Prosit Neujahr! Jungfräulich liegt 2017 vor uns und man möchte es fast ein bisschen in Watte packen, damit es möglichst lang seine Unschuld bewahre. Viele von uns schlagen sich bekanntlich in diesen Tagen mit guten Vorsätzen herum oder zumindest mit dem Gedanken, was man vom neuen Jahr wohl so zu erwarten hat. Vielleicht aber können wir in Anbetracht der wünschenswerten Unschuldskonservierung von Jahren einmal den Spieß herumdrehen und stattdessen fragen, was das neue Jahr von uns erwarten darf?

Ich hätte dazu einen zaghaften Vorschlag zu machen, bei dem ich kurz ins Regal mit der Nummer 2016 greifen muss: Damals nämlich wusste ich mich in einer Unterhaltung positiv über die Mitarbeiter der Jugendämter zu äußern, die sich einer besonderen Belastungssituation ausgesetzt sahen, als der UMA, wie Menschen sprechen, die mit der Rhetorik abgeschlossen haben, zahlenmäßig vermehrt auf der deutschen Fußmatte zu stehen wusste. Wir erinnern uns.

Ich wurde allerdings umgehend rüde abgewatscht, indem man mir entgegenschleuderte, was das denn alles solle, das sei schließlich deren Job.

Der Satz hallt seitdem in mir nach. Und ich komme nicht hinein in die Gedankengänge, die diese Herabwürdigung des Menschen als reinen Pflichterfüller letztlich bedeuten: Du erfüllst eine tägliche Aufgabe, du kriegst Geld dafür, damit du dich selbst am Leben und Laufen halten kannst, ergo: Halt die Fresse über das Ausmaß, in welchem sie dich belastet oder mit welchen besonderen Schwierigkeiten du zu kämpfen hast!

Das ist offensichtlich common sense.

Und gleichzeitig der Grund, warum so viele am Happening „Kommerz“ teilnehmen, die Payback-Karte fürs große Glück besitzen, aber das kleine Glück lieber einer unangemessenen Härte dem Mitmenschen preisgeben.

Wenn man dem mal nämlich mit weniger Anspruchshaltung gegenübertritt („Mach gefälligst deinen Job!“, „Ich möchte den Namen Ihres Vorgesetzten!“ oder „Ich will gar nicht wissen, warum du Bäckerei-Verkäuferin hier im dünnen Stöffchen bei geöffneten Ladentüren im Januar und exorbitanter Bezahlung nicht so richtig fröhlich bist, wenn ich dir missmutig meine Bestellung entgegenplärre …“ ), erhält man manchmal sogar ein Lächeln aufs Heiterkeits-Konto für den Tag. Oder ein freundliches „Latte macchiato und eine Brezel – wie immer?“

Ja, so sind die Leute, die einfach nur ihren verdammt einfachen Job machen und zwar täglich:  Im Jugendamt. Im Back-Shop. Nachts an der Tanke. Die frühmorgens um 8 am OP-Tisch. Die in der Behinderten-Werkstatt anleiten und Mut geben. Die an der Supermarktkasse. Die mit dem Sechserwagen in der Kinderkrippe. Die im Notarztwagen. Die die Obdachlosen-Zeitungen verkaufen. Die Krebsmedikamente entwickeln. Die uns den Müll wegfahren, den wir so viel produzieren. Die Bücher schreiben. Die Tiere pflegen. Die uns mit Musik emporheben. Die Landwirtschaft betreiben.

Die machen alle ihren Job.

Und dafür sollte man verdammt allen und verdammt viel öfter mal auf die Schulter hauen und sagen: Alter Falter, ihr seid bewundernswert. Alle. Ein Leben ohne all das, was ihr täglich macht, wäre nicht das, was wir uns wünschen.

Die machen doch nur ihren  Job … ? Einspruch, Euer  Ehren: Die machen unser Leben!

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