Legida darf zurück auf den Richard-Wagner-Platz. Für einige Gegenveranstaltungen bedeutet dies starke Einschränkungen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat Klage am Verwaltungsgericht eingereicht. Ein interreligiöses Fest wurde abgesagt. Zudem sieht sich ein Student, der im Hauptbahnhof protestieren wollte, mit einer einstweiligen Verfügung konfrontiert.

+++ 23:30 Uhr: Legida ist zu Ende und nun – again, again, again? +++

16 Uhr war Start, jetzt ist es 23 Uhr. Zwei L-IZ – Reporter vor Ort sind nun auch langsam zu Hause angekommen. Die heute vermutlich nicht einmal 200 Teilnehmer bei Legida (siehe Video) sind wie gewohnt in der Unterführung und Richtung Bahnhof verschwunden, die Polizeibeamten packten ihren Kram zusammen und haben hoffentlich endlich auch mal Feierabend. Zum Glück für alle Beteiligten gab es heute nichts Nennenswertes in Sachen Gewalt zu berichten – so jedenfalls der vorläufige Polizeibericht vom 4. Juli 2016 in Leipzig.

Unter den Legida-Demonstranten war heute mal wieder die Identitäre Bewegung, anfangs mit zu langen Fahnenstangen, welche – übernommen aus Frankreich – für die Reinhaltung der Rassen kämpft. Nein natürlich nicht so, sie sprechen wieder von Kultur und verschiedenen Völkern. Aber sie meinen genau das. Noch nichts wirklich von der Welt gesehen, vielleicht noch nie wirklich geliebt, aber „Volksverräter“ rufen und von der Reinheit der Abstammung träumen.

„Die Rechte“ ist ebenfalls wieder mitmarschiert, erneut hat wohl ein bereits bekannter Teilnehmer den „Kühnengruß“ in Abwandlung eines Hitlergrußes gezeigt. Sieht zumindest die Polizei so, die ihn erstmal an den Mannschaftswagen bat. Alles auf eine seltsame Art „normal“ geworden, Legida-Alltag in Leipzig.

Gegen Ende dann noch ein „Sonnenrad“ auf einem T-Shirt, etwas, was man auf politischen Veranstaltungen auch nicht tragen darf, ja vielleicht auch einfach nicht sollte, will man beim Thema Anstand mitreden. Immerhin hat es Heinrich Himmler für seine bekanntermaßen freundliche SS einst in den Saal-Boden der Wewelsburg eingelassen, die Burg selbst wurde von den Nazis aufwendig unter Mitarbeit extra herbeigekarrter KZ-Insassen zu einer Art „SS-Ordensort“ verwandelt.

Ein "Sonnenrad" ist nicht schlimm. Foto: L-IZ.de
Ein „Sonnenrad“ ist nicht schlimm. Foto: L-IZ.de

Vielleicht denkt der Träger des Sonnenrades (ja, das Bild ist auch in hoher Auflösung verfügbar) noch mal darüber nach oder schaut die eigene Ahnenreihe rückwärts? Es geht nicht um „Schuldkult“, es ist eine Frage des Respekts vor dem Leben anderer und ihrer Nachkommen, welcher sich in diesen „Kleinigkeiten“ spiegelt.

Und eine junge Frau namens Ester Seitz (unter anderem verantwortlich für die Widerstand Ost/West-Demo im vergangenen Jahr in Frankfurt) gab es noch, die für unseren Fotografen eifrig im „Merkel muss weg“-T-Shirt posierte. Trotzig, fast ein wenig triumphierend ob ihres angeblichen Mutes gegen Eliten, deren Vertreter zwar jahrelang auf vermeintlich linke Vorschläge nichts geben, aber umgehend reagieren, wenn der Druck von rechts kommt. Was danach besser würde, haben wir sie nicht gefragt: Es ist sinnlos, mit Menschen in Kontakt treten zu wollen, die sich die Welt so scheibenförmig gemalt haben. Und mit solchen Parolen indirekt längst wieder fest an Führerschaften glauben, die sie letztlich nur durch neue Führer ersetzen wollen.

Gesamt waren es also wenigstens drei Mal sechs Stunden unserer Lebenszeit, welche wir heute erneut mit Legida verbrachten.

