt an seiner noch unvollendeten Jehmlich-Orgel, die Verkleidung des Spieltisches ist mit Kirschbaumholz gefasst. Foto: Karsten Pietsch

Eine weitere Nachricht ist keine Neuigkeit, und für die Vertreter von Staatshochbauamt und Universität offensichtlich kein Grund zur Unruhe: „Wir haben das sechste Modell für die Glasverkleidung der Säulen und ihrer Beleuchtung gesehen und sind jetzt ein Stück weiter!“ Petra Förster vom Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) kommentiert die bauverzögernde Innovation als ginge es darum, Baugeschichte zu schreiben: „Es war eine Herausforderung für die Glasindustrie, die vom Architekten gewünschten Formen zu fertigen. Die Glasteile müssen in die vorgesehenen Rundungen passen, sie verändern in der Höhe ihre Form und laufen nach unten schräg aus.“ Was das ungefähr sein kann, ist an kleinen Mustern zu sehen, die samt Zeichnung in einer Kiste an der Wand stehen. Dass die Teile nun auch schon in der gewünschten Serie gefertigt würden, sagt die Frau vom SIB nicht.

Schon vor Monaten hatte die Universität zum Zuschauen beim Aufbau der Schwalbennestorgel im sogenannten Andachtsraum jenseits der großen Glastür geladen. Am Wettbewerb um den Auftrag für den Orgelbau auf der Empore hatten 16 Firmen teilgenommen, die Dresdner bekamen den Zuschlag: „Für unsere seit 1808 bestehende Firma ist es das Opus 1161“, sagt Orgelbauer Ralf Jehmlich, „es soll die mitteldeutsche Klangästhetik zum Ausdruck bringen.“

Jede Orgel ist ein Unikum

Universitätsorganist Daniel Beilschmidt nimmt schon mal auf der Bank vor dem Spieltisch Platz, umgeben von einem Furnier aus Kirschbaumholz. Drei Manuale, Pedale sind zu sehen, und an allem weiteren lässt sich erahnen, dass es technische Raffinessen geben wird: 39 Pfeifenreihen lassen 46 Register ertönen, mechanische Tontraktur, „federleicht zu spielen“, sagt Orgelbauer Ralf Jehmlich, elektrische Registertraktur und 30.000 Programmier-Möglichkeiten.

Baustelle auf unbestimmte Zeit, Betreten für Besucher sonst verboten. Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli. Für die seit 1808 bestehende Firma Jehmlich ist die Orgel das Opus Nr. 1161. Foto: Karsten Pietsch
Baustelle auf unbestimmte Zeit, Betreten für Besucher sonst verboten. Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli. Für die seit 1808 bestehende Firma Jehmlich ist die Orgel das Opus Nr. 1161. Foto: Karsten Pietsch

Eine Midi-Anlage wird es geben, mit der Programmierungen abgerufen werden können, verrät der Universitätsmusikdirektor, „das ist sehr gut für die musikalische Ausbildung, und gespielte Improvisationen können anschließend in Notenschrift ausgedruckt werden.“ „Jede Orgel ist ein Unikum“, freut sich Daniel Beilschmidt. „Man muss sich auf die Orgel einstellen. Ich werde ja viel Zeit haben. Wie sie in den Händen des Organisten liegt und wie sie im Raum klingen wird, wissen wir noch nicht.“

Tradition, Sprengung und Wiedergutmachung

David Timm spricht von Bach und Reger, der Tradition der Orgelkonzerte und der Universitätsgottesdienste und sieht die neuen Möglichkeiten der Universitätsmusik als „Zeichen der Wiedergutmachung des schreienden Unrechts der Sprengung 1968“.

„Eigentlich sollte die Orgel ja 2010 fertig sein“, ergänzt Orgelbauer Ralf Jehmlich noch, vermutlich hat er selten so lange von der Auftragserteilung 2008 bis zu Aufbau, Intonation, Abnahme und Bezahlung warten müssen. 12.000 Arbeitsstunden stecken für die Orgelbaufirma darin, Gesamtkosten: 1 Million Euro.
Für Freunde der Zahlen: die kleinste Pfeife misst 7 Millimeter, 6 Meter lang ist die Mittelpfeife im Prospekt, 2.951 Pfeifen werden es insgesamt sein. Noch lagern große Kisten unter der Empore mit der Aufschrift “Orgelpfeifen” in altdeutschen Fraktur-Lettern.

Auf dem Aula-Fußboden stehen schon etliche Reihen Stapelstühle, für deren Plätze noch Stuhlpaten gesucht werden. 135 Sponsoren haben sich bereits gefunden.

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