Riccardo Chailly verlässt das Gewandhaus im Stillen. Das Leipziger Konzerthaus hat das für Sonntag angesetzte Abschiedskonzert am Montag abgesagt. Grund seien gesundheitliche Probleme des Kapellmeisters.

Ist Riccardo Chailly wirklich erkrankt oder hat der Gewandhauskapellmeister schlicht keine Lust mehr auf sein Leipziger Orchester? Normalerweise stellt sich so eine pietätlose Frage nicht. Der gelbe Schein ist im deutschen Arbeitsrecht viel wert.

Der Noch-Gewandhauskapellmeister war in dieser Spielzeit allerdings öfter erkrankt. Chaillys gesundheitliche Probleme traten auffälligerweise immer dann zu Tage, wenn er in der Messestadt dirigieren sollte. Schon im Februar hatte der Italiener mehrere Dirigate absagen müssen. In Leipzig war Chailly zuletzt am 14. Januar gesichtet worden. Damals hatte der Maestro die Trauerfeier zu Ehren seines Amtsvorgängers Kurt Masur in der Thomaskirche besucht.

Richard Strauss Tod und Verklärung - Tondichtung für großes Orchester op. 24 aufgeführt von Riccardo Chailly. Foto: Alexander Böhm
Richard Strauss Tod und Verklärung – Tondichtung für großes Orchester op. 24 aufgeführt von Riccardo Chailly. Foto: Alexander Böhm

Chaillys letzter Auftritt am Pult des Gewandhausorchesters liegt fast ein Dreivierteljahr zurück. Im September und Oktober dirigierte der 63-Jährige Werke von Richard Strauss und Wolfgang Amadeus Mozart. War der dreiteilige Mozart-Strauss-Zyklus, mit dem das Orchester auch seine Residenzstädte London, Paris und Wien bereiste, Chaillys persönliche Abschiedsvorstellung?

Erst Anfag September war bekannt geworden, dass der Pultstar sein Amt zum Saisonende niederlegen wird. Vier Jahre früher als ursprünglich geplant. Ob Chaillys Leipziger Mahler-Zyklus noch vollendet werden wird, steht gegenwärtig in den Sternen.

Das Gewandhaus sucht die Stunde fieberhaft nach einem Ersatzdirigenten, um die beiden Abo-Konzerte am Donnerstag und Freitag spielen zu können. Auf dem Programm steht Mahlers dritte Sinfonie. Das für Sonntag angesetzte Abschiedskonzert entfällt ersatzlos. Ein finanzieller Schaden entsteht dem Gewandhaus durch Chaillys Absagen nicht. Der Italiener wird in Leipzig pro geleistetem Dirigat entlohnt.

Karten für das Abschiedskonzert können an den Vorverkaufsstellen zurückgegeben werden, an denen sie gekauft wurden.

Update: Der designierte Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons wird die letzten Abonnementkonzerte dieser Saison am 16. und 17. Juni 2016 dirigieren. Auf dem Programm steht unverändert die 3. Sinfonie von Gustav Mahler.

Das Gewandhausorchester ist sehr glücklich und dankt Andris Nelsons für die kurzfristige Zusage sowie den Verantwortlichen der Bayreuther Festspiele, die es ermöglichen, Andris Nelsons für die Proben- und Konzerttage in Leipzig freizustellen. Andris Nelsons ist derzeit in Bayreuth mit der Einstudierung von Richard Wagners „Parsifal“ beschäftigt und wünscht Riccardo Chailly eine rasche Genesung.

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