Wofür? Verschwendete Zeit vielleicht, gefüllt mit den Reden einer Frau und eines Mannes, die nach Bulgarien fuhren, um im Wald im Müll von Flüchtlingen zu wühlen und im Netz zu posten, was sie gerade Gefährliches und Wichtiges tun. Eine Posse ohnegleichen: Die Grenze schützen gehen, damit der muslimische Sturm Europa nicht begrabe, weil trotz aller angelaufener staatlicher Abschottung täglich tausend Menschen natürlich illegal über die Grenzen kommen. Die anderen Wege hat man ihnen längst genommen und von einem Ende der Kriege war noch ebenso wenig zu hören, wie vom jahrelangen Kampf Tatjana Festerlings und Edwin Wagenveld für mehr Frieden zwischen den Menschen.

Einfach gedacht und sehr stolz darauf. Foto: L-IZ.de
Einfach gedacht und sehr stolz darauf. Foto: L-IZ.de

Bei Legida standen heute wieder Menschen auf der Bühne, denen das ohnehin rigide Grenzregime Europas von Frontex und Co. noch nicht brutal genug ist. Menschen, die in ihrem ganzen Leben wenig dafür getan haben, dass der Frieden mehr und die bewaffneten Konflikte weniger werden. Oder gar einen konstruktiven Vorschlag hätten, wie man das Leben besser gestalten könne. Menschen, die lieber Schreckschusspistolen und anderes Schusswerkzeug über holländische Internetshops an ihre Mitmenschen verkaufen, statt sich ernsthaft für Entmilitarisierung und Dialog einzusetzen.

Und vor der Bühne so manch junger Kerl, bei dem man das Zeug aus Edwins Shop dann bei der nächsten Polizeirazzia finden könnte. Ed hat seinen Schnitt schon gemacht und kann sich die heute – von ihm beschriebene, selbst bezahlte – Rundreise in Europa locker leisten.

Mit Angstszenarien spielt man nun seit gut zwei Jahren mit Menschen und mit Größenordnungen, die diese meist nicht verstehen. Eine Zahl wäre demnach: 365.000 Flüchtlinge im Jahr (bis die Kriege aufhören) zu 508 Millionen aktuellen Europäern. Bis zum „Gleichstand“ ohne Reproduktionsrate sind das rund 1.392 Jahre von heute an. Rund 20 Generationen, in denen wir also weiterhin Krieg, Elend und Verfolgung zuschauen werden und vergessen, wie viele von uns selbst ihr neues Leben in anderen Ländern suchen.

19:40 Uhr: Tatjana Feisterling erzählt von Militärtraining im Wald im Tarnfleck. Foto: L-IZ.de
19:40 Uhr: Tatjana Festerling erzählt von Militärtraining im Wald im Tarnfleck. Foto: L-IZ.de

So tut man bei Legida so, als ob alle dabei zuschauen würden, wie das mittelalterlich verbrämte Abendland untergeht. Während man selbst die Mistgabel in der Hand hat und am Grab der vielleicht letzten wirklich wichtigen Werte wie Humanität, Solidarität und kulturelles Miteinander schaufelt. Die, welche eben dies zu verteidigen suchen, nennt man freundlich „Gutmenschen“ und unfreundlich „die neue SA“ oder eben irgendwie „links-grün-versifft“. Humanität ist auch heute auf dem Richard-Wagner-Platz wieder als irgendwie abartig und dreckig bezeichnet worden. Noch vor den Lösungen kommt wieder einmal das Feindbild.

Manchmal kann man verstehen, dass da einige wütend werden – aber auch dieser Zorn ist keine Lösung, denn er richtet sich letztlich gegen die Falschen.

Edwin Wagenveld, Military-Händler aus Holland, macht den zweiten Redner und stellt klar: Es organisieren noch die Gleichen bei Legida. Foto: L-IZ.de
Edwin Wagenveld, Military-Händler aus Holland, macht den zweiten Redner und stellt klar: Es organisieren noch die Gleichen bei Legida. Foto: L-IZ.de

Denn wenn es zur Eskalation kommt, wie nun beim Brexit zu sehen, machen sich eben diese Populisten – ganz gleich ob elitär studiert oder aus den Kneipen ihrer Länder hervorgegangen – vom Acker. Dann waren sie gar nicht dabei und haben nur das Beste gewollt, rufen nochmals kurz „törö“ und verlassen eilig den Porzellanladen des menschlichen Miteinanders.

Es sind eitle, größenwahnsinnige Menschen, die mit dem Finger auf andere zeigen und „Lügenpresse“, „Eurokraten“ oder eben „Volksverräter“ schreien. Sie scheinen wirklich nur eins zu wissen: Mir soll es besser gehen. Erbärmliche Menschen auch, weil es tatsächlich so viel zu tun gebe, um dieses Land und dieses Europa besser zu machen, statt zu spalten, zu teilen und nach Glaube, Rasse und Herkunft zu trennen. Wer dies nicht will, wird auch gern als naiv bezeichnet. Oder irgendwie anders abgewertet, wenn er fragt: Aber man könnte doch … . Der Ruf „Ich, ich, ich“ ist die kleine Schwester der großen Gier Mächtiger und längst wieder richtig salonfähig geworden. Dahinter lauert wie immer der Verteilungskampf mit Haken und Ösen.

So gesehen sind Legida und Pegida Erscheinungen, die wir uns wohl alle lang verdient haben. Nur ein Phänomen für eine tiefer werdende Spaltung der Gesellschaft in „oben“ und „unten“, in unzufrieden und reich. Was „reich“ wirklich bedeutet, scheinen wir langsam auch zu vergessen – reich an Erfahrungen, Leben und Liebe – es wird immer weniger wert.

Und wir stehen mit ihnen auf der Straße herum und fragen uns manchmal ehrlich: Was hätte man mit der ganzen schönen Zeit anfangen können? Vielleicht mal wieder ein gutes Buch oder Gespräch mit Freunden? Ein Abend im Kino oder eine laue Sommernacht auf irgendeinem Freisitz oder Kurzurlaub auf Balkonien?

Die Identitären - mal wieder mit zu langen Stangen unterwegs. Im Hintergrund eine attraktive Frau. Foto: L-IZ.de
Die Identitären – mal wieder mit zu langen Stangen unterwegs. Im Hintergrund eine attraktive Frau. Foto: L-IZ.de

Oder eben etwas wirklich Wichtiges berichten, etwas, das die Dinge besser macht, konstruktiv ist und nicht zerstörend?

Es ist Sommer. Und manche haben nichts Anderes zu tun, als Monat für Monat, Montag für Montag Menschen aufeinanderzuhetzen und allen und jedem die Schuld zu geben. Tatjana Festerlings Redebeitrag war schon fast Folklore, so sehr könnte man sich an die menschenverachtende Sprache gewöhnen und den Duktus als normal empfinden, der von der Legida-Bühne dröhnt.

Hart anderen gegenüber, fast weinerlich, wenn es um die eigenen Belange geht. Wo sind eigentlich die Zeiten geblieben, wo man sich verständigen konnte, debattieren und gemeinsam eine Lösung finden? Wo sind die Zeiten geblieben, wo die Angst nicht so geschürt wurde und grassierte.

Dieser Angst ist mit Humor nicht beizukommen, mit Argumenten auch nicht. Mit Bildung vielleicht, lebenslanges Lernen in jedem Fall. Doch das alles ist in Sachsen und Deutschland ein unterfinanziertes Gut geworden. Es gibt so Vieles anzupacken. Und doch sind wir nach jedem solchen Montag erst einmal damit beschäftigt, nicht abzustumpfen und die eigene Fassungslosigkeit angesichts durchaus gefährlicher Schwarz-Weiß-Bilder bei Legida wieder herunterzufahren.

Wir haben fertig für heute. Und hoffen auf ein wenig mehr Ruhe, Gelassenheit und Klarsicht.

+++ 20:55 Uhr: Video-Durchlauf von LEGIDA +++

Na dann. Spannender wird’s irgendwie seit Monaten in den Aussagen nicht mehr. „Lügenpresse“, wenn eine Kamera in der Nähe ist und „Volksverräter“ ein paar Schritte später. Kann man sich aber auch mal selbst anschauen, während Legida einmal kurz vor der Gottschedstraße/Thomaskirche vorbeispaziert.

