Djamal A. (42) soll am 31. August 2014 seine Ehefrau (40) und die gemeinsame Tochter (15) mit dutzenden Messerstichen attackiert haben. Laut Anklage hatten die beiden Frauen A.'s alleinigen Autoritätsanspruch infrage gestellt. Am Montag, den 2. März hatte Fouzia A. vor dem Landgericht einen überraschend kurzen Auftritt.

Zuvor beschäftigte der Angeklagte die übrigen Prozessbeteiligten, wie schon am vergangenen Montag, mit stundenlangen Ausführungen über sein persönliches Schicksal. Mehrfach betonte der Iraker, der seit 2001 in Leipzig lebt, wie sehr er seine Familie geliebt habe. Nun ist Liebe bekanntlich ein äußerst dehnbarer Begriff und die schrecklichsten Dinge geschehen aus den angeblich edelsten Gründen.

Die Staatsanwaltschaft wirft A. vor, Frau und Kinder als Eigentum betrachtet zu haben. Diesen Vorwurf hat der Angeklagte bisher nicht entkräften können. Im Gegenteil. Dem Gericht schilderte er, er habe sich innigst für seine Liebsten aufgeopfert. Djamal A. macht dies primär an materiellen Dingen fest.

So habe er für seine Familie jahrelang im Niedriglohnsektor auf Baustellen und in der Gastronomie gejobbt. Er habe seiner Frau jeden Monat 300 Euro ausgezahlt. Die älteste Tochter und ihre Mutter hätten durch ihn teure Smartphones erhalten, konnten sich außerdem schicke Klamotten kaufen, während er mit einem schlichten Mobiltelefon und Billigkleidung aus dem Discounter vorlieb nahm.

Wenngleich der mutmaßliche Täter zum wiederholten Male einräumt, dass es ab Mai 2014 häufiger zu Streitigkeiten gekommen sei, möchte er sich an die Tat nicht erinnern. A. schildert dem Gericht, wie er vor der Auseinandersetzung mit seinen Kindern zu einem Fast-Food-Restaurant gegangen sei. Er berichtet wahrheitsgemäß, dass er selbst den Notruf gewählt habe. “Ich habe meine Frau und meine Tochter umgebracht. Bitte kommen Sie schnell.”, so die Stimme am Telefon.

Doch just zu der verhängnisvollen Auseinandersetzung, die in über zwei dutzend Messerstiche mündete, habe ihn ein mysteriöser Schwindelanfall ereilt, der einen Blackout hervorgerufen habe. Dies erscheint selbst aus A.’s Position heraus unglaubwürdig. Immerhin kann sich der Familienvater wiederum an alles erinnern, was er nach der Tat bis zum Eintreffen der Polizei unternommen haben möchte.

Seine Frau Fouzia A. (40) sorgte nach der Mittagspause für eine faustdicke Überraschung. Entgegen aller vorherigen Ankündigungen machte die Geschädigte, die bei dem Angriff lebensbedrohliche Verletzungen erlitt, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, um nicht gegen ihren Ehemann aussagen zu müssen.

Die Staatsanwaltschaft legt Djamal A. versuchten Mord zur Last. Der Prozess wird fortgesetzt.

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