Am Vormittag ließ er seinen Rücktritt zu Saisonende bekannt werden. Am Abend stand Riccardo Chailly wieder am Pult des Gewandhausorchesters. Nur eine Woche nach Eröffnungskonzert und KlassikAirleben dirigierte der Maestro am Donnerstag den zweiten Teil des Mozart-Strauss-Zyklus. Auf dem Programm standen die Tondichtungen "Macbeth" und "Also sprach Zarathustra" sowie Mozarts Violinkonzert in G-Dur.

Der “Macbeth”, frei nach Shakespeare, war Richard Strauss’ erste sinfonische Tondichtung für großes Orchester. Komponiert zwischen 1886 und 1888, zeugt die Entstehungsgeschichte noch von handwerklichen Unsicherheiten. Die Erstfassung, von Hans von Bülow als programmatisch unzulänglich abgelehnt, ist nur fragmentarisch erhalten geblieben. Die zweite Fassung missfiel dem Komponisten, der sie – nach der Uraufführung im Jahr 1890 in Weimar – abermals umarbeitete. Das Endresultat zeugt hörbar von der Wagner’schen Sinfonik, in deren Tradition der junge, ambitionierte Strauss sich seinerzeit verstanden wissen wollte. Das Gewandhaus-Publikum bekommt durchtönendes Blech und betont dunkle Streicher auf die Ohren. Die kräftigen Holzbläser laufen zur Höchstform auf.

Mozarts streicherlastiges Violinkonzert in G-Dur war die willkommene Abwechslung zu den finsteren Bläserklängen. Christian Tetzlaff meistert die virtuose Solo-Partie mit viel Feingefühl und Fingerfertigkeit. Der Violinist hüpft und tänzelt sich spielerisch durch die Noten. Was leicht ausschaut, ist freilich das Ergebnis harter, jahrzehntelanger Arbeit mit dem Instrument. Chaillys Mozart ist ein zügiger, luftiger. Die akzentuiert hellen, fröhlich-festlichen Streicherstimmen bildeten einen musikalischen Kontrast zu Strauss’ dunkelfarbigen, schwer verdaulichen Tondichtungen.

Christian Tetzlaff an der Violine. Foto: Alexander Böhm
Christian Tetzlaff spielt Mozarts Violinkonzert in G-Dur. Foto: Alexander Böhm

“Also sprach Zarathustra” ist womöglich die populärste Komposition von Richard Strauss. Weltbekannt ist das Crescendo des dreitönigen Naturmotivs zu Beginn des ersten Teils. Stanley Kubrick verwendete eine Einspielung der Wiener Philharmoniker unter Herbert von Karajan für sein SciFi-Epos “2001: Odyssee im Weltraum”. Thematisch lehnt sich das Werk lose an Friedrich Nietzsches gleichnamigen Roman an. Zarathustra steigt vom Himmel herab zu den Menschen, wird ihrer überdrüssig, bricht zusammen und erhebt sich erneut.

Chailly formt die Einleitung zu einem Steigerungslauf, der den Zuhörer sinnlich überrollt – klanggewaltig und zum Ende hin ohrenbetäubend. Der Maestro verzichtet auf Effekthascherei, sondern vertraut der mächtigen Sprache der Musik, die sich schleppend im Saal verbreitet. Der Dirigent kreiert Bögen, die sich vom zweiten Teil (“Von den Hinterwäldlern”) bis zur Schlüsselstelle des Werks, “Der Genesende”, spannen. Nach der Generalpause arbeitet sich Chailly mit bebender Akzentuierung durch das melodische “Tanzlied”, um sodann im “Nachtwandlerlied” einen versöhnlichen Ausklang zu finden.

Gewandhaus
Großes Concert
Riccardo Chailly, Christian Tetzlaff (Violine)

Werke von Richard Strauss & Wolfgang Amadeus Mozart

Das Konzert wird heute um 20 Uhr und am Sonntag um 11 Uhr wiederholt.

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