+++ Macht der Livestream heut ein „Huh!“? +++

Noch ist Stille an der Propagandafront, aber sicher geht’s gleich los. Hier ist schon mal der Livestream – heute machen wir mal wieder ein bisschen „Legida-PR“. Beim letzten Mal hatten wir den Stream nicht eingebunden, woraufhin die Zuschauerzahlen für Legida auf Youtube einbrachen. Das tat uns sehr leid, so bekamen gerade mal noch 300 Zuschauer mit, was in Leipzig Wichtiges auf der Bühne verkündet wurde.

Heute wollen wir das wiedergutmachen und mit ein bisschen Fernkommunikation für eine heitere Zeit im Netz sorgen. Wenn wir schon nicht am See liegen oder mal im Park entspannt spazieren gehen können, wie so viele andere, wollen wir wenigstens auch ein bisschen Spaß haben. Hier ist er also, natürlich hat Legida wieder Verspätung. Unsere Bemerkungen finden sich wie gewohnt unterhalb des Videos.

Nachtrag: Huh! hat’s gemacht und dann nahm der Legida-Livestream leider den isländischen Weg und schied aus.

 

+++ 20:50 Uhr: Pappe zu klein? +++

Da fehlt doch was? Die Extremismusdefinition bei Legida ist heute spannend. Und irgendwie auch verwirrend. Die richtigen haben offenbar nicht mehr draufgepasst, die NPD, AfD und „Die Rechte“ fehlen bei den „extremistischen Parteien“ auf dem Schild. Aber das haben wir nur wieder falsch verstanden – die Pappe war sicher zu klein.

+++ 20:34 Uhr: Auf geht’s zum Neuen Rathaus +++

Der Stream bleibt tot – berichten wir halt, was vor Ort noch so passiert. Aufstellung nehmen und ab zum Marsch auf das Neue Rathaus (und wieder zurück). Oft geübt, klappt alles sehr gut, auch die heutige Revolution scheint reibungslos zu verlaufen. Unter den Teilnehmern wie gewohnt Alt und Jung, Identitäre, Mitglieder der Partei „Die Rechte“ und ein Thügida-Banner wurde auch gesichtet. Der immer gleiche Kern macht sich nun auf den Weg über den Ring (an der Thomaskirche schön leise sein) und schwenkt Fahnen (Winkelemente) und Spruchbänder gegen die Vermischung der Kulturen.

Es wird bei eingeläutetem Sonnenuntergang ganz großartig werden.

Ein geübtes Ritual: Aufstellung nehmen und dann Marsch, Marsch zum Neuen Rathaus. Foto: L-IZ.de
Ein geübtes Ritual: Aufstellung nehmen und dann Marsch, Marsch zum Neuen Rathaus. Foto: L-IZ.de

+++ 20:28 Uhr: Ein paar Nickligkeiten … +++

Versucht haben sie es jedenfalls. Die Teilnehmer der Gegendemonstration vor dem Naturkundemuseum versuchen vor Ort das Ordnungamt darauf hinzuweisen, dass die Legida-Veranstaltung zu laut sei und ihre Proteste störe. Einmal aufeinander aufmerksam geworden, kümmert sich daraufhin die Polizei erst einmal um ein paar Vermummte in den Reihen von NoLegida, welche auf Aufforderung hin nun wieder Gesicht zeigen. Es läuft alles friedlich, nur der Livestream ist und bleibt aus. Vor Ort gibt es noch keine Informationen dazu, warum.

Der "Lange aus Roßwein" hat keinen Bock auf Polizeipräsidenten Bernd Merbitz. Direkt nach der total witzigen Polizeipräsidentenparodie fiel der Livestream aus. Wir vermuten die die Geheimdienste und starke Störsender haben die Übertragung zum Erliegen gebracht. Foto: L-IZ.de
Der „Lange aus Roßwein“ hat keinen Bock auf Polizeipräsidenten Bernd Merbitz. Direkt nach der total witzigen Polizeipräsidentenparodie fiel der Livestream aus. Wir vermuten, die Geheimdienste und starke Störsender haben die Übertragung zum Erliegen gebracht. Foto: L-IZ.de

+++ 20 Uhr: Mit dem Widerstand ins Bett gehen +++

Edwin Wagenveld hat heute viel dazu zu erzählen, wie er sich den Widerstand durch Legida und Pegida vorstellt. Nachdem bei Pegida erneut ein Führungskampf ausgebrochen war und für Tatjana Festerling schlecht ausging und für Lutz Bachmann als einzige Führungsfigur in Dresden endete, scheint er hier die Anti-Islam-Bewegung kitten zu wollen. „Gesicht zeigen“ sei wichtig – für die neue Souveränität, gegen andere Kulturen und für Land und Volk. Dann folgt noch ein Hammergag: Führunsgfiguren seien bei Legida und Pegida nicht so wichtig. Jeder sei wichtig – angesichts der 250 Legida-Teilnehmer kann man das wohl unterschreiben.

