Mitglieder des Performance-Kollektivs "Oper Dynamo West" gehen mit den Zuschauern im "Lofft" auf eine Recherche-Reise. Im Fokus von "Bach – Yu Ram Gi" steht die Wahrnehmung des Fremden. Ein deutsch-koreanisches Team machte sich in Gwangju (Südkorea) und Leipzig auf die Spurensuche nach Bach.

Viele Koreaner kennen Bachs Musik, aber wissen nichts über Leipzig. Umgekehrt kennt so ziemlich jeder Leipziger Bach, aber die wenigsten Messestädter hören seine Musik. Mit einer Videokamera in der Hand interviewten die Performer Südkoreaner und Leipziger mit unterschiedlichem Hintergrund. Die dokumentarische Ebene wird in den Aufnahmen durch eine fiktive Bachfigur ergänzt, die den koreanischen Alltag erlebt. Der Kerl mit Grauhaar-Perücke und langem gelben Mantel geht zum Friseur, fährt U-Bahn, besucht den Zahnarzt.

Szenisch gliedert sich der Abend in vier Bilder, die keine lineare Handlung erzählen. Die Performerin Song Joo-won nimmt verschiedene Rollen an. Der Zuschauer erlebt die Choregrafin erst als verkappten Jeti, später als roten Geist oder als fernöstlichen Schamanen.

Ein Kammerensemble, bestehend aus Klavier, Kontrabass, Flöte, Saxophon und traditionellen koreanischen Schlaginstrumenten, experimentiert mit Bachs Musik. Das Publikum hört das Rezitativ “Falsche Welt, ich trau dir nicht”, außerdem eine Choral-Bearbeitung des Liedes “O wie selig seid ihr doch, ihr Frommen”. Sopranistin Leevke Hambach und Tenor Johannes Pietzonka tragen beide Stücke hemdsärmlig vor.

Zu einem frei interpretierten Fugenthema aus dem Wohltemperierten Klavier tanzt sich Song Joo-won in einen ekstatischen Rausch. Bachs Kaffeekantate wird mit kollektivem Kaffeetrinken aller Mitwirkenden gedacht.

Wenngleich der Abend interessante Facetten des Bach-Phänomens aufdeckt, die den allermeisten Leipzigern unbekannt sein dürften, so scheitert er an einem schwer zu begreifenden Gesamtkonzept. Der unkundige Zuschauer versteht den intellektuellen Hintergrund der Performance erst bei Lektüre des Programmflyers. Die musikalischen Experimente sind nicht Jedermanns Geschmack. “Das ist Jazz”, beklagt sich eine Zuschauerin vor dem Theaterhaus. “Mit Jazz kann ich nichts anfangen.”

Die nächsten Termine: “Bach – Yu Ram Gi” am 29.3. um 18 Uhr, am 17. und 18.4. um 20 Uhr

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