Faszinierend, wie manchmal Melodien immer wieder in Leben hineinfräsen. So geschehen beim Gesang einiger Klezmerlieder erst beim Westbesuch letzten Sommer und dann bei einem Konzert im Neuen Schauspiel Leipzig. Dargereicht wurden mit Herz und fantastischen Instrumenten jene Töne von einer Band namens „Tumbacaria“ und ihrer Frau am Mikrophon Katrin Strocka. Volly Tanner fasste nach.

Guten Tag, liebe Katrin. Wir trafen uns letztes Jahr bei dem fulminanten Sommer-Westbesuch auf der Karl Heine Straße, als Du mit Deinen Freundinnen die Bühne des Underground Musicstore zum Beben brachtest. Musikalisch habt Ihr mich völlig erwischt. Chapeau! Kannst Du bitte den LeserInnen hier bei der Leipziger Internetzeitung erzählen, was Ihr als „Tumbacaria“ – so nennt Ihr Euch ja leichthin – musikalisch macht?

Mit „Tumbacaria“ erfüllen wir uns – Andrea, Tina, Karolin und Katrin – kleine Träume. Die Leidenschaften für osteuropäische Musik, Klezmer, Balkan und Lieder der Roma, dem Tango, Swing … verbinden uns. Wir leben uns aus, experimentieren und mischen z. B. Klezmer mit Balkan, kombinieren Walzer und Bulgar, gehen auf Entdeckungsreisen, haben Spaß daran uns „Grenzen“ zu verweigern, vieles miteinander zu verweben und genießen es, diese emotionsreichen Melodien und Texte zu spielen und zu singen. Musik ist ein grenzenloser Ort, berührt und bewirkt zuweilen, dass man sich verbunden, verstanden fühlt und tanzen, schmunzeln, weinen muss oder darf.

Gefunden haben wir uns über das „Schwarze Brett“. Eigentlich war es nur die Idee, sich regelmäßig zu treffen, um aus Spaß an der Freude gemeinsam zu musizieren. Daraus entstand dann ein klitzekleines Konzert für ein Hausfest, da wir in den Räumlichkeiten dieses Hauses probten und proben dürfen – Danke, liebe Hausgemeinschaft fürs Ermöglichen und immer noch Ertragen – daraus erfolgte eine neue Anfrage usw. So erweiterten wir nach und nach das Repertoire. Wir sind vier Frauen – Männer haben sich nicht gemeldet auf das Inserat, haben aber festgestellt, dass es ganz schön ist, so unter Frauen, ohne in die Klischeefalle tappen zu wollen, hihi.

Wir sind ausgesprochen demokratisch im musikalischen Miteinander, es gibt kein Alpha … -weibchen, feilen an kleinen und großen Details. Bisweilen sind wir etwas chaotisch, verändern noch kurz vor dem Konzert Arrangements, weil es uns plötzlich doch nicht mehr so gefällt, genießen den Moment, lassen uns Zeit, erlauben uns auch Kinder zu kriegen, zu stillen und finden uns dann wieder zusammen und machen weiter. Der Weg ist das Ziel.

Wer macht denn außer Dir bei der Band derzeit alles – und an welchen Instrumenten – mit?

Andrea spielt Geige und manchmal auch auf dem Waschbrett, Tina das Akkordeon, Karolin Klarinette, Saxophon und zuweilen nimmt auch sie das Waschbrett in die Mangel. Ich singe, fand das aber langweilig und unangenehm, einfach nur zu stehen und zu singen, wollte schon immer Kontrabass spielen und habe mir den Traum ansatzweise erfüllt, indem ein Ersatzbass – ein einsaitiger Blumenkistenbass, Marke Eigenbau-, welcher tatsächlich funktioniert, von mir bearbeitet wird. Aus Ermangelung einer Trompete muss ein Kazzoo herhalten. Wir suchen im Übrigen einen Menschen,  welcher sich der Percussion und vielleicht noch dazu dem Schlagzeug verschrieben hat und Lust hat mit zu“mischen“.

