Manchmal überschlagen sich die Ereignisse. Da hatte die L-IZ.de in der vergangenen Woche noch beim Sportamt nachgefragt, wie es nun im Mariannenpark weitergehen soll – mit oder ohne den SV Wacker Leipzig – und in der Nacht vom 5. auf den 6. Mai knallte es erneut auf dem Gelände. Nachdem am 21. April gegen 2:45 Uhr der Sozialtrakt des FC Inter einer Brandstiftung zum Opfer gefallen war, zogen nun unbekannte Täter in der Nacht übers Gelände und zerstörten, was greifbar war. Festgestellt wurden die Schäden am 7. Mai 2017. Die Frage hinter den weiteren Attacken im Mariannenpark: Was steckt eigentlich hinter diesem ganzen Irrsinn?

Längst glaubt keiner, der das Geschehen rings um den Mariannenpark beobachtet, noch an Zufälle. Erst wurden über Ostern 2017 Bandenwerbung und der Containerbau des FC Inter Leipzig mit Erkennungszeichen der BSG Chemie beschmiert, eine Woche später der Containerbau in Brand gesteckt und nun wurden Scheiben eingeworfen und eingebrochen.

Neben einem weiteren Angriff auf den FC Inter auch beim SV Wacker dieses Mal, wo man das Vereinsbüro heimsuchte. Doch was bereits bei den Schmierereien fraglich war, wird nun immer drängender: Ein Angreifer von außen oder doch eher die Fortsetzung des inneren Konflikts auf dem Gelände mit allen kriminellen Mitteln?

Indizien, die stutzig machen

Parallel zu den Vorfällen der vergangenen Nacht ist der SV Wacker Leipzig mit Stand vom 5. Mai 2017 wohl abschließend nicht mehr der größte Pächter auf dem Gelände. Das Sportamt bestätigte gegenüber L-IZ.de auf Nachfrage, notfalls zu räumen, sollte der Verein das Gelände nicht freiwillig verlassen. Die fristlose Kündigung habe Bestand und sei gültig. (Hier kann man das gesamte Interview auf L-IZ.de nachlesen).

Kerstin Kirmes, Amtsleiterin im Sportamt zum Stand letzter Woche: „Der SV Wacker Leipzig e.V. hat beide gekündigten kommunalen Sportanlagen – das Wackerbad und den von ihm gepachteten Teil der Sportanlage Mariannenpark – nicht zur aufgeforderten Frist dem Eigentümer übergeben. Deshalb erfolgte eine erneute – letzte –  Frist bis 05.05.2017. Wird diese nicht eingehalten, wird Räumungsklage eingereicht.“

Trotz breiter Ankündigung hat also der SV Wacker nicht nur die Frist zur Übergabe verstreichen lassen, mit Stand 3. Mai fehlte auch jede Spur von der angedrohten Klage seitens Vorstandschef Holger Drendel gegen die fristlose Kündigung des Pachtvertrages vom SV Wacker. Gegenüber L-IZ.de wiederum bestätigte Holger Drendel am 3. Mai 2017: „Die Stadt droht mit Räumungsklage. Wir erfüllen unseren Vertrag bis heute und werden dieses auch bis zu einer richterlichen Entscheidung tun.“

Überdies sei die Kündigung „durch unseren Anwalt zurückgewiesen und um rechtsverbindliche Antwort gebeten“ worden. „Dies ist bis heute nicht erfolgt. Es liegt nach einem formalen Fehler auch kein materieller Kündigungsgrund vor.“, so Drendel.

Die Stadt Leipzig hingegen betonte, dass keine Klage eingegangen sei. Ob diese noch am 5. Mai eingereicht wurde, ist derzeit unklar, doch der SV Wacker behauptet nunmehr, die Kündigung sei nicht rechtens gewesen.

Die Chancen für eine Klage vonseiten Wacker standen und stehen eher schlecht, geht man vom Standpunkt des Sportamtes aus. Kerstin Kirmes zum hauptsächlichen Grund, welcher zur fristlosen Kündigung des Pächters führte. So habe Drendel eine Vertragsbedingung trotz mehrerer Mahnungen nicht erfüllt: „die sach-, form- und fristgerechte Vorlage des Verwendungsnachweises zur anteiligen kommunalen Kostenerstattung für das Jahr 2015. Hier geht es um Steuergelder! Dieser Verwendungsnachweis ist laut Vertrag bis 30.06. für das Vorjahr zu erfüllen.“, so Kirmes gegenüber L-IZ.de.

115 andere Vereine würden dies auch hinbekommen, so die Amtschefin, es sei also kein Hexenwerk, den Nachweis zu führen. Im Falle des SV Wacker geht es immerhin um rund 28.500 Euro pro Jahr, welche der Verein von der Stadt als Pachtzuschuss erhielt. Nach nicht erfolgter Belegung der Verwendung für das Jahr 2015 wurde 2016 bereits die zweite Rate der Jahreszahlung seitens der Stadt einbehalten, der Konflikt eskalierte bin hin zur fristlosen Kündigung des Vereins zum Ende April 2017.

