Christian von Götz inszeniert Webers „Freischütz“ in der Messestadt weitgehend werkgetreu im Stile des Achtziger-Regietheaters. Die Gespensteroper (Uraufführung 1821) in der Ästhetik des frühen 19. Jahrhunderts. War das notwendig? Das Leipziger Publikum spendete der Neuproduktion nach drei Stunden lediglich verhaltenen Applaus.

Von Götz lässt die Geschichte um Max’ Pakt mit dem Teufel in einem heruntergekommenen Landhaus spielen, das Bühnenbildner Dieter Richter auf der Drehbühne platziert hat. Ein zweiter Schauplatz ist Agathes Schlafgemach, das sich auf einer Außenseite des rotierenden Bühnenbaus befindet. Ein Bett, ein Schrank, ein Kruzifix an der Wand. Das Verhältnis von Gott und Satan ist eines der zentralen Motive des Werks. Von Götz arbeitet sich in erster Linie am Satansmotiv ab. Der schwarze Ritter Samiel (Verena Hierholzer) erscheint durchweg als tänzerisches Gespenst, das Max, Kaspar und Agathe für sich zu vereinnahmen versucht.

Während der berühmten Wolfsschluchtszene darf die Bühnentechnik zeigen, was sie auf dem Kasten hat. Teile des Bühnenbilds trotzen den Gesetzen der Schwerkraft, Samiel tanzt zusammen mit sechs Spielgefährtinnen, die die sechs Freikugeln symbolisieren, auf einem Berg voller Knochen, Rauch und Nebel untersetzen die gespenstische Szenerie. Der einzige visuell starke Moment in der Inszenierung, der jedoch keinesfalls revolutionär ist, sondern vielmehr den Anfängen des Regietheaters der Siebziger und Achtziger entlehnt sein könnte. Ansonsten bedient sich von Götz plumper Choreografien, um vor allem den personenstarken Chor in Szene zu setzen. Doch ausgerechnet der bekannte Jägerchor klingt wie eine Parodie desselbigen.

 

Bevor Max (Thomas Mohr) seine Agathe (Gal James) heiraten darf, muss er den Probeschuss erfolgreich absolvieren. Foto: Ida Zenna
Bevor Max (Thomas Mohr) seine Agathe (Gal James) heiraten darf, muss er den Probeschuss erfolgreich absolvieren. Foto: Ida Zenna

Da von Götz stark der Fabel verhaftet ist, bleiben narrative Überraschungen aus und der Regisseur vermag es nicht, sich mit Webers philosophischen Ansätzen auseinanderzusetzen. Der Inszenierung haften darüber hinaus keinerlei Gegenwartsbezüge an, was den Abend nicht aufregender macht. So lässt von Götz die zehnminütige Ouvertüre über weite Strecken vor einem übergroßen Gemälde der Wolfsschlucht spielen. Die inneren Konflikte der Figuren werden routiniert heruntergespielt.

Tuomas Pursios Auftritte zählten zu den wenigen Höhepunkten eines weitgehend glanzlosen Opernabends. Foto: Ida Zenna
Tuomas Pursios Auftritte zählten zu den wenigen Höhepunkten. Foto: Ida Zenna

Neben einer farblosen Inszenierung hatte der Premierenabend auch musikalisch wenige Glanzlichter zu bieten. Thomas Mohr (Max) blieb häufig unterkühlt. Gal James (Agathe) Sopran ließ an Durchschlagskraft und Tiefe vermissen. Die gesprochenen Dialogtexte ratterte die Israelin herunter, ohne die Botschaften dahinter zum Zuschauer transportieren zu können.

Tuomas Pursio (Kaspar) lief dagegen zu Höchstform aus und erwies sich abermals als starker Charaktersänger mit Freude am Schauspiel. Magdalena Hinterdobler (Ännchen) war stimmlich stets präsent. Die Sopranistin wäre sicher auch für die Agathe eine gute Wahl gewesen.

Oper Leipzig
Der Freischütz
Carl Maria von Weber

Nächste Termine: 18.03., 30.04., 10.06.

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