Protzig stehen sie da, und ein Hauch Romantik umgeistert ihre Zinnen, Tore, Bäume und Parks von Schlössern, Burgen und Herrenhäusern, selbst dann noch, wenn sie längst verlassen sind. Manches Haus zeigt neuen Putz, frische Farbe, ausgebesserte Details an Skulpturen, Fenstern und Fassaden. Glück haben sie gehabt, diese alten Bauten, wenn sich jemand um sie kümmert. Manche Tore sind verschlossen, Schilder warnen vor wachenden Hunden. Anderswo sind Besucher willkommen und schauen sich um (wie L-IZ.de), staunen oder lassen sogar ihre Fantasie spielen...

Mancher alten Ritterburg sieht man nicht sofort an, wie jung sie wirklich ist. Schlösser wurden öfters im Baustil jeder neuen Epoche umgebaut, abgerissen, anders wieder aufgebaut. Dass ein 500 Jahre altes Bauwerk eigentlich alles überdauert hat, ist fast ein Wunder. Es ist zu sehen, wer wann was veränderte. Frohburgs Schloss hat dem Schmalkaldischen und vielen weiteren Kriegen getrotzt, auch den Plünderungen in Notzeiten, dem Mangel an Baumaterial und dem eitlen Beseitigungstrieb emporstrebender Bauschaffender…

Im Korridor des Obergeschosses schauen Köpfe großer Balken aus der Decke hervor. Sie waren sogar bemalt. Wo längst Zwischenwände eingezogen worden sind, war einmal ein Saal. Im Fassadenputz schaut wie aus einem großen Bilderrahmen romanisches Mauerwerk mit Mörtelfugen in Pietra Rasa aus einer romanischen Bauepoche hervor. Ein zugemauerter Bogen verrät den Rest einer früheren Empore, die sich an der Hofseite erstreckte. Viele Eigentümer und Nutzer verzeichnet die Chronik, die erhaltenen Wappen bestätigen das wie Siegel.
Vor 25 Jahren wohnten hier noch Familien, heutige Großeltern erinnern sich an ihren Kindergarten. Jahrelang haben die Frohburger Bücher ausgeliehen, haben auf dem Hof Schloss- und Fischerfeste gefeiert, Musikschülern- und ihren Lehrern und dem Feuerwehrblasorchester zugehört, Himmelfahrtsbier getrunken und jahrelang Baustellen gesehen…

Versteckte Residenz

Auf der Bundesstraße fährt man von Leipzig über Borna in Richtung Chemnitz durch Frohburg – und hat schnell einen der Abzweige Richtung Schloss verpasst. Wenn man aber vom Marktplatz kommt, muss man den Schlossberg hinauf. Vorbei am alten Brauhaus, das seit ein paar Jahren das neue Domizil der Frohburger Bibliothek ist.  Beinahe hätten die Frohburger das Gebäude abgerissen, als es nach längst vergangenem Bierbrauen und landwirtschaftlicher Nutzung leer stand und im Wege war. Doch vom Brauhaus zur Bücherei – ist ein interessantes Immobilien-Re-Development!

Acht Stunden bis Leipzig: die Postmeilensäule in Frohburg. Foto: Karsten Pietsch
Acht Stunden bis Leipzig: die Postmeilensäule in Frohburg. Foto: Karsten Pietsch

Ganz in Frohburger Tradition neuerer Zeit. Denn auch dem Schloss drohten schon Ideen des Verkaufs. Und das, nachdem es jahrzehntelang etliche Wohnungen, Kindergarten, Museum und Bibliothek beherbergte.

Als die Immobilie keinen Käufer fand, überlegten es sich die Frohburger plötzlich anders! Bürgermeister Wolfgang Hiensch, der seit 1990 im Amt ist, der Stadtrat und mithin die Bürger entschieden sich für den Start der Umbauarbeiten in überschaubaren Etappen und mit ausgeglichener Finanzierung. Wenn Handwerksbetriebe ihre Rechnungen nicht bezahlt bekämen, würde auch keiner „aufs Schloss“ gehen, munkelte man. Und noch immer gehört das Schloss der Stadt und ihren Bürgern, wie es zu Frohburg gehört. Dass es eines Tages ein ganz neues „Schloss-Café“ geben würde, dürfte damals Anfang der 1990er Jahre kaum jemand vermutet haben.

Betritt man heute durch das große Tor mit schmiedeeisernen Ornamenten den mit Feldsteinen gepflasterten holprigen Schlosshof, scheint alles fertig zu sein. Eine Baustelle ist nicht zu erkennen.

