"Standing Ovations" für das Leipziger Ballett. Der zweiteilige Abend "Rachmaninow" mit Choreografien von Uwe Scholz und Mario Schröder elektrisierte am Freitag das Publikum. Am Klavier begeisterte Wolfgang Manz.

Seit zehn Jahren weilt Ballettdirektor Uwe Scholz (1958 – 2004) nicht mehr auf dieser Welt. Sein Vermächtnis wird an seiner letzten Wirkungsstätte gepflegt. Unter der Woche pflanzte die Oper dem Choreografen zu Ehren am Schwanenteich einen Baum. Im Foyer ist dieser Tage eine Ausstellung über sein Wirken zu sehen. Und auf dem Spielplan darf eine Scholz-Choreografie natürlich nicht fehlen.

Die Leipziger Company zeigt Scholz’ gefeierte Choreografie zu Sergej Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 3. Der Starchoreograf erdachte diese Arbeit 1987 für das Zürcher Ballett. Zehn Jahre später entwickelte Scholz für das Leipziger Ballett eine Neufassung. In dieser Form wurde das Ballett weltweit bekannt und mittlerweile von vielen Kompanien nachgetanzt.
Siebzehn Jahre nach ihrem Entstehen besticht die Arbeit nach wie vor durch ihre unbedingte Körperlichkeit. Scholz erdachte keine äußeren Handlungen, sondern machte die Emotionen, die die Musik prägen, durch den menschlichen Körper transparent. Der Bühnenraum ist nahezu leer. Drei Gemälde Wassily Kandinskys werden auf die Bühnenrückwand projiziert. Die grotesken Linien und Farbtupfer erwecken beinahe den Anschein, als hätte sie der Künstler zu den Klängen der melodischen Klänge Rachmaninows entstehen lassen.

Scholz untersetzt die Komposition, die dem Solisten virtuose Fingerfertigkeiten abverlangt, mit Bewegungen und Gesten, die dem Zuschauer Spielraum für Assoziationen lassen. Verlust, Schmerz und Rebellion sind die Themen, um die sich diese Choreografie zu kreisen scheint. Das Publikum spendet der Neueinstudierung minutenlang Beifall.

Nicht minder virtuos fällt Rachmaninows Klavierkonzert Nr. 2 aus, das das Fundament für die neue Choreografie des Scholz-Schülers Mario Schröder, derzeitiger Ballettdirektor und Chefchoreograf des Leipziger Ensembles, aus.
Wie sein Lehrmeister verschließt sich Schröder einer äußeren Geschichte. Der Zuschauer sieht ein Spiel mit Metaphern. Ein projiziertes Himmelsbild, das gleich nach den ersten Takten wieder ausgeblendet wird. Verspielte Liebespaare. Ein kreisender Scheinwerfer, in dessen Lichtkegel ein Tänzer allein suchende Gesten performt. Schröder arbeitet mit düsterer, effektvoller Beleuchtung, um die weichen, hellen Klangfarben von Rachmaninows Musik mit dunklen Stimmungen zu kontrastieren.

Thematisch kreist sich auch diese Choreografie um Suchen – sei es nach Balance, Zeit und Heimat, wie es das Programmheft vorschlägt. Vielleicht aber auch nach Eleganz, nach Liebe oder nach Macht. Schröders Konzept besticht, weil es den Zuschauer nicht in eine eindeutige Richtung lotst, sondern dem Publikum viele Freiräume für eigene Interpretationen lässt. Das kommt bei den Leipziger Ballettliebhabern an.

Musikalisch löst der Abend sein Versprechen ein. Karen Durgaryan bietet den Zuhörern Rachmaninow ohne Ecken und Kanten. Pianist Wolfgang Manz artikuliert in den gut zwei Stunden eine ganz persönliche Liebeserklärung an den Komponisten. Die Premierenbesucher honorieren die Leistungen von Company, Musikern und Team über zehn Minuten lang mit stehenden Ovationen.

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