Tanner mag diese graue Musik. Leonard Cohen, Die Art, Lizard Pool - dystopisches, romantisches, lyrisches Abarbeiten an den Seitenstraßen dieses Planeten, nebelige Wetter und bröckelnde Fassaden. Vincent Oley schafft dazu den Soundtrack - und bucht auch so manche gute Kapelle ins Noch Besser Leben auf der Karl-Heine-Straße. Neulich trafen sich die beiden Un-Party-Hengste in einem Drogeriemarkt an der Kasse. Und so kam eines zum anderen und schlussendlich ein Interview zustande.

Hallo Vincent Oley. Da treffen wir uns hier beim Einkaufen. Gut so. Ich hörte da einige Dinge, da kann ich ja gleich mal nachfragen. Du bist ja so etwas wie der Booker im Noch Besser Leben – jetzt habt Ihr eine Treppenhausgalerie vor. Kannst Du da Genaueres sagen?

Seitdem das Noch Besser Leben existiert, sind wir eigentlich permanent damit beschäftigt, das komplette Haus Stück für Stück auszubauen und zu renovieren-restaurieren. Die Treppenhausgalerie läutet nun das Ende des Renovierungsprojektes Treppenhaus ein. Dazu wurden die alten Klokabinen auf halber Treppe zu Galeriekammern umgebaut. Schnöde Abstellkammern daraus zu machen war uns zu langweilig. Zudem hat sich in den letzten Jahren eine sehr freundschaftliche Beziehung zum Westpol [“Westpol A.I.R. Space” – Ausstellungshalle und Plattform für zeitgenössische Kunst im Westwerk, Anm. d. Red.] entwickelt und so arbeiten wir bei diesem Projekt zusammen, wobei das Westpol die Kuration übernimmt. Am 3. Juli und 4. Juli soll dann die Vernissage zur ersten Ausstellung stattfinden.

Wer kann denn da wie mitmachen?

Wir sind da offen. Einfach eine Bewerbung mit Konzept und Bild an westpol-bureau@gmx.de schicken und dann wird geschaut, ob und wann man das Werk in eine Ausstellung mit aufnehmen kann.

Und was ist das für ein Neubau da im Hof beim Dr. Seltsam? Da gehört Ihr doch auch dazu, oder?

Sieht gar nicht so nach Neubau aus, oder? Das ist eine Remise im berühmten Plagwitzer Kellerstil, die als Unterstand für (Leih-)Räder vom Dr. Seltsam gedacht ist. Finanziellen Support gab es für dieses Projekt auch vom Verfügungsfonds Leipziger Westen. Für die wärmeren Monate gibt es die Überlegung, einen Teil für die Bewirtung des Freisitzes im Hof zu nutzen. Zum Westbesuch am 4. Juli werden wir die Remise – wie auch die Treppenhausgalerie – dann zum ersten Mal in vollem Umfang zur Schau stellen und zu Kaffee, Bier und Kuchen auch ein paar Bands auf dem Dach spielen lassen.

Nun zu Deiner Kapelle LIZARD POOL. Ihr hattet gerade einen Gig mit Human Abfall und Antique. Wann gibt es denn den nächsten Auftritt? Und wo?

Die nächsten Konzerte sind am Wochenende (20./21.) in Halle und Gera im Rahmen der “Fête de la musique”. In Leipzig werden wir beim NBL/Dr.Seltsam Hoffest zum Westbesuch vorbeischauen und neben “Fabian” und der “Han Han Huhman Man Band” ein kleines Set auf der Remise beisteuern.

Ist es nicht eigentlich mal wieder Zeit für ein Album? Wie sieht es denn damit aus?

Wir finden, die Zeit ist dafür noch nicht reif genug. Wir sind immer noch dabei das Debütalbum von letztem Jahr bekannter zu machen und touren damit erst einmal rum. Nichtsdestotrotz arbeiten wir parallel an neuen Songs, die wir bei ausgewählten Konzerten auch schon antesten. Damit ein Album nicht verpufft, braucht man schon eine gewisse öffentliche Wahrnehmung um genügend Support für die Veröffentlichung zu erhalten. Wir werden daher eher durch kleinteilige Releases wie EPs, Singles und Konzerte den Wein am gären halten, bevor wir die Korken zum zweiten Album knallen lassen.

Zurück zum Noch Besser Leben. Ihr habt da ja echt internationale Kapellen im nächtlichen Angebot. Wie kommt Ihr an die ran? Das ist doch eine Heidenarbeit, denke ich mal. Kannst Du ein bisschen aus den Nähkästchen plaudern?

Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Einige, auch internationale Acts, haben im NBL gute Abende verbracht und tragen ihre Erfahrung weiter. Dann bieten wir unbekannteren Bands, von denen zwar viele qualitativ in der ersten Liga spielen könnten, denen der Zugang zu großen Bühnen aufgrund ihrer Unbekanntheit hierzulande jedoch verwehrt bleibt, eine Heimat. Wichtig ist auch die Art und Weise der Kommunikation zwischen dem Künstler und uns, also ob die Chemie stimmt und nicht zuletzt die Attraktivität der Stadt auf tourende Bands, obwohl sich das auch immer gegenseitig beeinflusst und potenziert.

Du bist ja auch Papa. Wie vereinbart sich Deine Arbeit, dazu die eigene Musik, mit Kind & Kegel?

Ich bin immer darum bemüht, dass kein Element in dieser Trias zu kurz kommt. Ja, es ist manchmal gar nicht so einfach, diese Dreiecksbeziehung stabil zu halten. Aber – wer hätte es gedacht – Spiegelneurone, also gegenseitiges Verständnis, Empathie und Vertrauen sind der Schlüssel zur Lösung und im Idealfall befruchten sich die verschiedenen (Lebens-)Projekte gegenseitig, auch oder gerade, wenn mal ein kälterer Wind weht.  Und wenn ich mir die traurige Wirklichkeit an anderen Orten unserer Erde so ansehe, dann halte ich mich mit Klagen bei diesem Punkt doch lieber zurück.

Danke, Vincent, und weiterhin immer ein schleppendes Basssolo im Hintergrund.

Ich danke dir!

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