Nicht nur diverse Versicherungen und Krankenkassen sind mittlerweile von dem Verlangen umgetrieben, ihre Versicherten rund um die Uhr zu überwachen und herauszufinden, ob sie sich alle sportlich betätigen, wie oft und wie sehr. Auch die Stadt Leipzig möchte gern wissen, wie es die Bürger halten. Die "Bürgerumfrage 2013" war nicht die erste, die sich nach dem Sporttreiben erkundigte. Es ist aber die erste, die auch nach dem Körpergewicht fragte.

Was dann zu dem keineswegs überraschenden Ergebnis führte, dass der durchschnittliche Leipziger leicht übergewichtig ist. Man sieht schon die Ärzte besorgt die Köpfe schütteln. Natürlich hat ein gesundes Gewicht auch damit zu tun, wie sehr jemand das Krankensystem belastet. Übergewichtige Menschen leiden häufiger unter den heutigen Volkskrankheiten – Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, auch diverse Probleme des Nervensystems und sogar Krebs scheinen eng mit dem Übergewicht in Zusammenhang zu stehen.

Natürlich hat Übergewicht nicht nur mit Völlerei zu tun, oft genug freilich mit dem Alter und der zunehmenden Immobilität, was deutlich wird, wenn der Faktor Adiposität mit dem Durchschnittsalter von Ortsteilen in Verbindung gebracht wird.

Adipös – also krankhaft übergewichtig – sind Menschen bei einem Körpermaßindex (BMI) von mehr als 30. Da gehören schon etliche Pfunde dazu. Das merkt man schon, wenn die Gelenke schmerzen und die Luft schon bei einfachen Bewegungen weg bleibt. 13 Prozent der Leipziger sind adipös. Bei den über 65-Jährigen sind es 20 Prozent.

Aber nicht nur mit der Immobilität im Alter hat es zu tun, sondern auch mit der Art der Ernährung. Wer sich billig ernährt, ernährt sich meistens zu fett- und zu zuckerreich. Das Ergebnis: Menschen mit geringerem Einkommen sind häufiger adipös als solche mit hohem Einkommen, Arbeitslose mit 19 Prozent häufiger als Erwerbstätige mit 10 Prozent.

Für den Durchschnitts-Leipziger hat die Bürgerumfrage einem BMI von 25,4 ermittelt – das ist leicht übergewichtig. Ein normales Körpergewicht hat man in der Regel zwischen den Werten 18,5 und 25. Der sächsische Durchschnitt liegt bei 26,2.

Dass es da ein gesellschaftliches Problem gibt, um das sich wohl auch die Kommunen kümmern müssen, zeigen nicht nur die hohen Werte von krankhaftem Übergewicht, sondern schon die Zahlen zum einfachen Übergewicht (BMI 25 bis unter 30). Das betrifft nämlich 33 Prozent der Leipziger und diese Menge ist schon eine starke Verschiebung weg vom Normalgewicht, das 52 Prozent der Leipziger haben. Studenten und Schüler übrigens mit 79 Prozent noch deutlich häufiger als Rentner und Pensionäre mit 33 Prozent.Und das Ganze hat natürlich auch mit psychischen Faktoren zu tun. Oft ist Übergewicht Folge und Auslöser schlechten Befindens zugleich. Sichtbar wird das an der Frage zur Selbsteinschätzung des Gesundheitszustandes, wo ebenfalls Senioren und Arbeitslose mit den niedrigsten Werten auffallen.

Das Problem in der Befragung durch die Stadt ist freilich: Irgendwie scheint sie Sport als Allheilmittel dieses Problems zu betrachten. Zumindest bestätigt dieser Umfrageteil, dass sich Menschen, die regelmäßig Sport treiben, gesundheitlich positiver sehen. Aber wie gesagt: Vieles in diesem Themenfeld ist reine Psychologie. Denn nicht nur Alter und Übergewicht beeinflussen das Selbstempfinden negativ und Sporttreiben positiv. Auch das liebe Geld sorgt dafür, dass Menschen sich gesundheitlich besser fühlen. Wer hat, kann sich auch Sportangebote leisten, die in Leipzig eben nicht immer kostenlos sind.

Und irgendwie sieht es auch so aus, dass Menschen mit schlechtem Selbstbewusstsein auch deutlich seltener im neon-bunten Anzug joggen, skaten oder Rad fahren wollen. Im zwar kostenlosen öffentlichen Raum. Aber das trägt ja auf den ersten Blick noch nicht zur Stärkung des Selbstbewusstseins bei.

Trotzdem sind Sportarten im öffentlichen Raum in Leipzig eindeutig die beliebtesten, allen voran Skateboarding und Inlineskating (96 %), Rad fahren (84 %) und Jogging, Walking & Co. (91 %).

Wobei das Angebot nicht immer den Wünschen der Freizeitsportler entspricht: Nur 73 Prozent der Befragten finden das Angebot an Jogging-Strecken ausreichend, deren Zustand finden nur 63 Prozent gut. Bei den anderen Angeboten ist es ähnlich. Bis hinab zu den verfügbaren Plätzen für Ballspiele, mit denen nur 31 Prozent der Befragten zufrieden sind.

Natürlich kann Leipzig auf diesem Gebiet einiges tun. Aber man hat hier wieder nur die generellen Zahlen, noch nicht unbedingt die Vorstellungen der Befragten, wie Sportangebote eigentlich beschaffen sein könnten, damit man (freiwillig) in die Sportschuhe steigt. Denn wer sich umschaut, sieht eher Pisten, die von unterschiedlichen Nutzern gleichzeitig frequentiert (und zu einigen Zeiten auch überlastet) werden. Während manche Angebote wie in Schwimmhallen oder Sporthallen hinten und vorne nicht reichen, den Bedarf abzudecken.

Man sieht also auf den ersten Blick eine leicht übergewichtige Stadt, die vielleicht mehr Sport treiben sollte. Nun würde es eigentlich gelten, den konkreten Bedarf abzufragen.

Der Bericht ist für 15 Euro (bei Versand zuzüglich Versandgebühr) erhältlich beim Amt für Statistik und Wahlen und steht kostenfrei zum Download auf www.leipzig.de/statistik unter der Rubrik “Veröffentlichungen” zur Verfügung.

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