Mit dem Widerstand gehe man ins Bett, Stolz aufs eigene Land sei wichtig und prompt kommt Fußball als Zeichen deutscher Stärke bei den Spielen gegen Holland. Die derzeitige Rolle Mezut Özils ordnet Ed heute hingehen eher nicht ein. Hurra-Patriotismus, Anti-Islam-Aufrufe und Widerstandkampf fröhlich vereint bei Legida. Folgt auch schon „der Lange aus Roßwein“, der wieder mal nur ein Thema kennt: Leipzigs Polizeipräsident Bernd Merbitz.

Und prompt fällt der Legida-Livestream aus. Dabei hatten wir ihn gerade auf knapp 600 Zuschauer hochgejazzt! Wir melden uns gleich wieder.

Edwin Wagenveld macht den zweiten Redner und stellt klar: Es organisieren noch die Gleichen bei Legida. Foto: L-IZ.de
Edwin Wagenveld macht den zweiten Redner und stellt klar: Es organisieren noch die Gleichen bei Legida. Foto: L-IZ.de

+++ 19:40 Uhr: Der Vladimir ist ein lieber Mann +++

Tatjana Festerling hat ihn in Bulgarien besucht. Vladimir Rusev patroulliert an der Grenze, ist glühender Verfechter der „Festung Europa“ und verteidigt mutig (aber waffenlos), gemeinsam mit „Buchhaltern und Ex-Militärs“ Europa. Und ist ein freundlicher Mann, der „militärische Erfahrung“ hat. Bei ihrem Rundgang haben die „Grenztruppen“ Müll beräumt, Red-Bull-Dosen gefunden und so die Spuren illegaler Grenzübertrittler verfolgt. Gesehen hat sie offenbar keine. Aber sie überrollen Europa, hier mit Hilfe der „türkischen Schleppermafia“, darunter ganz viele „IS-Kämpfer“, so Festerling.

19:40 Uhr: Tatjana Feisterling erzählt von Militärtraining im Wald. Foto: L-IZ.de
19:40 Uhr: Tatjana Feisterling erzählt von Militärtraining im Wald. Foto: L-IZ.de

Nur logisch, dass Tatjana Festerling dazu aufruft, die angeblich unbewaffneten Männer im Wald zu unterstützen. Sozusagen Urlaub in Uniform machen und Flüchtlinge jagen. Spannend. Drogen finden sich da auch immer in den „eilig zurückgelassenen Lagern“ – Roh-Opium laut Festerling. Warum die das liegen lassen – sofern es stimmt – bleibt offen. Komisch eigentlich, irgendwie liegt ja der Verdacht nahe, dass die Drogen eine Art Start in Europa ermöglichen könnten. Nicht schön – aber liegen lassen? Nun ja, Edwin hat jetzt auch noch aus den Ländern und Grenzen zu erläutern. Zuerst teilt er erst einmal wieder in „richtige“ (und damit logisch auch falsche) Flüchtlinge ein. Woran er das erkennt? Man weiß es nicht, wichtig ist aber, dass die Verdächtigungen nicht aufhören.

Sonst hätte ja keiner mehr so viel Angst vor den „Eroberern“ …

+++ 19:36 Uhr: Warum stellt die Deutsche Wirtschaft keine Flüchtlinge ein? +++

Für die Rednerin ist es klar. Sie lügen einfach, tun nur so, als ob sie Arbeitnehmer suchten und stellten ja dennoch keine ein – die Füchtlinge sind einfach zu ungebildet. Schön, dass man das ändern kann. Also gilt weiterhin Bildung, Bildung, Bildung (für alle) und natürlich auch der eine oder andere Abbau von Zugangsmöglichkeiten und Beschleunigung der Verfahren für Ausländer auf dem deutschen Arbeitsmarkt.

