Im Sommer sind auch mal andere Dinge wichtig. Da soll ausgeruht werden und wenn's schön ist dürfen ein paar Gedanken freigelassen werden zum Selbst und zum Morgen der Welt. Deshalb fragt Tanner Menschen nach ihrer Eigensicht und bringt diese dazu innezuhalten und darüber nachzudenken. Heute: Die Sängerin der Dark-Industrial-Band Grausame Töchter, Frau Aranea Peel.

Wohin fahre ich dieses Jahr in den Urlaub?

In Kürze fahre ich einige Tage nach Gent und Brügge in Belgien. Das sind Orte, die auf seltsame Weise eine zugleich sehr fremde und sehr vertraute Aura auf mich ausstrahlen. Das ideale Wetter wäre dann heiß, dunkel bewölkt, Gewitter und kurze heftige Regenschauer. Am besten ist es da, wenn es menschenleer ist.

Welches ist mein Traumort und warum?

Sintra in Portugal reizt mich sehr. Ich werde da auch in den nächsten Monaten mal sein und hoffe, dass es tatsächlich so beeindruckend ist, wie es scheint. Ansonsten finde ich die Gegend bei Hammerfest sehr bezaubernd: Steine, Kiefern, Weite, unglaubliches Licht am Himmel und der Blick aufs Polarmeer. Es ist, als würde man in die eigene Zukunft und in die Ewigkeit schauen.

Welches Buch liegt derzeit auf meinem Nachttisch und warum? Und um was geht es darinnen?

Es liegt da immer “Also sprach Zarathustra” von Nietzsche. Ich habe es schon mehrfach gelesen, sehe vorm Schlafen meist noch rein und finde da immer wieder noch mehr. Ansonsten lese ich gerade Theaterstücke von Thomas Bernhard, die mich sehr begeistern. “Über allen Gipfeln ist Ruh” war gestern dran.

Wenn ich die Möglichkeit hätte, diese Welt gut zu machen, vielleicht sogar zu heilen – und ich würde es auch machen wollen, wie sähe diese Welt ab morgen aus?

Ich würde Natur und Tiere schützen und vor den Menschen bewahren. Dann würde ich mir einen Stuhl nehmen, mich setzen und die Menschen beobachten, wie sie begehren, schreien, spucken, lieben, streiten, weinen und sich die Köpfe einschlagen und mir die Frage stellen: Gibt es Gut und Böse? Oder gar Richtig und Falsch? Und irgendwie würde ich sie doch alle lieben, so wie sie sind.

An was glaube ich oder an wen und warum?

An Lust und Tod. An die Gefühle, an die wir ausgeliefert sind und an das Rationale, das wir weder begreifen noch wahrhaben wollen.

Was mag ich an mir und was mag ich nicht an mir? Und warum natürlich!

Ich finde alles gut, bis auf nicht zu beeinflussende Schlechte-Laune-Attacken, die immer mal kommen und während derer mir die gequälten und gepeinigten Mitmenschen leid tun.

Wenn ich mich an meinen letzten Traum erinnere, welche Geschichte war das?

Der letzte war öde, der vorletzte war besser: Ich war zusammen mit bizarren Tiefsee-Wesen kilometertief am Grunde des Ozeans. Irgendweswegen waren das meine Freunde. Einer von ihnen knipste Licht an und dann haben wir zusammen an einem großen Tisch irgendwelche Wesen “von oben” als Festmahl verspeist. Das Mahl ging über in eine ekstatische Party. Plötzlich war es leider vorbei.

Gibt es ein Motto, nach dem ich mein Leben gestalte? Und wenn ja, welches ist das und warum?

Wenn man mit Emotion und Verstand lebt, mit sich und anderen im Reinen ist, genießen und denken kann, fest und aufgeschlossen ist – dann braucht man kein Motto und keinen Sinnspruch als Geländer im Dunkeln.

Was macht mich traurig?

Dass die Kultur so oberflächlich und substanzlos ist und entweder nur kommerziell oder nur intellektuell begriffen wird. Das war im Laufe der Weltgeschichte schon mal besser.

Wann und in welchem Zusammenhang hat sich in letzter Zeit mein Mitgefühl geregt?

Ich versuche immer mitzufühlen, wenn ich auf irgendeine Weise mit Menschen zu tun habe. Das klappt auch ganz gut. Mitleid hingegen nützt oft wenig.

Was wollte ich schon immer einmal sagen? Aber es passte nie so wirklich – doch, da die Frage ja jetzt hier gestellt wurde, nehme ich die Chance beim Schopfe und sage es allen einfach mal:

Liebt auch das Hässliche!

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