Leipzig ist kein ungefährliches Pflaster. In einer Stadt mit einer steigenden Zahl von Verkehrsteilnehmern zeigt sich natürlich auch, an welchen Stellen es besonders viele Unfälle gibt. Solche Unfallschwerpunkte auszumachen und beseitigen zu lassen, war ein Teil des Anliegens der SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat, die im Mai beantragte, die Stadt solle jährlich einen Verkehrsunfallbericht vorlegen.

Darauf hat das Dezernat Stadtentwicklung und Bau jetzt reagiert und einen Alternativvorschlag vorgelegt. Denn das Thema ist auch sächsische Politik.

Der kurze Katalog der SPD erwartete eine Berichterstattung zu den Hauptunfallursachen, den Unfallhäufungspunkten im Stadtgebiet, den Unfällen nach Art der Personenschäden, mit Verursachern und Beteiligten nach Schwere und jeweiliger Verkehrsart und als Extra-Schwerpunkt: Kinder im Straßenverkehr.

Aus der Antwort des Planungsdezernats erfährt dann der Bürger, dass Leipzig tatsächlich schon eine Verkehrsunfallkommission hat. Wieder so ein Gremium, das öffentlich bislang nicht Bericht erstattet hat, vielleicht sogar emsig getagt und Lösungen für Probleme diskutiert hat – eine einzige ist auf der Website der Stadt aufzufinden: eine Ampellösung für die Maximilianallee für Abbieger auf die Essener Straße aus dem Dezember 2012.

Manchmal staunt man wirklich, warum solche Gremien nicht einfach von sich aus berichten über das, was sie besprochen und gelöst haben. Tatsächlich ist die Verkehrsunfallkommission (VKU) derzeit in ein großes Projekt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit eingebunden. Und deshalb empfiehlt das Planungsdezernat auch als Alternativvorschlag: “Der 3-Jahres-Plan 2015 bis 2017 zur Beseitigung von Unfallhäufungsstellen gemäß ‘Merkblatt zur örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen’ ist dem Stadtrat als Information zur Kenntnis zu geben und anschließend ist jährlich über den Stand der Abarbeitung bzw. die Arbeit der Verkehrsunfallkommission zu berichten.“

Die SPD-Fraktion bekäme im Prinzip auch das, was sie sich gewünscht hat: “Mit dem Alternativvorschlag wird dem Anliegen des Antragstellers Rechnung getragen, jährlich einen qualifizierten Unfallbericht zu erhalten und somit Kenntnis über die Problemlagen als Grundlage für verkehrspolitische Entscheidungen.”

Zum Hintergrund erläutert das Dezernat jetzt: “Die Polizei führt die Statistik über alle erfassten Unfälle mittels der Unfalltypenkarte auf der Grundlage eines entsprechenden Erlasses des Freistaates Sachsen. Nur sie verfügt vollständig über alle zur Erstellung des gewünschten Berichtes erforderlichen Daten und besitzt die entsprechenden Auswertemodule. Ein jährlicher Verkehrsbericht, welche(r) in etwa den Intentionen des Antrages entspricht, wird der Stadtverwaltung durch die Polizei im Ergebnis dessen zur Verfügung gestellt. Die Verwaltung ist weder fachlich noch personell in der Lage, den gewünschten Unfallbericht auf der Basis der Auswertung der jährlich ca. 15.000 polizeilich gemeldeten Verkehrsunfälle selbst vorzunehmen.

Unabhängig davon erfolgt auch die Feststellung von Unfallhäufungen durch die Polizei. Die Verfahrensweise zur Beseitigung von Unfallhäufungsstellen ist im ‘Merkblatt zur örtlichen Unfalluntersuchung in Unfallkommissionen’ (M Uko) geregelt. Das Merkblatt ist per Erlass in Sachsen als verbindliche Verwaltungsvorschrift festgelegt worden.”

Aus diesem Merkblatt erfährt man dann auch, wer quasi durch seine Aufgabe schon natürliches Mitglied der örtlichen Verkehrsunfallkommission ist: “‘Die Bekämpfung der Verkehrsunfälle’ im Rahmen der Örtlichen Unfalluntersuchung ist nach VwV-StVO zu § 44 Aufgabe der Unfallkommissionen, in denen Polizei, Straßenverkehrs- und Straßenbaubehörden ständige Mitglieder sind. Unfallkommissionen haben demnach bundesweit die Aufgabe, Unfallhäufungen
– zu erkennen,
– sie zu analysieren und
– Maßnahmen zu ihrer Beseitigung zu beschließen.
Außerdem muss das Gremium sicherstellen, dass
– beschlossene Maßnahmen umgesetzt werden und
– eine Wirkungskontrolle erfolgt”.

Und da die Truppe schon am Thema arbeitet, kann man auch darüber berichten, stellt das Planungsdezernat fest: “Gemäß M Uko ist im Rahmen der Arbeit der Verkehrsunfallkommission ein 3-Jahres-Arbeitsplan zur Beseitigung von Unfallhäufungsstellen zu erstellen. Der Arbeitsplan für die Jahre 2015 bis 2017 wird dem Stadtrat in Form einer Informationsvorlage zur Kenntnis gegeben und anschließend jährlich über den Stand der Abarbeitung bzw. die Arbeit der Verkehrsunfallkommission berichtet. Der jährliche Verkehrsbericht der Polizei wird Bestandteil dieser Information.”

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Schön, schön, dass es eine Verkehrsunfallkommission gibt. Reagiert das Verkehrsamt denn wenigstens auf deren Berichte? Ich habe den Eindruck: manchmal ja, manchmal nein.

Ich mag nicht als Opfer in so einem Bericht erscheinen. Neulich erst bekam ich trotz umsichtigsten Querens einer sehr schmalen Straße mit nur einer Kfz-Breite Platz (aber keine Einbahnstraße) eine scharfe Begegnung mit einem roten Auto, weil dieses um eine Kurve schnell in diese Straße bretterte. Wie schnell ein Auto doch über 30 Meter hinweg ist! Leichtsinn des Autofahrers war’s eh, denn er hätte genausogut in ein entgegenkommendes Auto fahren können. Wenn ich aber tot bin, helfen mir sein Leichtsinn und die bedauernde Erwähnung (als 1 Verkehrsopfereinheit) im Bericht 2015 obiger Kommission nicht mehr beim Weiterleben.

Mir wäre es deshalb lieber, wenn Ordnungsamt und Poilzei die Leipziger Autofahrer mal wirklich erziehen würden und vor allem das Verkehrsamt die Gefahrenstellen für Fußgänger entschärfte (deren ist in Leipzig Legion) und außerdem damit aufhörte, fortwährend neue Gefahrenstellen für Fußgänger zu schaffen, um Probleme der Organisation des Kraftverkehrs “alternativlos” zu lösen. Es ist nicht nur die Ecke Universitäts-/Schillerstraße, wo das Verkehrsamt sich bequem, geistig einfach und politisch gemütlich macht, auf Kosten der Sicherheit für Fußgänger einen besseren Kfz-Fluss zu bewirken.

Die Autofahrer in Leipzig sind ein erhebliches Problem. Der gerne vorgebrachte Vergleich mit den Berlinern, dass diese ja noch aggressiver seien, ist sachlich falsch; dort ist man gegen Fußgänger sogar erstaunlich höflich, wie ich immer wieder bemerke.

Hier muss man ja aufpassen, dass so ein Autofahrer nicht plötzlich über den Bordstein auf dem Fußweg fährt. (Auch schon erlebt, wusste nicht, was das jetzt sollte).

Der Autoverkehr in Leipzig ist definitiv als ausgesprochen unzivilisiert zu bezeichnen.

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