+++ 19:23 Uhr: Der Livestream beginnt, Chips stehen bereit +++

Legida sendet, endlich. Was haben wir das vermisst. Nach der Verlesung der Demonstrationsauflagen geht’s gleich los. Chips (vegan natürlich bei all der sitzenden Tätigkeit) stehen bereit, die Kollegen auf der Straße haben die Fotoapparate poliert. Es ist Showtime.

„Wir kommen als erstes zu Tatjana.“ Und natürlich berichtet sie nun von ihren Erlebnissen im Wald. Aber erst einmal fragt sie, ob ein FAZ-Journalist namens Locke vor Ort wäre. Denn der habe etwas dagegen, dass Bürger in Bulgarien die Grenze verteidigen. Böser Journalist, gute, mutige Tatjana, richtig so! Jetzt ist noch ein anderer Journalist der FAZ dran. Wir konnten uns jetzt nicht erinnern, dass die Frankfurter besonders liberal wären, aber offenbar hat der nun wieder geschrieben, dass Migranten und Flüchtlinge in Deutschland ja auch nützlich wären und arbeiten würden.

Das macht ihn zur „Maulhure“ der Wirtschaft, findet Frau Festerling, denn die würde ja sonst die Anzeigenbudgets zusammenstreichen, wenn die Presse nicht schriebe, was die hören und lesen wollen. Irgendwas müssen wir hier falsch machen – morgen gleich mal bei der FAZ anrufen, wie man das hinbekommt, an die fetten Werbetöpfe zu kommen …

Irgendwie enttäuschend – Tatjana drischt auf der Presse herum, aber keine Urlaubserinnerungen aus Bulgarien, Ungarn, ja wo nun eigentlich?

+++ 19:07 Uhr: Während es noch still ist im Stream +++

Hier einfach mal die ersten Bilder.

+++ 18:30 Uhr: Aus dem Wald auf die Bühne +++

Während in der Luft wieder das knatternde Helikoptergeräusch von fliegendem Steuergeld kündet und sich offenbar die Legida-Anhänger erneut am Hauptbahnhof versammeln und direkt davor vom ersten Gegenprotest begrüßt werden, hat sich unter den Gegendemonstranten auch Anton Hofreiter (Bundesvorstand Bündnis 90/Die Grünen) bei Leipzig nimmt Platz am Augustusplatz eingefunden. Dies dürfte auch die Vorfreude auf Seiten der Legida-Teilnehmer steigern – hier gelten Linke und Grüne als die Hauptfeinde – natürlich neben Muslimen, „Gutmenschen“ und bei so manchem auch der Ausländer an sich.

Apropos Ausländer. Seit dem 3. Juli geht eine Meldung samt Bilder im Netz herum, die beiden neuen Legida-Chefs Tatjana Festerling und Edwin Wagenveld hätten sich unter die paramilitärischen Grenzschützer in Bulgarien begeben. Jeder macht eben Urlaub, wie er mag, die Presse berichtet jedenfalls bereits eifrig über die neue Rolle der PR-Frau Festerling und dem Schreckschusswaffenhändler Wagenveld. Von ihrem Kurztripp im Tarnfleck, den erlebten Abenteuern beim Grenzschutz in einer Bürgerwehr und vielleicht auch vom Leben und Pilze sammeln im Wald werden beide heute sicher wärmstens berichten.

Die L-IZ bindet ab 19 Uhr wieder den Livestream ein und kommentiert das eine oder andere Wort auf der Bühne live.

+++ 17:45 Uhr: Verhandlungen in Sachen Kostennote für den Studenten Marcus R. +++

Es geht gerade mächtig Hin und Her hinter den Kulissen. Die ECE Gruppe versucht nun, ihre Sicht der Dinge darzulegen (siehe auch Artikel auf der L-IZ). Sicher auch in dem Wissen, wie es öffentlich aussieht, wenn die Bilder aus dem Hauptbahnhof in den letzten Monaten immer wieder zeigten, dass sich vor dem McDonalds auf dem Bahnsteig Legida-Anhänger trafen, um gemeinsam zum Richard-Wagner-Platz zu ziehen. Nun geht es offenbar darum, die Sache freundlicher zu lösen, obwohl man noch nichts Näheres sagen möchte. Dennoch, so ECE-Sprecher Christian Stamerjohanns, sei der reichlich hohe Streitwert von 100.000 Euro und die sich daraus ergebende Kostennote vom Gericht festgelegt worden.

