Im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts werden normalerweise bedeutsame Rechtsfragen verhandelt. Am Samstag öffnete das Haus am Simsonplatz zu später Stunde seine Türen für das Bachfest. Im Rahmen der kleinen Reihe "Nachtmusik" interpretierte der renommierte Cembalist Mahan Esfahani die weltbekannten "Goldberg-Variationen".

Die “Goldberg-Variationen”, der vierte Teil aus Bachs “Clavier-Übung”, stellen einen Höhepunkt barocker Variationskunst dar. Das Werk fordert vom Interpreten ein hohes Maß an Virtuosität. Bach komponierte es für “Clavicimbal mit 2 Manualen”. Nichtsdestotrotz wagen sich auch Pianisten immer wieder an die Herausforderung. Als bekanntester Interpret der Neuzeit gilt mithin der kanadische Pianist Glenn Gould, der die “Goldberg-Variationen” auf klassischem Konzertflügel im Tonstudio zwei Mal eingespielt hat.

Beim Bachfest erklang das Werk in diesem Jahr originalgetreu auf Cembalo. Als Interpreten hatte das Bach-Archiv den iranischstämmigen Musiker Mahan Esfahani eingeladen. Ein hochtalentierter Mann, Jahrgang 1984, der trotz seines jungen Alters bereits die Cembalo-Professur an der Guildhall School of Music and Drama in London innehat.

Mahan Esfahani interpretierte im Bundesverwaltungsgericht die "Goldberg-Variationen". Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes
Mahan Esfahani musiziert im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts. Foto: Bach-Archiv Leipzig/Gert Mothes

Als er am Samstag mit einigen Minuten Verspätung die kleine Bühne vor dem Richtertisch betrat, schaute er bescheiden kurz in die Tiefe des ausverkauften Saals, nahm sodann am Instrument Platz, wischte sich kurz den Schweiß aus dem Gesicht und griff verträumt in die Tasten. Bereits nach wenigen Takten wusste jeder Zuhörer, dass hier ein technisch brillanter Spieler am Werke war.

Esfahani arbeitete sich trotz aller Routine verbissen und mit einem Auge für Detail und Perfektion durch die anspruchsvollen Noten. Je länger die Performance andauerte, desto stärker schienen Musik und Cembalist innerlich zu verschmelzen, was sich wunderbar an Esfahanis Mimik ablesen ließ. Der Bach-Kenner spielte kunstvoll, neigte aber keineswegs zu abstrakten Über-Interpretationen, sondern gab sich ganz dem Fluss der Musik hin. Die virtuosen Bestandteile des Werks, etwa die Variatio 14, gingen ihm flüssig von der Hand.

Nach knapp eineinhalb Stunden, als der letzte Ton verklungen war, spendeten die Zuhörer lauten Beifall. Vereinzelte “Bravos” waren zu vernehmen. Esfahani wandte sich sichtlich gerührt an das Publikum. “Ich hatte nicht geglaubt, dass ich die ‘Goldberg-Variationen’ jemals in der Bachstadt Leipzig spielen würde. Mein Leben steckt voller Überraschungen. Vielen Dank.”

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