Buchmesse in Leipzig ist für ein paar Leute in dieser alten Buchstadt auch immer ein Grund, öffentlich über das Buch und das Büchermachen nachzudenken. Über Geschichte und Verluste sowieso. Das ist dann ein Spezialgebiet der Leipziger Buchwissenschaftler, die zur Buchmesse die Welt nicht nur mit einem neuen Plakat erfreuen, sondern auch mit einem Blog und einer Ausstellung.

In der Ausstellung, die wieder die Möglichkeiten der Leipziger Innenstadt zur öffentlichen Schaufenster-Dekoration nutzt – wird diesmal keines der seligen Stücke von DDR-Verlagskultur gewürdigt, sondern ein ambitioniertes Projekt, das in diesem Jahr seinen 30. Geburtstag feiert: die 1984 von Hans Magnus Enzensberger und Franz Greno gegründete Buchreihe “Die Andere Bibliothek”, lange im Eichborn Verlag zu Hause (2011 an Bastei Lübbe verkauft) und seit 2012 in der Berliner Aufbau-Gruppe.

Bis 1996 – kaum vorstellbar – wurden die bibliophilen Bände sogar noch in Bleisatz hergestellt. “Aber in Haltung, Gestaltung und Programm hat sich am Anspruch seit bald drei Jahrzehnten nichts geändert. Denn wir wissen: ‘Wenn alles so bleiben soll, wie es ist, muss sich alles ändern’…”, schreiben die Herausgeber zum Anspruch der Reihe, die sich immer wieder gewandelt hat, ohne dass das Profil dieser besonders schön gestalteten Bibliothek je verloren ging. Im Gegenteil: Seit 2012 haben die Herausgeber noch eins draufgesetzt und lassen sich jeden Monat am jeweils neu erschienenen Titel ausleben (hätten wir doch beinah “austoben” geschrieben – aber in diesen Büchern tobt nichts, hier lebt die alte, immer noch geliebte Lesekultur, für die die besseren Teile der deutschen Verlagswelt nach wie vor bekannt sind).

Im Karstadt und in den Fenstern der Commerzbank am Thomaskirchhof kann man die schönen Bände derzeit ausgestellt sehen.

Aber eine kleine Jubiläumsfeier gibt es zum Anlass auch noch: “Tausend und ein Tag – 30 Jahre Die Andere Bibliothek”.

Am Freitag, 13. März, um 15 Uhr findet im Mitarbeiter-Casino (3. OG) von Karstadt, Neumarkt 30, die Jubiläumsfeier zu Ehren der Anderen Bibliothek statt. Prof. Dr. Siegfried Lokatis wird ein Gespräch mit Christian Döring und Rainer Schmitz führen. Gleichzeitig ist auf noch unbestimmte Zeit die Ausstellung zur Anderen Bibliothek im Karstadt zu sehen. “Anders um die Welt” gibt viele wissenswerte Informationen zur Buchreihe und enthält auch Geschichten zu einzelnen Büchern. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Ein Blog zum Lesefest

Plakat der Leipziger Buchwissenschaftler zum Bücherfrühling 2015.
Plakat der Leipziger Buchwissenschaftler zum Bücherfrühling 2015.

Am heutigen Donnerstag, 12. März, hat das Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaften der Uni Leipzig, Bereich Buchwissenschaft, auch ganz offiziell den Blog zum Lesefest “Leipzig liest” – “Leipzig lauscht” – online gestellt.

“Leipzig lauscht” ist ein Blog rund um die Leipziger Buchmesse und das dazugehörige Literaturfestival “Leipzig liest”, welches mit über 3.000 Autorenlesungen, Buchpräsentationen und Verlagsfesten aufwartet. Um bei dieser Vielfalt den Überblick zu behalten und den Veranstaltungen eine Öffentlichkeit zu bieten, wurde das Projekt “Leipzig lauscht” ins Leben gerufen, teilen die angehenden Buchwissenschaftler dazu mit. In Zusammenarbeit mit der Messe Leipzig entstand seit Oktober 2014 das Konzept für den Blog.

Mehr als 50 Studierende der Universität Leipzig beteiligten sich von der Idee über die Konzeptentwicklung bis hin zur Durchführung an dem Projekt. Ab dem heutigen 12. März wird es auf dem Blog täglich Autoreninterviews und Porträts, Buchbesprechungen, Ankündigungen und Texte zu den Leseorten geben. Während der Buchmesse besuchen die Studierenden zahlreiche Lesungen und werden auf dem Blog zeitnah und aktuell darüber berichten – quer durch alle Genres und Facetten der Bücherwelt. Auch Facebook und Twitter werden als Kanäle genutzt und eifrig betrieben.

“Leipzig lauscht” ist ein Projekt der Leipziger Buchwissenschaft unter der Leitung von Prof. Dr. Siegfried Lokatis und den Dozentinnen Kristin Sprechert und Doreen Kunze. Zudem stand Olaf Schmidt, Literaturredakteur des Kreuzer, regelmäßig als Ansprechpartner für die zahlreichen Studierenden zur Verfügung, vermelden die Buch-Studis noch. Muss ja Zeit haben, der Mann. Aber wer sich durch “Leipzig lauscht” klickt, sieht: Die Studierenden waren auch schon vorm Start fleißig. Am Ende gibt’s also noch zusätzliches Lesefutter für alle, die von der Buchmesse und dem Lesefest auch nach Mitternacht noch nicht genug haben.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar