Am Dienstag veröffentliche die Oper Leipzig ihre Jahresbilanz. Das Haus verzeichnete 2014 einen leichten Besucheranstieg. Allerdings bleiben in den Opern- und Balletabenden weiterhin viele Plätze leer. L-IZ.de hat mit Intendant Ulf Schirmer und Verwaltungsdirektor Ulrich Jagels über die nackten Zahlen gesprochen.

Die Gesamtauslastung von Oper, Ballett und Musikalischer Komödie beläuft sich im Jahr 2014 insgesamt auf 70,3 Prozent. Schaut man genauer hin, stellt man fest, dass die Veranstaltungen der Sparten Oper (65 Prozent) und Ballett (66 Prozent) im Schnitt eher mittelmäßig besucht sind. Warum gelingt es Ihrem Haus offensichtlich nicht, die Leipziger regelmäßig in Scharen ins Musiktheater zu locken?

Jagels: Der Bogen ist weiter zu spannen und es ist zumindest die Entwicklung seit 2012 zu betrachten. Außerdem erlauben prozentuale Auslastungen keinen guten Vergleich. Es müssen die absoluten Besucherzahlen verglichen werden, da die Oper 1.270 Plätze und die MuKo 540 Plätze hat. Insgesamt wurden die Besucherzahlen im Jahr 2013 um 16.000 Besucher auf 170.000 gesteigert.

Dieser Zuwachs ist insbesondere in der Sparte Oper zu verzeichnen gewesen. Im Jahr 2014 verzeichnen wir bei zehn zusätzlichen Vorstellungen der MuKo einen weiteren Besucheranstieg von 5.000 auf 175.000 Besucher. Beide Spielstätten haben damit in den vergangenen zwei Jahren einen sehr starken Besucheranstieg zu verzeichnen.

Die Musikalische Komödie verzeichnet mit 81 Prozent Auslastung den besten Wert der drei Sparten. Darf man daraus schlussfolgern, dass sich Musicals und Operetten in Leipzig höherer Beliebtheit erfreuen als seriöse Opern und klassisches Tanztheater?

Jagels: Die MuKo ist nach wie vor sehr beliebt bei den Leipzigern und wir sind mit der Auslastung fast zufrieden. In der Sparte Musical/Operette haben wir 61.000 Besucher gezählt und in der Sparte Oper 75.000 und weitere 33.000 Besucher der Vorstellungen des Leipziger Balletts. Insofern bleiben die Oper und das Ballett deutlich stärker bei der Anzahl der Besucher und die Frage kann eindeutig mit “nein” beantwortet werden. Beim Vergleich der Umsatzerlöse fällt der Unterschied noch deutlicher aus: 74 Prozent der gesamten Ticketerlöse werden mit den Vorstellungen im Opernhaus erwirtschaftet. Es ist jedoch unser Ziel, die Besucherzahlen von Oper und Ballett weiter zu steigern.

Mit welchen künstlerischen, theaterpädagogischen und finanziellen Angeboten versuchen Sie, neue Zuschauer zu gewinnen und Stammgäste intensiver an das Haus zu binden?

Schirmer: Mit dem Aufbau und der konsequenten Pflege des tradierten Kernrepertoires, sowie der Zusammenlegung von bedeutenden Werken eines Komponisten, zum Beispiel Wagner-Festtage, Puccini-Wochenende oder einer Epoche, zum Beispiel Tage der italienischen Oper. Aus pädagogischer Sicht ist es der konsequente Aufbau und die Entwicklung der Kinder- und Jugendarbeit und der weitere Ausbau der Oper Leipzig zu einem familienfreundlichen Opernhaus.

Jagels: Wir versuchen weiterhin den Vertrieb zu stärken indem wir versuchen, stärker als bisher Besucher von außerhalb Leipzigs und dem gesamten Bundesgebiet nach Leipzig zu holen. Sehr stark steigende Verkaufszahlen im Webshop legen nahe, dass vor allem auch Kurzentschlossene festgestellt haben, dass sich über das Internet bis kurz vor Vorstellungsbeginn noch Karten kaufen und auch selbst ausdrucken lassen. Es gibt also eine Platzgarantie ohne Wartezeiten an der Abendkasse.

Ulrich Jagels. © Kirsten Nijhof
Ulrich Jagels. © Kirsten Nijhof

Im Juni werden Sie mit dem Gewandhausorchester die “West Side Story” im Opernhaus aufführen. Das Leipziger Ballett ist in die Produktion ebenfalls stark eingebunden. Das Werk würde man als Leipziger allerdings auf den ersten Blick im Repertoire der MuKo verorten. Da die Hallenser Inszenierung regelmäßig vor ausverkauftem Haus gegeben wird, könnte man annehmen, dass auch die Karten für die Leipziger Aufführungen stark nachgefragt sein werden. Werden die Leipziger künftig weitere aufwendige Musical- oder Operettenproduktionen am Augustusplatz zu sehen bekommen?

Schirmer: Für die auf drei Jahre begrenzte Auswertung eines solch außerordentlich populären Werkes haben wir uns für das große Haus entschieden. Weiterhin prüfe ich, ob die ein oder andere außergewöhnliche Musicalproduktion, die man nicht in die Musikalische Komödie bekommen würde, am Ausgustuplatz geeignet sein könnte.

Jagels: Die Produktion wird in der Ausstattung sehr aufwendig sein und ist mit hochkarätigen Solisten besetzt. Sie muss in der Oper stattfinden, da wir die Nachfrage nach Karten sonst nicht decken würden und die Platzkapazität der MuKo die Kosten der Produktion in weit geringerem Maße decken könnte.

Auf welche weiteren Highlights darf sich das Leipziger Publikum im Jahr 2015 freuen?

Schirmer: Im Mai 2015 steht eine Uraufführung auf dem Spielplan. Oscar Wildes witzig-anrührende Gruselnovelle “The Canterville Ghost” in der Musik von Gordon Getty wird kombiniert mit Leoncavallos “Pagliacci”, der Geschichte des tragischen Clowns.

Der Leipziger “Ring des Nibelungen” erfährt im April 2015 mit “Siegfried” seine Fortsetzung. Vom 22. bis 31. Mai 2015 finden nach dem großen Erfolg im Wagner-Jahr 2013 wieder “Wagner-Festtage” im Opernhaus statt. Innerhalb deren ein Zyklus mit den ersten drei Teilen des “Rings” und die Aufführung eines szenisch-konzertanten “Tannhäusers” geplant ist.

In der Musikalischen Komödie wird “Der Freischütz für Kinder” Premiere feiern. Die Adaption für Kinder von Webers Oper ist von Jasmin Solfaghari, der Regisseurin des “Ring für Kinder”, die hier ebenfalls Regie führt.

Vielen Dank für das Gespräch.

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