Zum ersten Mal seit mehreren Monaten erlebt Leipzig aller Voraussicht nach eine Woche ohne rassistische Demonstration. Entgegen anderslautender Spekulationen verzichtet Legida morgen Abend wohl auf eine Ersatzveranstaltung für die am Montag ausgefallene Kundgebung. Wie es in den kommenden Wochen weitergeht, ist derzeit unklar.

Bereits Anfang des Monats hatte das Ordnungsamt darüber informiert, dass die im Zeitraum vom 30. November bis 21. Dezember geplanten Kundgebungen nicht auf dem Refugees-Welcome-Platz stattfinden dürfen. „Weihnachtsgeschäft, Weihnachtsmarkt, Tourismus in der Weihnachtszeit und der stark frequentierte ÖPNV in diesen Wochen sollen möglichst unbeeinträchtigt bleiben“, hieß es in einer Pressemitteilung der Behörde. Als alternativer Versammlungsort sei der Bayrische Platz beschieden worden.

Gegen diese Entscheidung regte sich Widerstand. Zum Abschluss der jüngsten Legida-Demo hatte Orgachef Markus Johnke einen Verbleib auf dem Refugees-Welcome-Platz in Aussicht gestellt: „Bis jetzt sieht es so aus, dass wir hier sind, aber eine andere Route laufen.“ Daraus wurde jedoch nichts. Das Verwaltungsgericht Leipzig bestätigte die Entscheidung des Ordnungsamtes.

Anstatt vor das Oberverwaltungsgericht Bautzen zu ziehen, veröffentlichte Johnke daraufhin auf der Facebookseite von Legida ein Video: „Wir sind auf dem Weihnachtsmarkt und trinken mit euch zusammen einen Glühwein.“ Dieser Einladung kamen etwa zwei Dutzend Personen nach.

Etwa 150 Legida-Gegner versammelten sich vor der Moritzbastei. Foto: Alexander Böhm
Etwa 150 Legida-Gegner versammelten sich vor der Moritzbastei. Foto: Alexander Böhm

Parallel dazu veranstaltete „Leipzig nimmt Platz“ wie angekündigt seine Gegenkundgebung vor der Moritzbastei. Bei regnerischem Wetter lauschten etwa 150 Personen einem Beitrag der Initiative „Leipziger Platzname“, die sich für eine Umbenennung des Richard-Wagner-Platzes in Refugees-Welcome-Platz einsetzt. Anschließend ergriff Grünen-Bundesvorsitzender Cem Özdemir das Wort. Er hatte kurz zuvor nochmals betätigt, trotz Demoabsage von Legida zu erscheinen.

Genau wie Johnke und die Legida-Anhänger verbrachten Özdemir und die anderen Legida-Gegner den Abend mit Glühweintrinken auf dem Weihnachtsmarkt. Die Polizei war sowohl in der Innenstadt als auch am Himmel hör- und sichtbar vertreten. Zwischenfälle wurden nicht bekannt.

Ob Legida in den glasierten Apfel beißt und an den kommenden Montagen mit dem Bayerischen Platz Vorlieb nimmt, bleibt abzuwarten. Sowohl Ordnungsamt als auch Verwaltungsgericht Leipzig untersagen während des Weihnachtsmarktes Demonstrationen auf dem Refugees-Welcome-Platz. Möglich wäre noch ein Gang vor das Oberverwaltungsgericht Bautzen.

Zumindest südlich von Leipzig versammeln sich jedoch auch in dieser Woche Rassisten in der Öffentlichkeit. Die Alternative für Deutschland plant für Mittwochabend, 19 Uhr, eine Kundgebung auf dem Rathausplatz in Markkleeberg, also dort, wo im Oktober bereits die „Offensive für Deutschland“ demonstrierte.

Montagabend. Keine Spur von Legida auf dem Refugees-Welcome-Platz:

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