Aus Sicht der Stadt handelt es sich beim nunmehr eher als Ex-Pächter zu sehenden Verein auch über die nicht geringe Geldfrage hinaus offenkundig um einen eher unsicheren Kantonisten. Kirmes zu den Begleitgründen für die harte Gangart seitens der Stadt: „Den Abmahnungsgründen hat der SV Wacker schleppend, nur eingeschränkt bzw. nicht abgeholfen. Das betrifft beispielsweise die Verpflichtung, kommunalen Schulsport aufzunehmen, Nutzungsüberlassung durch Dritte von der Stadt sich vorab genehmigen zu lassen, Einnahmen daraus nachvollziehbar zu dokumentieren, vertraglich eindeutig definierte Abgaben (z.B. Grundsteuer) ordnungsgemäß zu leisten.“

Sollte dies stimmen, ist hier offenbar ein Verein durchaus unter ziemlichem Druck. Während man sich beim SV Wacker außerstande sieht, die Fragen zu den Belegen aufzuklären, wird dies nach derzeitiger Lage wohl ein ordentliches Gericht entscheiden müssen. Ob immer alles stimmt, was im Mariannenpark so behauptet wird, darf man in jedem Fall weiterhin anzweifeln. Denn auch an einer anderen Front läuft einiges scheinbar nicht ganz korrekt.

6.000 Euro & alle Vereine im Mariannenpark haben ein Problem?

Im aktuellen „Sachsen Sonntag“, dem kostenlosen Werbeblatt der Madsackgruppe (ua. auch LVZ) erweckt Drendel gleich zwei Eindrücke, welche von verschiedenen anderen Seiten vehement bestritten werden. Zum einen lässt der Vorstandsvorsitzende des SV Wacker Leipzig e.V. im Beitrag den Journalisten die Frage aufschreiben, warum er vom FC Inter Leipzig Gelder nicht erhalten hätte, welche ihm zustünden.

6.000 Euro Nachzahlungen hatte ein gerichtlicher Vergleich im Februar 2017 ergeben, welche der FC Inter aus einem alten Vertrag in monatlichen Raten von 1.500 Euro ab März 2017 hätte zahlen müssen. Während der Artikelschreiber also auftragsgemäß fragt, „warum wartet Wacker nach wie vor auf die 6.000 Euro“, versichert Inter-Sprecher Norman Landgraf gegenüber L-IZ.de, dass bereits 2 Raten, also 3.000 Euro fristgerecht geflossen sind.

Die entsprechende Eingangsbestätigung seitens des Anwaltes vom SV Wacker liege dem FC Inter schriftlich vor. Eine Nachfrage seitens des „Sachsen Sonntag“ – Schreibers beim FC Inter gab es offensichtlich nicht dazu. Auch nicht zum zweiten Umstand, welcher so nach wie vor falsch ist. Immer wieder versicherte die Stadt, dass alle ansässigen Vereine weiter die Sportanlage nutzen können. Dennoch versucht Drendel im gleichen Beitrag erneut den Eindruck zu erwecken, mit dem Pacht-Ende für den SV Wacker würden „250 Sportler nicht wissen, wo sie in der kommenden Saison Sport treiben können.“

Am 21. April brannte gegen 2:45 Uhr der Containerbau des FC Inter Leipzig komplett ab. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Foto: L-IZ.de
Am 21. April brannte gegen 2:45 Uhr der Containerbau des FC Inter Leipzig komplett ab. Die Polizei geht von Brandstiftung aus. Foto: L-IZ.de

All dies und die noch unaufgeklärten Umstände des Brandes des Containers des FC Inter und nun die erneuten Attacken auf dem Gelände Mariannenpark, welches nach aktuellem Stand nicht mehr vom SV Wacker Leipzig gepachtet ist, dürften nun die Polizei immer mehr interessieren. Vertragsbrüche, fragwürdige Steuergeldverwendungen, Brandstiftung, Sachbeschädigung in gehörigem Ausmaß und immer wieder Halbwahrheiten, soweit das Auge reicht.

Es kommt jedenfalls mittlerweile eine ganz schöne Latte an Straftaten zusammen im Mariannenpark. Zeitlicher Startpunkt für die wachsende Zahl von Übergriffen war jedenfalls eindeutig der drohende Verlust des Pachtvertrages auf Seiten des SV Wacker Leipzig.

Der SV Wacker will bleiben

Drendel betonte jedenfalls gegenüber L-IZ.de: “Wir werden alles daran setzen, die beiden Pachtobjekte weiter zu betreuen und mit unseren Partnern und Unterstützern weiter Sport im Mariannenpark zu treiben wie in unserer Satzung beschrieben. Gleichzeitig sind wir jederzeit bereit für einen Neuanfang mit dem Amt für Sport, was den respektvollen Umgang miteinander betrifft.”

Es könnte dafür bereits zu spät sein. Die Stadt Leipzig freut sich bereits auf einen neuen Pächter. Kerstin Kirmes: “Es ist ein neuer Pächter notwendig, der ein plausibles, inhaltlich und wirtschaftlich fundiertes Konzept vorlegen kann. Ein Konzept, das dem Geist und der Konditionierung eines Sportpachtvertrages (1 Euro jährlicher Pachtzins!) entspricht.”

Mit dem FC Inter Leipzig hat dies alles letztlich nichts mehr zu tun. Der Verein hat sich nicht einmal um den neuen Pachtvertrag beworben, so Stadt Leipzig und Verein übereinstimmend. Inter träumt bereits vom eigenen Stadion, am alten Postbahnhof. 10 Minuten Laufweg vom Mariannenpark entfernt.

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