Aufruf Legida vom 4. Juli 2016 auf Facebook. Screen Facebook/Legida
Aufruf Legida vom 4. Juli 2016 auf Facebook. Screen Facebook/Legida

Dabei hätten auch die „möglichen wirtschaftlichen Schäden bei Durchführung der Gegendemonstration“ ebenso eine Rolle gespielt, wie „Sach- und Personenschäden, die die Centereigentümerin und die ECE zu tragen haben würden“. Diese könnten „bei krawallartigen Auseinandersetzungen schnell in sechsstellige Größenordnungen geraten“, so der Firmensprecher. Bei Legida auf der Facebookseite steht unterdessen für den heutigen Tag wieder einmal der offizielle Aufruf zu einer Art Vorversammlung zu lesen, bei der man sich seitens ECE offenbar ungestört sieht: „Geschlossene Anreise: Treffpunkt Hauptbahnhof (Westhalle) vor MC Donalds 18:30 Uhr, 18:45 Uhr geschlossen zum Richard Wagner Platz (gesichert)“.

Auf Nachfrage zu den Kosten, welche aktuell dem Studenten Marcus R. in Höhe von 5.500 Euro für eine Veranstaltungsanmeldung ins Haus stehen könnten, teilt Stamerjohanns mit: „Bezüglich der Kosten sind wohl die Anwälte beider Seiten noch im Dialog, so dass wir hier das laufende Verfahren derzeit nicht kommentieren können.“

+++ 16 Uhr: Ein langes Vorgeplänkel und das Ordnungsamt in der Kritik +++

Eigentlich sollte es heute Abend um den Protest gegen Legida gehen. Knapp zehn Kundgebungen wurden zu diesem Zweck angemeldet. So engagiert wie derzeit wirkte die No-Legida-Fraktion schon lange nicht mehr. Doch diese Anstrengungen haben in den vergangenen Tagen gleich mehrere Dämpfer erhalten. Verantwortlich dafür: das Ordnungsamt.

Am Samstag wendete sich das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ (LNP) an die Öffentlichkeit. Anders als im Vormonat hat die Versammlungsbehörde einen Aufzug über den nahezu kompletten Innenstadtring abgelehnt. Stattdessen führt die Route lediglich vom Augustusplatz zum südöstlichen Richard-Wagner-Platz. Legida darf – nachdem es im Juni zum Nordplatz laufen musste – wieder die gewohnte Strecke vom Richard-Wagner-Platz zum Neuen Rathaus nehmen.

„Damit sind die zahlenmäßig deutlich überlegenen und von den Einwohnern der Stadt getragenen Kundgebungen massiv beschränkt, während Menschenfeinde ungestört demonstrieren dürfen“, beklagt Jürgen Kasek, Sprecher der sächsischen Grünen und zugleich Rechtsanwalt des Aktionsnetzwerkes. Zudem kündigt er an: „Wir werden daher am Montag abermals vor das Verwaltungsgericht ziehen.“ Eine Entscheidung des Gerichts steht noch aus. Es dürfte jedoch ein Fall für eine höhere Instanz werden. Das Ordnungsamt hatte seine Beschränkungen damit begründet, dass aus der Demo von LNP heraus Störungsaktionen gegen Legida zu erwarten seien.

Am Sonntag legte dann die Initiative „Willkommen in Leipzig – Eine weltoffene Stadt der Vielfalt“ nach. Diese wollte ursprünglich – ebenfalls wie im Juni – ein interreligiöses Treffen auf dem Richard-Wagner-Platz veranstalten. Doch weil sich auch Legida dort aufhalten soll, sagte die Initiative die geplante Veranstaltung wieder ab. Auf Facebook erklärte sie: „Dieser Behörde ist wichtiger, dass die rechtsradikalen Demokratiefeinde von Legida auf dem Richard-Wagner-Platz ihre fremdenfeindlichen Parolen brüllen und hasserfüllten Reden halten können. Diese Behörde hat allen Ernstes geglaubt, dass sich Religionsgemeinschaften den Tiraden einer Tatjana Festerling aussetzen.“

