"Die Beibehaltung des Landeserziehungsgeldes durch die CDU/SPD-Koalition entzieht der Kita-Finanzierung in Sachsen etwa 13 Millionen Euro im Jahr", kritisiert Volkmar Zschocke, Vorsitzender der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag. "Sachsen ist neben Bayern das letzte Bundesland, das am Landeserziehungsgeld festhält. In Thüringen soll der eingesparte Millionenbetrag in die Kinderbetreuung fließen. Ebenso sollten wir es in Sachsen tun", verlangt Zschocke.

“Das Geld wird dringend für die Verbesserung des Betreuungsschlüssels in Kitas gebraucht. Das wäre wirkliche Familienförderung. Seit der Einführung des Bundesbetreuungsgeldes ist das Landeserziehungsgeld eine teure Doppelförderung für Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuen”, kritisiert der grüne Fraktionschef diesen Geldposten, der in der Finanzierung der Kindertagesstätten in Sachsen schlichtweg fehlt.

Auch der Landesrechnungshof hatte erst Mitte Oktober diese familienpolitische Leistung infrage gestellt, weil sie sich nicht in das System anderer Sozialleistungen einfügt. Im Jahr 2013 hat Sachsen laut dem Bericht des Rechnungshof 13 Millionen Euro für das Landeserziehungsgeld ausgegeben. Der laut CDU/SPD-Koalitionsvertrag geplante Wegfall der Einkommensprüfung ab dem 3. Kind wird die Kosten voraussichtlich weiter ansteigen lassen, befürchtet Zschocke.

Der Landesrechnungshof hatte den Sinn des 1992 von der CDU eingeführten Landeserziehungsgeldes in mehrfacher Hinsicht hinterfragt.

“Nach der ursprünglichen Gesetzesbegründung zum SächsLErzGG aus dem Jahr 1992 ist das sächsische Landeserziehungsgeld eine Unterstützungsleistung des Staates, die ‘den durch die nicht gleichzeitig mögliche Erwerbstätigkeit bedingten Einkommensausfall wenigstens insoweit ausgleicht, dass die wirtschaftliche und finanzielle Existenz der Familie gesichert bleibt'”, stellt der Rechnungshof fest. Und kommt zu dem Schluss: “Es ist nicht belegt, dass das sächsische Landeserziehungsgeld geeignet ist, die wirtschaftliche Existenz von Familien auch nur teilweise zu sichern. – Hinzu kommt, dass das soziokulturelle Existenzminimum durch das SGB II und das SGB XII gewährleistet wird. Eine familienpolitische Leistung mit dem Ziel der Existenzsicherung ist systemwidrig und deshalb nicht erforderlich.”

Die Zahlbeträge seien so gering, dass das Landeserziehungsgeld allein “keine existenzsichernde Funktion”. Was das Sozialministerium in seiner Stellungnahme so nicht sehen wollte: “Eine familienfördernde staatliche Anerkennungs- und Unterstützungsleistung ‘als Mitnahmeeffekt abzutun’, verkenne, dass für einen nicht unerheblichen Teil der Anspruchsberechtigten diese Leistung, entscheidend sei, ihren Wunsch nach eigener häuslicher Kinderbetreuung auch tatsächlich zu realisieren.”

Aber genau diese Wahlfreiheit zwischen häuslicher Betreuung und Kita-Versorgung sah der Rechnungshof im Gesetz von 1992 nicht: “Der SRH bezweifelt weiterhin, ob heute noch eine echte Wahlfreiheit für die Betreuung des Kindes im eigenen Haushalt oder der institutionellen Kinderbetreuung besteht. Der Freistaat Sachsen ist nicht Träger für die Kindertagesbetreuung und kann somit auch keine Wahlfreiheit für die Eltern gewährleisten.”

Und so sieht auch Zschocke in dem Gesetz eher einen Versuch, ein altes Rollenbild am Leben zu erhalten, das mit der wirtschaftlichen Realität in den meisten Familien nichts mehr zu tun hat. Volkmar Zschocke: “”Das von der CDU propagierte Ziel des Landeserziehungsgelds – die ‘Wahlfreiheit’ der Eltern, ob sie ihr Kind in die Kita geben oder zu Hause betreuen – wird somit verfehlt.”

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