Die Zukunftsfähigkeit des Rentensystems sei immer ein Schwerpunkt der Haushaltskonsolidierung, sagt die Leipziger CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla im L-IZ-Interview. "Eine Konsolidierung ohne Kürzung ist nicht möglich", so die Finanzexpertin. Distanz lässt Kudla in Rentenfragen zu Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich erkennen.

Frau Kudla, in Ihrer jüngsten Wilhelmshavener Erklärung spricht sich die CDU für eine Kombi-Rente aus. Was hat es damit auf sich?

Bei vorzeitigem Renteneintritt – ab 63 Jahren – gelten starre monatliche Hinzuverdienstgrenzen. Falls diese nicht eingehalten werden, wird nur eine Teilrente gezahlt. Entscheidend ist, dass die Renten erwirtschaftet werden. Daher ist der Gedanke richtig, dass man bei vorzeitigem Renteneintritt eine höhere Hinzuverdienstmöglichkeit hat.

Die CDU spricht sich für den Wegfall der Hinzuverdienstgrenze bis zur Höhe des zuletzt verdienten Bruttoeinkommens aus. Diese Regelung hat nicht nur finanzielle Vorteile für die Bürger, sondern sie dient den Menschen, da ein abruptes Ausscheiden aus dem Arbeitsleben für viele Menschen schwierig ist. Andererseits können viele Menschen aus gesundheitlichen Gründen nicht bis 67 Jahre arbeiten.

Seit kurz vor Weihnachten 2012 kursiert in der Öffentlichkeit eine Sparliste aus dem CDU-geführten Bundesfinanzministerium mit dem an sich unverdächtigen Titel “Mittelfristige Haushaltsziele des Bundes”. Wie zuerst “Der Spiegel” berichtete, denken Schäubles Planer an Einsparbeträge bei Frühverrentungen und eine Anhebung der Regelaltersgrenze bei der Rente über 67 hinaus. Was hält die Finanzpolitikerin Kudla von solchen Ideen?

Es gibt kein offizielles Papier aus dem Bundesfinanzministerium zu etwaigen Einsparvorschlägen in der nächsten Legislaturperiode. Es ist gut und richtig, dass das Bundesfinanzministerium unter der Federführung von Dr. Schäuble weiter an der Konsolidierung des Bundeshaushaltes arbeitet. Eine Konsolidierung ohne Kürzung ist daher nicht möglich. Die Aussage, man wolle Einsparbeiträge bei der Frühverrentung vornehmen, ist daher so nicht richtig.

Was stimmt denn dann?
Vor dem Hintergrund, dass das Rentensystem mit über 80 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt bezuschusst wird, ist das Thema Zukunftsfähigkeit des Rentensystems immer ein Schwerpunkt des Haushaltskonsolidierungsprozesses. Ich betone noch mal: Die Bezahlung der Rente muss erwirtschaftet werden. Die Probleme im Rentensystem kommen auch durch die wesentlich längere Lebensdauer, als noch vor einigen Jahrzehnten und auch durch das bessere Gesundheitssystem. Darüber sollten wir uns in erster Linie freuen.

Mit einer Lebensleistungsrente will die Koalition langjährig Versicherten künftig den Gang zum Grundsicherungsamt ersparen. Was bedeutet es für die Akzeptanz der Gesetzlichen Rente mit der Pflicht zur Beitragszahlung, wenn selbst langjährige Beitragszahler mit der Grundsicherung eine Bedürftigkeitsleistung in Anspruch nehmen müssen?

Natürlich ist es ein Problem, wenn einer 40 Jahre gearbeitet hat und dann keine Rente bekommt, die über der Grundsicherung liegt. Allerdings muss man auch kritisch betrachten, ob es sich dann wirklich um Vollzeitstellen handelt. Wenn jemand jahrzehntelang arbeitet, so steigt das Gehalt aufgrund der beruflichen Leistung schon etwas an. Wenn jemand ungelernt ist und keinen Berufsabschluss hat, dann wird er in der Regel aber keine Rente erwirtschaften können, die über der Grundsicherung liegt. Ich würde nicht von Bedürftigkeitsleistung sprechen, wenn der Staat Menschen mit geringen Einkommen bestimmte Leistungen gewährt, denn dies ist fester Bestandteil des Systems der sozialen Marktwirtschaft. Der verantwortungsvolle Umgang des Staates gegenüber den Menschen sollte nicht als Almosen gewertet werden.

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Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kritisiert an dem Konzept der Lebensleistungsrente eine Benachteiligung der Ostdeutschen, die aufgrund der hiesigen Arbeitsmarktsituation die Zugangshürden zur Lebensleistungsrente nicht nehmen können. Was ist hier aus Ihrer Sicht zu tun?

Ein Teil der ostdeutschen Bevölkerung hat eine sogenannte unterbrochene Erwerbsbiografie und kommt daher nicht auf 40 Jahre Beitragszahlung. Der sächsische Ministerpräsident Tillich fordert daher, dass die Regelung zumindest übergangsweise an die Gegebenheiten der ostdeutschen Länder angepasst werden sollte. Allerdings würden vermutlich auch viele Menschen in den neuen Ländern von dieser Regelung profitieren.

Man muss sich jedoch bewusst sein, dass dies eine zusätzliche steuerfinanzierte Leistung in Milliardenhöhe wäre. Einerseits soll der Bund weniger Geld ausgeben, um die Neuverschuldung zu senken beziehungsweise um Schulden abzubauen, andererseits würde der Bund mit einer solchen Zusage über Jahrzehnte Verpflichtungen in Milliardenhöhe eingehen. Die CSU hat diesen Vorschlag meines Erachtens zu Recht ganz abgelehnt.

Vielen Dank für das Gespräch.

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