Muss man die Leipziger beneiden, die sich jetzt auf Teneriffa tummeln oder versuchen, an den Flanken des Himalaya emporzukraxeln? Nicht unbedingt. Am 1. August bekommt Leipzig seinen eigenen Himalaya. An der Hochgebirgslandschaft Himalaya im Leipziger Zoo laufen die letzten Vorbereitungen für die Eröffnung am 1. August – mit geladenen Gästen. Wer Geduld hat, kommt lieber einen Tag später.

Denn der Zoo will diese neue Attraktion natürlich feiern. Man muss auch das Interesse von Öffentlichkeit und Spendern wachhalten, denn der Komplettumbau des Leipziger Zoos zu dem, was Dr. Jörg Junhold 1998 mal als „Zoo der Zukunft“ bezeichnete, dauert und ist auch nicht billig. Ursprünglich sollte 2020 alles fertig sein, jeder Kontinent in diesem Abenteuer-Zoo seinen Platz haben. Nun wird das Ganze wohl mindestens bis 2022 dauern und auch teurer werden. Die Stadt gibt noch 8 Millionen Euro extra.

Gründe für die Kostensteigerung gibt es viele. Geänderte Bau- und Brandschutzvorschriften gehören dazu. Aber auch eine neue Hochwasserschutzmauer an der Parthe, die den Zoo durchfließt. Und dann ist da die alte Substanz der Mauern und künstlichen Berglandschaften, die jetzt oft nach Jahrzehnten erstmals wieder angefasst werden und sich bei genauerer Betrachtung als brüchig erweisen.

So auch geschehen bei der alten Berglandschaft, die man für den Himalaya benutzen wollte. Das ganze Bauwerk musste neu errichtet werden. Auch wenn die neue Anlage, die den Zoobesuchern einen kleinen Eindruck von der Tierwelt des Hochgebirges geben soll, recht überschaubar sein wird, hat sie dennoch ihren Preis: 4,4 Millionen Euro.

Man ahnt, warum der Zoo mit seinen Spendern und Förderern liebevoll umgehen muss. Ohne sie und ohne die Unterstützung der Stadt ginge nichts, wäre der in den 1990er Jahren längst von der Zeit überholte Zoo nicht zukunftsfähig gewesen und hätte auch nie wieder die Millionen-Besucherzahlen gewonnen, die ihn heute zur publikumsträchtigsten Kultureinrichtung in Leipzig machen.

Oder doch Artenschutzeinrichtung? Wissenschaftliche Studieneinrichtung?

Schrittweise konnte man in den letzten Monaten die Fertigstellung der Anlage verfolgen, deren Umbau 2015 begonnen wurde. Viele Baumaßnahmen laufen im Zoo parallel, damit sich das Gesamtprojekt mit den Kontinentalwelten nicht noch länger in die Zukunft verschiebt.

Am 20. Juli zum Beispiel zogen die beiden Schneeleoparden Onegin (14) und Laura (16) in ihre neue Kletterheimat. Für die beiden fuhr extra ein Umzugswagen vor und brachte sie direkt in die Hochgebirgslandschaft Himalaya.

„Es ist immer wieder ein besonderer Moment, wenn die zukünftigen Bewohner ihr neues Domizil in Besitz nehmen und mit Leben erfüllen“, sagte Zoodirektor Prof. Junhold über den reibungslosen Einzug der Tiere, die neugierig ihr Schlafgehege erkundeten.

Bereits am 18. Juli zog die an diesem Tag eingetroffene und aus dem Zoo Plzeň stammende Schneeleopardenkatze Chandra (geb. am 14.04.2015) ein. Sie soll zukünftig zusammen mit dem derzeit in Quarantäne befindlichen Kater Askar (geb. am 07.05.2016 im Zoo Neukirchen, seit 23.06.2017 in Leipzig) als Paar gehalten werden und für Nachwuchs sorgen. Die letzten Schneeleopardenjungtiere kamen im Jahr 2012 zur Welt.

„Natürlich gehen unsere Bestrebungen dahin, die Zucht dieser stark bedrohten Katzen zu forcieren. Der Schneeleopard zählt zu den gefährdetsten Großkatzenarten weltweit, und ein Engagement für deren Schutz ist dringend geboten. Dies lässt sich mit der Schaffung möglichst optimaler Haltungs- und Zuchtbedingungen ebenso bewerkstelligen wie mit der Unterstützung von in-situ Projekten im natürlichen Lebensraum. Hier arbeiten wir zum Beispiel eng mit dem WWF zusammen“, erläutert Junhold die Strategieausrichtung.

Bis zur Eröffnung werden die Tiere schrittweise und mit viel Ruhe an die neuen, naturnah gestalteten Außenanlagen gewöhnt. Die beiden Schneeleoparden (Uncia uncia) Onegin und Laura waren die letzten, die bis zu Beginn dieses Jahres in einer traditionellen Käfighaltung untergebracht waren. Mit Aufnahme der Baumaßnahmen zum Themenbereich Südamerika zogen die Katzen vorübergehend in die Tiger-Taiga ein. Der Abriss unter anderem der alten Tigerfarm war der Auftakt für den finalen Weg zum Zoo der Zukunft mit einer tiergerechten und den Haltungsrichtlinien entsprechenden Unterbringung wertvoller Tierarten. Alte Käfiganlagen sind nun Geschichte im Zoo Leipzig.

Auch die neuen Nachbarn der Schneeleoparden, die Roten Pandas Lilo (10) und Zimai (6) und ein männliches Moschustier, wurden bereits in dieser Woche umgesetzt. Sie werden die Besucher auf ihrem Rundgang durch die Hochgebirgslandschaft Himalaya als erstes begrüßen.

Und wie hat sich die Anlage verändert?

Dort wo Raubkatzen einst auf Steinterrassen präsentiert wurden, befinden sich nun naturnahe Gehege mit Geröll- sowie Sandboden und Vegetation vor einer beeindruckenden Himalaya-Felslandschaft. Mit dieser komplexen Gestaltung wird den Bewohnern auf 1.000 Quadratmetern ein artgemäßer Lebensraum geboten, betont der Zoo.

Ab September 2017 wird dann auch die große Freiflugvoliere von Gänsegeiern und Waldrappen bevölkert und denkmalgerecht saniert in neuem Glanz erstrahlen. Moderne Lernstationen, unterschiedliche Sichtperspektiven und eine spannende Nähe zu den Tieren machen die Hochgebirgslandschaft Himalaya zu einem neuen Anziehungspunkt im Zoo der Zukunft.

„Mit dieser komplexen Gehegegestaltung bieten wir den künftigen Bewohnern einen artgemäßen Lebensraum und holen für die Besucher ein Stück Himalaya nach Leipzig, um ihnen einen faszinierenden Einblick in die Lebenswelt dieser Tierarten zu geben“, sagt Zoodirektor Prof. Jörg Junhold.

Am 1. August sind dann erst einmal die geladenen Gäste dran, das neue Stück Zooerlebnis zu feiern. Bis in die Mittagsstunde werden sie sich viele Reden und Toasts anhören dürfen. Wer also etwas ungestörter in die Himalaya-Bergwelt schauen möchte, der kommt einen oder zwei Tage später.

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