Die Bausubstanz ist marode, das Erdreich gibt nach, Risse ziehen sich durch das gesamte Gebäude, die Sanierung ist zu teuer. So lautet das Todesurteil für die Propstei am Rosental. Am 9. Mai zieht die Gemeinde in den Neubau am Ring. Der Bau am Rosental, der einer Kirche möglichst unähnlich sein sollte, wird wahrscheinlich abgerissen. Und doch mischt sich in den Umzug Wehmut. Zeit für einen Rundgang durch einen der wenigen Kirchenneubauten der DDR - Zeit.

“Der Grundstein soll Zeugnis geben … vom Glauben der katholischen Gemeinden, die diese Kirche erhofft haben und sie mit ihren Gebeten und ihrem Glauben an den lebendigen Gott erfüllen wollen”, sagte Propst Elsner bei der Grundsteinlegung der Kirche am Rosental am 24.10.1980. Lange hatte die Gemeinde auf diesen Tag gewartet. Die alte Kirche am Ring war 1943 bei einem Luftangriff zerstört worden. Viele Jahre waren die Katholiken in evangelischen Kirchen zu Gast. Nach mehreren vergeblichen Anläufen durfte ab 1979 gebaut werden. Die Staatliche Bauakademie der DDR plante ein Gebäude, das einer Kirche möglichst nicht ähnlich sehen sollte. Viel Stahl wurde verbaut. Das trieb die Kosten und gefährdete die Statik.

Das Raumkonzept der Kirche geht auf den Berliner Bildhauer und Metallgestalter Achim Kühn zurück. Er empfahl für den Fußboden Theumaer Schiefer, der auch im Altarraum Verwendung fand. Als Rückwand sollte eine rostbraune Stahlwand dienen. Die Grundlage der Gestaltung findet sich im letzten Buch der Bibel: “Siehe das Zelt Gottes bei den Menschen, und er wird bei ihnen sein Zelt aufschlagen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird bei ihnen sein.” (Offb 21,3) Die Idee des Zeltes steht im Spannungsverhältnis zum massiven Baukörper.

Im Spalt hängt der Tabernakel. Im Zeichen des Brotes wird für die Katholiken die Erinnerung an Jesus Christus zur Gegenwart. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel

Und doch öffnet sich die 20 x 7 Meter große Rückwand hinter dem Altar wie ein Zelt. Im Lichtspalt hängt der Tabernakel. Hier wird das Brot aufbewahrt, das zuvor in der Eucharistie verwendet wurde. Am Ambo, dem Ort der Predigt und der biblischen Lesungen, begegnen sich Motive des Alten und des Neuen Testaments. Die Zehn Gebote verbinden sich mit einem Pelikan, dem nachgesagt wurde, er würde seine Kinder mit dem eigenen Blut ernähren. Diese aufopfernde Tat wird als Bild für Jesus Christus gedeutet, der für seine Botschaft bis zum Kreuz gegangen ist. Über dem Altar hängt ein Christuskreuz aus Acrylglas. Die Hände sind nicht am Kreuz befestigt, sondern nach oben geöffnet. Darin deutet sich der Glaube an die Auferstehung an. Eine segnende Hand und eine Taube am Kreuz – stehen für die Dreieinigkeit Gottes.

An zwei Seiten der Kirche geht der Blick zu einer Empore, auf der für weitere Gläubige Platz ist. Rechts vom Altar findet sich die Chorempore mit der Orgel. In der Nähe zum Altar wird die Bedeutung der Kirchenmusik in der katholischen Liturgie unterstrichen. Zum Rosental hin öffnet sich durch große Fenster der Blick zum Rosental. Im Gemeindeleben wurde diese Nähe zum Park vielfach dankbar aufgegriffen. Kinder und Jugendliche nutzten Blätter und Äste zum Basteln. An Fronleichnam versammelten sich die Katholiken auf der Wiese. Taufen, Hochzeiten und andere liturgische Höhepunkten sorgen dafür, dass die Kirche, die im Mai verlassen wird, in der Erinnerung vieler in der Gemeinde erhalten bleibt.

Da das Gebäude wohl abgerissen wird, hier noch ein paar Impressionen

Blick aus den Bankreihen zum Altarraum. Im Tageslicht wird die Faltenstruktur der Wand deutlich. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Blick aus den Bankreihen zum Altarraum. Im Tageslicht wird die Faltenstruktur der Wand deutlich. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Neben den 10 Geboten zeigt der Ambo einen Pelikan, Symbol für Jesus Christus. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Neben den 10 Geboten zeigt der Ambo einen Pelikan, Symbol für Jesus Christus. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Blick auf die Orgel, die 10 Jahre nach dem Bau der Kirche eingefügt werden konnte. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Blick auf die Orgel, die 10 Jahre nach dem Bau der Kirche eingefügt werden konnte. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
So sehen Ministranten, Lektoren, Kommunionhelfer  und Priester die Kirche. Blick in die Bankreihen und zur Empore. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
So sehen Ministranten, Lektoren, Kommunionhelfer und Priester die Kirche. Blick in die Bankreihen und zur Empore. Hinten rechts findet sich die Tageskapelle. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Die Marienstatue rechts vom Altar stand bereits in der alten Kirche am Ring. Nun wird sie wieder mit der Gemeinde mitziehen. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Die Marienstatue rechts vom Altar stand bereits in der alten Kirche am Ring. Nun wird sie wieder mit der Gemeinde mitziehen. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel

 

Die Tageskapelle im hinteren Teil der Kirche kann durch eine Glaswand vom Hauptraum abgetrennt werden. Der Holzaltar stand einst in der Paulinerkirche. Er soll in die neue Propstei am Ring mitgenommen werden.  Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Die Tageskapelle im hinteren Teil der Kirche kann durch eine Glaswand vom Hauptraum abgetrennt werden. Der Holzaltar stand einst in der Paulinerkirche. Er soll in die neue Propstei am Ring mitgenommen werden. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Detail aus der Bronzetür: Die Hofkirche in Dresden, Hauptkirche des Bistums Dresden-Meißen, zu dem auch die Leipziger Propstei gehört.
Detail aus der Bronzetür: Die Hofkirche in Dresden, Hauptkirche des Bistums Dresden-Meißen, zu dem auch die Leipziger Propstei gehört. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Die Garagen bunt bemalt.  So setzt die Jugend der Propstei eigene Akzente. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel
Die Garagen bunt bemalt. So setzt die Jugend der Propstei eigene Akzente. Foto: Ernst-Ulrich Kneitschel

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