Über den Nahostkonflikt wird seit den erneut aufgeflammten Kämpfen wieder verstärkt berichtet. Dass diese Auseinandersetzung auch vor der eigenen Haustür stattfinden kann, zeigte sich am Donnerstag, dem 17. Juli. Zwei Kundgebungen befassten sich mit der Thematik. Auf dem Richard-Wagner-Platz fand eine Gaza-Solidaritätskundgebung statt, organisiert vom Arbeitskreis Nahost. Eine Gegenveranstaltung mit dem Titel "Gegen den antijüdischen Krieg und seine Unterstützer" startete dagegen um 17:00 Uhr zeitgleich am Willy-Brandt-Platz, veranstaltet vom Bündnis gegen Antisemitismus und Antizionismus Leipzig. An beiden Veranstaltungen beteiligten sich jeweils zwischen 150 und 200 Menschen.

Die Veranstalter der Gaza-Solidaritätskundgebung kritisierten die nach ihrer Wahrnehmung geringe Dichte der Berichterstattung über das palästinensische Leid und gaben Israel die Hauptschuld an der aktuellen Auseinandersetzung. “Es ist kein Krieg auf Augenhöhe”, führte ein Redner aus und bezog sich dabei auf die weit auseinander liegende Zahl von Toten auf beiden Seiten. Seit der erneuten Eskalation sind nach palästinensischen Angaben 220 Menschen gestorben und durch die Raketenangriffe auf Israel das erste Mal ein Israeli. Der Umstand des gestorbenen Israeli verleitete einige Teilnehmer zu einem verhaltenen Klatschen.

Auf der Gegendemonstration hingegen wurde kritisiert, dass der israelischen Regierung nicht vorzuwerfen sei, dass sie einen guten Zivilschutz betreibe. “Die Hamas habe ein großes Interesse an zivilen Toten”, so ein Redner und bezeichnete den Missbrauch von Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten und Menschen als Schutzschilde als Kriegsverbrechen. Man stünde auch hier “gegen den Zustand, in dem der antisemitische Mob zum politischen Alltag Deutschlands gehört”, so ein Sprecher des Bündnisses.

Beide Veranstaltungen endeten gegen circa 18:30 Uhr. Mit dem Ende der angemeldeten Gaza-Solidaritätskundgebung auf dem Richard-Wagner-Platz setzte sich eine größere Gruppe von circa 100 Personen zu einer Spontandemonstration in Bewegung. Offenbar entgegen vorher besprochener Regeln stimmte diese Gruppe Parolen wie “Kindermörder Israel” an. In einem längeren, von der Polizei herbeigeführten Stopp, fand sich ein Anmelder für die Spontandemonstration, die dann über den Neumarkt zum Schillerpark führen sollte. In Höhe Gewandgässchen zeigten sich dann die ersten Personen der Gegenkundgebung mit Israelfahnen und stimmten Sprechchöre wie “Free Gaza From Hamas” an.

Was von den Teilnehmern der Spontandemonstration mit teils stark aggressiven Reaktionen aufgenommen wurde. Es flogen vereinzelt Gegenstände in Richtung der anwesenden Gegendemonstranten und es wurde, sobald in Reichweite, nach ihnen geschlagen. Anwesende Polizeibeamte und Mitdemonstranten konnten einzelne Teilnehmer nur mit Mühe zurückhalten. Um die Lage zu beruhigen, wurden die Gegendemonstranten von der Polizei zurückgedrängt. Wenig später begegneten sich die beiden Gruppen jedoch erneut am Schillerpark. Dort fielen dann auch die letzten Hemmungen bei den Teilnehmern der Spontandemonstration.

Die Gegendemonstranten wurden als “Scheiß Juden” beschimpft. Unter großem Beifall der Gaza-Aktivisten wurde ein Gegendemonstrant aus noch unbekannten Gründen von der Polizei zu Boden gebracht und in Handschellen zur Durchsuchung abgeführt.

Gegen 19:30 Uhr zog sich die Spontandemonstration in Richtung Innenstadt wieder zurück und die Lage beruhigte sich.

Einsatzleiter Thorsten Junge sah die Arbeit der Polizei in einem guten Licht: Die Polizei sei von einem gewissen Gefahrenpotential ausgegangen. “Manche wollten nur beobachten und ihre Meinung zum Ausdruck bringen. Wann es dann provozierend wird und somit eine Gefahr darstellt, ist nicht kalkulierbar”, so Junge zu den unschönen Szenen gegen Ende der beiden Demonstrationen. Bezüglich des Zusammentreffens zwischen Spontandemonstranten und Gegendemonstranten hätten seine Beamten “sofort konsequent reagiert durch Trennen”.

Über eventuelle Straftatbestände während der Veranstaltungen konnte Junge noch keine Auskünfte geben.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar