Sehen kann man die 324 Meter hohe "Eiserne Lady" ("La Dame der Fer") ja nun fast immer, fast von jedem beliebigen Punkt der Stadt aus. Das kann man gut finden oder auch nicht. Trotzdem kommt man wohl als Paris-Besucher nicht drumherum, direkt hinzufahren, nach oben zu fahren/zu steigen und von oben herab auf die Stadt zu schauen. Damit ist man dann einer der angegebenen über sieben Millionen Besucher pro Jahr.

Innerhalb von nur zwei Jahren für die Weltausstellung 1889 – und zur Erinnerung an 100 Jahre Französische Revolution – gebaut, sollte der Eiffelturm eigentlich nur 20 Jahre stehen bleiben. Daraus ist dann der heutzutage meistbesuchte Turm unseres Planeten geworden. Pariser kommen angeblich nur selten her – das mag aber wohl eher an der Unmenge Touristen liegen, die sich hier rumtreiben. Menschen, die den Eiffelturm nicht mögen, nennen ihn “Giraffenkäfig” oder “Metallzäpfchen”.

Der französische Schriftsteller Guy de Maupassant war wie viele andere Künstler seiner Zeit gegen den Bau, er soll gesagt haben, dass er gern auf den Turm gehe, weil es der einzige Ort in Paris sei, wo man ihn nicht sehen muss. Der Protest der Künstler verstummte jedoch schon kurz nach der Eröffnung, da die Vielzahl der Pariser und Gäste vom neuen Turm durchaus angetan waren, sogar ein bisschen stolz. Während der Weltausstellung konnten durch die Eintrittsgelder der fast zwei Millionen Besucher bereits drei Viertel der Baukosten wieder eingespielt werden. Eine wahre Attraktion!

Ein Besuch am und auf dem Pariser Eiffelturm birgt und bringt so manche Überraschung. Foto: Patrick Kulow
Ein Besuch am und auf dem Pariser Eiffelturm birgt und bringt so manche Überraschung. Foto: Patrick Kulow

Beeindruckend ist er allemal, damals und heute – zumindest aus ingenieurtechnischer Sicht. Wer Rekorde sucht, wird beim Eiffelturm garantiert fündig. Ich wüsste gar nicht, wo ich hier anfangen sollte. Stöbern Sie einfach mal durchs Internet. Es wird Ihnen nicht schwer fallen, Superlative zu entdecken.

Mit Maschinengewehr am Eiffelturm

Auf dem Weg zum „Metallzäpfchen“ spazieren wir mit hunderten Anderen über das Marsfeld, die meisten müssten schon über Genickschmerzen klagen. Der Kopf kippt unweigerlich nach hinten, man kann sich dem Anblick nicht entziehen. Nur wenige haben es eilig, die meisten bummeln wirklich einfach so dahin.

Uns begegnen immer wieder Schilder, auf denen steht: “Pickpockets” – Taschendiebe. Diese Warnung liest man ja nun mittlerweile überall und in jeder größeren Stadt, wo mehr als drei Menschen zusammenkommen. Auf dem alljährlichen Leipziger Weihnachtsmarkt erreichen auf buntem Papier gedruckte Warnhinweise trotz des überdrehten Trubels vielleicht noch die potentiellen Opfer, in Paris scheint das nicht mehr zu reichen.

Im Mai 2015 streikten die Mitarbeiter des Eiffelturms, der Turm blieb für Besucher geschlossen. Sie forderten eine umgehende Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen am und auf dem Turm. Aber weniger aus sicherheitstechnischer Sicht, sondern wegen der Taschendiebe. Manchmal seien bis zu 30 Taschendiebe selbst auf den drei Plattformen des Turms unterwegs, um die eine oder andere Reisekasse zu erleichtern oder hochwertige Handys zu ergattern. Die ironische Seite daran: Das Geschäft muss lukrativ sein, denn wie sonst kann man erklären, dass Diebe 15 Euro Eintritt bezahlen, um an den Ort der Tat zu gelangen? Höhepunkt und auslösendes Ereignis für den Streik war laut „Le Monde“ ein Vorkommnis, bei dem ein Security-Mitarbeiter, der eben gerade einen Dieb in flagranti ertappt hatte, beschimpft, beleidigt und bedroht wurde. Der anschließende – auch mediale – Druck wurde so groß, dass Sofortmaßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit umgesetzt wurden.

Hier sind an vielen “tourismus-lastigen” Orten, z.B. auch am Louvre, mittlerweile verstärkte Polizeistreifen oder sogar bewaffnetes Militär im Einsatz. Aber das allein scheint es nicht zu sein, was durch den Streik geändert wurde, weil die Soldaten bereits seit dem Jahr 2013 unter dem Eiffelturm Streife laufen.

Mitten in der bunten Masse: mit Maschinengewehr bewaffnete Soldaten direkt am Eiffelturm. Foto: Patrick Kulow
Mitten in der bunten Masse: mit Maschinengewehr bewaffnete Soldaten direkt am Eiffelturm. Foto: Patrick Kulow

Familien mit Kindern, Pinguin-Reisegruppen (Entschuldigung, aber die Sache mit dem Schirm oder dem Fähnchen ist einfach zu drollig!), mit Sonnenbrillen und manchmal auch Sonnenhüten ausgestattete Besucher der Stadt stehen staunend vor oder unter dem Turm. Und mittendrin: mehrere Gruppen von Soldaten mit Maschinengewehren. Die eigentlich friedliche Atmosphäre am Eiffelturm, ich will sie mal nicht gleich Volksfeststimmung nennen – wird dadurch jedoch komplett zerstört. Diese Waffenpräsenz ist vielleicht aus Gründen der Abschreckung nötig – aber absolut unpassend. Schade.

Wartezeiten an Kasse, Sicherheitskontrolle und Fahrstuhl

Wer einen Paris-Aufenthalt mit Eiffelturm-Besuch plant und lange Wartezeiten vermeiden will, der sollte unbedingt über das Internet vorab ein Ticket kaufen. Entweder direkt auf der Website des Eiffelturms oder, wenn dort keine mehr zu haben sind, bei einem der vielzähligen Anbieter für Eintrittskarten und Führungen. Die Karten sind dort zwar etwas teurer, aber jeder Reisende sollte zumindest mal kurz darüber nachdenken, wieviel ihm eine kurze Wartezeit wert ist. Wer noch kein Ticket hat, steht, wie viele der Besucher, in einer langen, langen Schlange. Drei oder vier Stunden sind bei sonnigen 30 Grad kein Spaß, schon gar nicht mit quengelnden Kindern im Schlepptau.

Sicherheitskontrolle am Eingang zum Eiffelturm. Foto: Patrick Kulow
Sicherheitskontrolle am Eingang zum Eiffelturm. Foto: Patrick Kulow

Wir schlendern um 12:30 Uhr, das ist die auf unseren vorab gekauften Tickets angegebene Uhrzeit, direkt an den Wartenden vorbei und gehen am Einlass, zusammen mit etwa 30 weiteren Personen, direkt zur Sicherheitskontrolle durch. Das ist einfach genial und verdirbt sicher nicht die Vorfreude auf einen Besuch des Stahlriesen. Die Taschenkontrolle ist kurze Zeit später ebenso erledigt. Ein (nur zum Teil ironisch gemeinter) Vorschlag an das Turm-Management: In Hinsicht auf die eben beschriebenen Probleme mit den Taschendieben auf dem Eiffelturm, sollte man diese Kontrollen lieber an den Ausgang verlagern. Dann könnte man alle „auffälligen“ Personen, die mehr als ein Handy im Gepäck oder mehr als die durchschnittliche Anzahl von Geldscheinen im Portemonnaie haben, einfach herausfinden. Vielleicht würde das dauerhaft dazu beitragen, dass der Besuch des Eiffelturms kein Risiko für die Gäste ist.

Vor dem Aufzug bildet sich eine kleine Ansammlung von Menschen, viele fremde Sprachen sind zu hören: Englisch, Spanisch, etwas Asiatisches, Italienisch, Berlinerisch. Wir haben kaum Zeit, uns die gelb gestrichenen Monstergewichte für die Aufzugkabine anzuschauen, da öffnen sich vor uns die Türen. Alle strömen hinein. Alle sind irgendwie ein bisschen aufgeregt, vor allem die Kinder. Dicht gedrängt stehen wir nebeneinander, Kinderwagen, Rucksäcke inklusive. Theoretisch ist die Chance für einen Taschendieb hier am größten, unbemerkt erfolgreich zu sein.

Ich drängle mich zur gläsernen Seitenwand an den Rand durch. Die Fahrschul-Stewardess drückt auf ein Knöpfchen und los geht’s. Der Aufzug bringt uns ein bisschen ruckelig innerhalb von zwei Minuten nach oben in die zweite Etage. Wenn nicht der lange Zwischenstopp auf der ersten Plattform gewesen wäre, wäre die Fahrt in anderthalb Minuten zu schaffen gewesen. Das Gefühl, nicht wie gewöhnlich vertikal mit dem Aufzug nach oben zu fahren, sondern schräg durch den Eckpfeiler des Turmes, ist ungewohnt und merkwürdig. Ein Mix aus Lift und Bergbahn.

Wenn Sie auch mal mit dem Fahrstuhl nach oben fahren möchten. Ich habe Ihnen auf Youtube ein Video herausgesucht, das Sie sogar in die dritte Etage, bis ganz nach oben, bringt. Wir sind jedoch in der zweiten Etage geblieben.

Endlich oben

Nachdem die Häuser und die auf dem Boden stehenden wartenden Menschen immer kleiner geworden sind, machen wir in der zweiten Etage Halt. Der Lohn: ein phantastischer Ausblick aus 115 Metern Höhe. Wir gehen einmal gemütlich auf der Aussichtsplattform im Kreis herum, setzen uns hin, genießen die Sonne.

Paris könnte auch “Die weiße Stadt” heißen. Der Blick über das Häusermeer zeigt vorwiegend helle Baumaterialien. Kurz tauchen Erinnerungen an den Ausblick vom Glockenturm, dem „Campanile“, des Florentiner Doms auf, hier sind erdfarbene, rötliche Töne bestimmend.

Blick von der zweiten Etage des Eiffelturms:  links ist die goldene Kuppel des Invalidendoms zu erkennen, vor uns liegt das Marsfeld. Hinten das dunkle Hochhaus ist der Tour Montparnasse. Foto: Patrick Kulow
Blick von der zweiten Etage des Eiffelturms: links ist die goldene Kuppel des Invalidendoms zu erkennen, vor uns liegt das Marsfeld. Hinten das dunkle Hochhaus ist der Tour Montparnasse. Foto: Patrick Kulow

Viele bekannte Gebäude sind leicht auszumachen: der klotzige Arc de Triomphe, der langgestreckte Louvre, der Berg Montmartre mit der “Zuckerbäcker”-Basilika Sacré-Coeur, der Dome des Invalides mit seiner goldenen Kuppel, der dunkle Tour Montparnasse, das Stadtgebiet La Defense mit seinen Hochhäusern. Auch die Kirche Notre-Dame streckt etwas schüchtern ihre knapp 100 Meter hohen Türme in die Luft. Und mittendrin die glitzernde Seine.

Die Mitglieder unserer kleinen Reisegruppe übertreffen sich unterdessen gegenseitig mit Angaben zu den vermuteten Miet- und Kaufpreisen der Wohnungen und Häuser im Umfeld des Eiffelturms. Welchen Wert hat eine 100-Quadratmeter-Dachterrasse mit Pool? Und: Sieht man sich den Eiffelturm überhaupt noch an, wenn man ihn jeden Tag vor der Nase hat? Oder erfreuen sich nur noch die erlesenen Gäste einer Cocktailparty auf der Dachterrasse an dem tollen Anblick, während sie sich mit einem „A votre santé“ zuprosten?

Auf der zweiten Etage des Eiffelturms. Foto: Patrick Kulow
Rundgang auf der zweiten Etage des Eiffelturms. Foto: Patrick Kulow

Noch weiter hinauf? Oder wieder hinunter?

Nach einer Stunde stehen wir vor einer Entscheidung: Fahren wir nach oben zur dritten Aussichtsplattform? Die ist in 276 Meter Höhe (zur Info: und kostet 6 Euro pro Person extra). Ach, wäre schon schön, da wir beim letzten Mal auch nicht nach oben konnten. Da war die dritte Etage gesperrt. Als wir jedoch die Schlangen an der Kasse und am Aufzug nach oben sehen, reicht ein Blick in die Runde, um zu erkennen, dass alle darauf keine Lust haben. 10 Minuten später gehen wir die Treppen hinunter in die erste Etage. Mein Tipp: mit dem Aufzug hochfahren und zu Fuß runterlaufen. Hier kommt dann nämlich jeder auf die Kosten, der sich davon überzeugen möchte, dass das wirklich über 18.000, durch 2,5 Millionen Nieten verbundene Stahlträger mit brauner Farbe sind. Und mal ehrlich: 10.000 Tonnen Eisen wollen auch mal bestaunt werden. Wer sportlich ehrgeizig ist, kann sich bei 40 Grad natürlich auch die 704 Stufen in die 2. Etage hochquälen.

10.000 Tonnen Eisen. Foto: Patrick Kulow
10.000 Tonnen Eisen. Foto: Patrick Kulow

Auf der ersten Plattform in 57 Meter Höhe erwarten uns viele Dinge, die es bei unserem letzten Besuch noch nicht gab. Die gesamte Etage wurde komplett umgestaltet. Ein neuer transparenter Boden (ähnlich einem Skywalk) an manchen Stellen, wo man bis ganz nach unten sehen kann, lässt manche ja vor Verzückung jauchzen, andere hingegen gehen lieber vorsichtig einen Schritt zurück. Zu der zweiten Gruppe gehöre ich. Auf der Eiffelturm-Website steht zu lesen: „la sensation unique de marcher au-dessus du vide“. Übersetzt in etwa: „das einzigartige Gefühl, ins Nichts zu treten“. Nun ja, wer’s mag. Auch den schräg angebrachten, durchsichtigen Seitenbegrenzungen, an die man sich beim Fotografieren lehnen kann, kann ich selber nichts abgewinnen. Es ist nicht direkt Höhenangst, aber …

In der Realität wirkt der Boden transparenter. Unten sieht man eine der vier Warteschlangen. Foto: Patrick Kulow
In der Realität wirkt der Boden transparenter. Unten sieht man eine der vier Warteschlangen. Foto: Patrick Kulow

Und hier noch ein kleines Youtube-Video (Quelle: Nachrichtenagentur AFP), in dem man die neuen Glasböden auf der ersten Etage etwas besser erkennt. Nicht, dass Sie mir nicht glauben, was ich Ihnen da erzähle … Ich weiß, es ist sicher nicht das schönste, aber es gibt nicht allzuviele auf Deutsch. Ein Einbetten ist leider bei diesem Video nicht möglich, also bitte einfach mal klicken:

https://www.youtube.com/watch?v=cEgL1oxabf4

Eher nach meinem Geschmack sind die kleinen Ausstellungen, die mit viel Aufwand umgestaltet wurden, und die hervorragend gelungene Umsetzung der Idee einer Erholungslandschaft in luftiger Höhe.

Die Sitzgelegenheiten werden gut genutzt, Sonnensegel flattern im leichten Wind und bieten zumindest gefühlt ein wenig Schatten. Ein kleiner Holz-Eiffelturm reckt seine Spitze empor. Eine schöne Idee.

Der Souvenirshop mit seinen glitzernden Kaufangeboten, die irgendwie irgendwas mit Paris zu tun haben, ist gut besucht. Eiffeltürme in Flaschenform mit verschiedenen Füllungen (Pralinen oder irgendwas Alkoholisches mit dem Etikett XO „extra old“), LED-funkelnde-Glitzertürme, Kugelschreiber, Turm-Lampen, Magneten, Taschen, Glaskörper mit Hologrammen, und, und, und. Auch das beliebte Restaurant „58 Tour Eiffel“ (58 Meter ist die Höhe des Küchenfußbodens über dem Erdboden) wurde einer Aufhübschungskur unterzogen (PS: In den Restaurants auf dem Eiffelturm werden jeden Tag zwei Hochzeiten gefeiert).

Nach einer knappen Stunde haben wir uns sattgesehen und fahren mit dem Aufzug hinunter. Wieder auf Höhe Null angekommen, werfen wir nochmal kurz einen Blick nach oben. Von hier kann man gut die an den quadratischen Seiten hinzugefügten halbtransparenten Auswölbungen erkennen. Vor einer Viertelstunde waren wir noch da oben und sind auf den dünnen Balken entlangbalanciert.

Foto: Patrick Kulow
Blick nach oben. Foto: Patrick Kulow

Wir nehmen langsam Abschied vom Turm, gehen Richtung Seine, die träge dahinfließt. Die einzige Action auf dem Wasser liefern die Ausflugdampfer, die Besichtigungstouren anbieten. Wir gehen in südlicher Richtung am Quai Branly das Flussufer entlang. Es wird immer heißer, die Sonne brennt vom Himmel. Schatten ist kaum zu finden. Lediglich unter den Dächern einiger Souvenir-Stände ist ein Moment Zuflucht vor der Hitze zu finden. Hier verkauft man das „Übliche“: Eiffeltürme, Magneten, Postkarten, … Und Mineralwasser in Litergröße für 5 Euro. Da diese gut gekühlt sind, findet auch dieses Angebot Abnehmer. Wir bleiben hier und da stehen und gucken, aber unser Ziel haben wir klar vor Augen: die Freiheitsstatue.

Die Freiheitsstatue?

Morgen geht es mit dem Paris-Tagebuch weiter. Die Freiheitsstatue muss allerdings noch ein wenig warten. Wir werfen zuerst gemeinsam einen Blick auf das touristische Paris.

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