Ich las, dass Du auch Preisträgerin des Händel-Wettbewerbs bist. Da ich geboren wurde in der grauen Diva an der Saale in Halle, berührt und interessiert mich das natürlich besonders. Wie kam es zum Preis und womit hast Du gesiegt?

Ja, irgendwann habe ich in Halle an einem Händelwettbewerb teilgenommen, obwohl ich Wettbewerben eigentlich ablehnend gegenüber stehe. Es war auch mehr ein Casting, aus jetziger Sicht. Ich glaube, es war der erste und wenn ich mich nicht täusche auch der letzte Händelwettbewerb in Halle. Und ja, der Preis für alle Preisträger war schön und machte Sinn, eine Aufführung des Oratoriums „Solomon“ von G. F. Händel, eine anschließende Tournee und eine CD-Aufnahme. Die Aufführung fand in Halle statt, doch der Rest fiel ins Wasser, weil man sich wohl finanziell verkalkuliert hatte. Ich fand das damals eher amüsant, da es ein ganz verregneter Sommer war und sehr viel buchstäblich ins Wasser fiel.

Dich selber gibt es auch in der Oper. Wie läuft denn da das Geschäft für Dich?

Ich habe in Leipzig Gesang studiert und hatte das große Glück von 1997 bis 2011 am Theater Gera/Altenburg engagiert gewesen zu sein. Ich habe in vielen Opern mitgewirkt und hatte einige große Glücksmomente, die Musik, die Rolle, den Regisseur oder den Dirigenten betreffend. Die Solisten wurden im Laufe der Jahre immer weniger (Kürzungen an allen Ecken der Theater/Kulturlandschaft) und so gehörte dann irgendwann auch Operette, Musical, Konzert dazu. Für Konzerte auf freischaffender Basis, andere Projekte und musikalische Ausflüge war mal mehr, doch überwiegend weniger Raum, da man ja doch die ganze Zeit und Kraft dem fusionierten Theater (Gera und Altenburg) widmete. Planbar war dabei fast nichts und stimmlich musste man haushalten, um den ständig wechselnden Genres gerecht zu werden bzw. zu bleiben.

Im Übrigen ist man nach 15 Jahren unkündbar, aber potentielle „Altlasten“ mag man sich nicht aufbürden und umgeht so diese „Gefahr“ leise und still, man wird kurz davor in die „Freiheit“ entlassen. Inzwischen bin ich zum Teil freischaffend, unterrichte zwei Tage in der Woche in Gera an der Musikschule Gesang, konzertiere da und dort, springe auch an Theatern bisweilen ein und habe in den letzten drei Jahren eine Ausbildung zur Erzieherin (nenne es immer noch viel lieber Kindergärtnerin) absolviert und arbeite Teilzeit in einem Kindergarten. Mehr Zeit ist trotzdem nicht vorhanden, aber es ist besser über sie bestimmbar, da die nicht mehr vorhandenen Fußfesseln des Theaters mehr Raum für Pläne und deren Umsetzung schenken. Und so kann ich nun, neben dem von mir sehr geliebten klassischen Gesang, meine Leidenschaft für Klezmer, Balkan, Experimente und andere Projekte ausleben.

Am Ende hat dann doch immer alles seinen Sinn. Meine Lebensphilosophie war schon immer etwas fatalistisch, was sein soll, soll sein, was nicht, nicht. Was nicht heißt, das ich nicht kämpfe, im Gegenteil, gebe ich doch – oder versuche es wenigstens, wenn ich etwas tue, 150 Prozent. Aber etwas zu forcieren war noch nie meine Art und wenn ich es doch mal tat, fiel ich meistens auf die Nase. Manchmal passiert mir das heute noch.

Wo und wann kann Leipzigs Kulturvolk Dich den demnächst mal sehen?

Ich erwähnte ja das Kinderbekommen und da es in den nächsten drei Wochen wieder soweit ist, sind die nächsten Konzerte erst ab Juni geplant. Am 3. Juni beim Tantenkonzert im Tante Manfred (Neues Schauspiel) und am 7. Juni in der Bibliothek Schönefeld.

Danke Katrin, für die Antworten. Und „Thank You For The Music“, wie ABBA so schön intonierten.

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