Weil Legida auf den RW-Platz darf, wurde ein interreligiöses Fest abgesagt. Foto: L-IZ.de (Archiv)

Den vorläufigen Endpunkt setzte am Montagvormittag Jürgen Kasek mit einer auf Facebook veröffentlichten Pressemitteilung. Diese hatte eine weitere Versammlungsanmeldung zum Gegenstand. Der Student Marcus R. wollte ursprünglich im Hauptbahnhof gegen die dort regelmäßig stattfindenden Vorab-Treffen der späteren Legida-Teilnehmer demonstrieren. Als Konsequenz erhielt er laut Kasek zunächst eine einstweilige Verfügung und anschließend einen ablehnenden Bescheid des Ordnungsamtes. Die Kundgebung soll nun neben dem Eingang zur Westhalle stattfinden. Gegen diesen Beschluss gibt es ebenfalls Einspruch vor Gericht. Laut einer Sprecherin von LNP liegt der Fall nun beim Oberverwaltungsgericht.

Die einstweilige Verfügung wurde laut Kasek vom Bahnhofsmanagement erwirkt (zum Artikel auf L-IZ.de). Dem Studenten drohe nun eine Zahlung in Höhe von zirka 5.500 Euro. „Offenbar sehen das Landgericht Leipzig und das Bahnhofsmanagement das Eintreten für Demokratie als Problem an“, bewertet Marcus R. das Vorgehen. „Das Geld kann ich im Leben nicht bezahlen.“ Kasek kritisiert zudem das Vorgehen der Ordnungsbehörde, die die Daten des Anmelders offenbar direkt dem Bahnhofsmanagement überlassen habe.

Die Gegenkundgebungen im Überblick:

– Aufzug „Auch in Leipzigs Mitte ist kein Platz für Rassisten! Wir bleiben standhaft – Refugees welcome!“, Shakespearestraße → Karl-Liebknecht-Straße → Peterssteinweg → Petersstraße → Grimmaische Straße → Augustusplatz, 16:45 Uhr – 18:15 Uhr mit ca. 150 bis 200 Personen

– Aufzug „Unsere Antwort heißt Solidarität“, Rabet → Eisenbahnstraße → Rosa-Luxemburg-Straße → Wintergartenstraße → Georgiring → Augustusplatz, 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr mit ca. 100 Teilnehmern

– Fahrradaufzug „Fahrrad fahren statt hetzen“, Alexis-Schumann-Platz → Karl-Liebknecht-Straße → Peterssteinweg → Martin-Luther-Ring → Karl-Tauchnitz-Straße → Friedrich-Ebert-Straße → Jahnallee → Ranstädter Steinweg → Rosentalgasse, 18 Uhr bis 19:30 Uhr mit 100 – 150 Personen

– Aufzug „A Monday without you – Rechte Strukturen offenlegen“, Arno-Nitzsche-Straße → Arthur-Hoffmann-Straße → Scharnhorststraße → Karl-Liebknecht-Straße → Paul-Gruner-Straße → Lampestraße → Harkortstraße → Martin-Luther-Ring / Höhe Neues Rathaus, 18 Uhr bis 21 Uhr mit ca. 100 Personen

– Aufzug „Vielfalt statt Einfalt“, Augustusplatz → Georgiring → Willy-Brandt-Platz → Am Hallischen Tor → Brühl → Hainspitze, 18 Uhr bis 22 Uhr mit ca. 1.000 Personen

– Kundgebung „Nationalismus raus aus dem Bahnhof und den Köpfen – Gegen die Beschlagnahme des öffentlichen Raumes durch Menschenfeinde“, neben dem Eingang zur Westhalle Hauptbahnhof, 18:15 Uhr bis 19 Uhr mit ca. 100 Personen

– Kundgebung „‚Antidemagogie‘ – Mit Aristoteles gegen Sprachverwirrung. Die Kategorienschrift!“, Parkplatz Naturkundemuseum, 18:30 Uhr bis 21 Uhr mit ca. 100 bis 150 Personen

– Kundgebung „Vielfalt leben – Einfalt die kalte Schulter zeigen“, südöstlicher Richard-Wagner-Platz, 19 Uhr bis 22:30 Uhr mit ca. 500 Personen

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