Museumsbesucher kommen in Familie oder Reisebus-Stärke. Wochentags am Nachmittag lassen Lehrer und Schüler der Musikschule „Otmar Gerster“ die Instrumente erschallen. Manchmal liegen Blümchen und Glitzerteilchen im Hof, wenn ein Hochzeitspaar vom Standesamt kam und von der Familie gefeiert wurde. Denn wo früher Musik und Tanz erschallten, eine Musikerloge ist hoch oben unter der gewölbten Decke des Bildersaals noch zu erkennen, wird heutzutage standesamtlich getraut.

Und wenn das „Schloss-Café“ geöffnet ist, kann man von seiner Terrasse aus in den Park blicken wie ein stolzer Besitzer. Aber dort hinten, etwas versteckt, wartet auch ein pavillonartiges Gebäude noch auf das nächste Geld für die Bausanierung….

Von der Romanik bis zum Klassizismus

Seit Frohburgs Ersterwähnung 1181 wechselten die Besitzer des Ritterguts und des Schlosses bis 1541 Kurfürst Johann Friedrich von Torgau  Nickel von Teckwitz belehnte. Aus der Spätgotik um 1509 stammen die vier Gebäudeflügel um den Innenhof, wie sie noch heute zu sehen sind. Die Jahreszahlen im nördlichen Giebel 1544 und  1554 über der Tordurchfahrt künden von Besitzerwechseln und Bauetappen.

Im 18. Jahrhundert eiferte der Landadel mit seiner Bautätigkeit dem Kurfürsten nach. Mindestens vier Jahreszahlen für bauliche Veränderungen sind in Frohburg dokumentiert. Man hatte Geld und Freude an Veränderungen. Ein großes Treppenhaus entstand, Stein- und Bildersaal stammen aus dieser Zeit.

Auf einem Bergsporn über der Wyhra thront das Frohburger Schloss und das einstige Rittergut in der Nachbarschaft. Foto: Karsten Pietsch
Auf einem Bergsporn über der Wyhra thront das Frohburger Schloss und das einstige Rittergut in der Nachbarschaft. Foto: Karsten Pietsch

Von den einstigen Schlossherrschaften sind Familienwappen geblieben, in Stein gemeißelt an der Fassade oder in Holz geschnitzt an einer Tür. Neue Farbe hat das Schloss öfters bekommen, vor Jahrzehnten kam ein Gelbton an die Fassade, bis Denkmalpfleger und Restauratoren hellere Töne fanden und wieder herstellten.

Es warteten noch andere Geheimnisse auf Wiederentdeckung. Barocke Formen finden sich an Fenstern und Portalen. Für Farben und gemalte Formen hatte der spätere Schlossherr Ernst Blümner eine Leidenschaft. Zwar wurde die damalige Farbgebung wieder übermalt, aber einzelne Befunde traten unter den Farbschichten zu tage und sind noch erhalten. Zum Glück waren die ursprünglichen Entwürfe der Wanddekorationen noch  im Landesamt für Denkmalpflege vorhanden. Man wusste, wonach man suchte.

Fernweh klassizistisch

Im Steinsaal zeigt ein wandgroßes Fresko den Blick in die Tiefe einer italienische Landschaft. Und im Bildersaal sind die Kassetten der gewölbten Decke schlichte Malerei, aber sie sind damit illusionistische Zauberei.

Um 1900 bezog die Familie Krug von Nidda das Schloss, sie residierte hier bis 1945. Von Nidda war Leipziger Amtshauptmann.

Wohnraum war rar, Platz für einen Kindergarten war nötig. Später kommt noch das Museum hinzu. Hier wurde immer gearbeitet, gelernt, gewohnt. Damit lebte das Schloss. Und der Begriff „Pionierpark“ kam und verschwand auch wieder.

Fenster in die Baugeschichte

In den letzten 20 Jahren hat sich das gesamte Gebäude im Laufe der Bauarbeiten verwandelt, das Schloss-Café kam neu hinzu, hineingebaut ins alte Gemäuer. Und ebenso veränderte sich das Museum unter Leitung von Konstanze Jurzok mit Hilfe von Restauratoren und Denkmalpflegern. Bei laufendem Betrieb passierte das Schritt für Schritt. Weitere Räume wurden zu Ausstellungsräumen und Veranstaltungsorten. Mit neuen Vitrinen veränderten sich die Präsentationsformen. Es ist nichts neu geschaffen oder nachempfunden worden, was gar nicht mehr da war: Das Museum hat sich auch nicht ganz neu erfunden. Aber die Baugeschichte wurde Teil der Ausstellung, Befunde früherer Epochen wurden gekennzeichnet.

Zeitsprünge an den Fassaden im Hof: Wie Eingerahmt wirkt Mauerwerk in Pietra-Rasa-Technik aus der Romanik.  Foto: Karsten Pietsch
Zeitsprünge an den Fassaden im Hof: Wie Eingerahmt wirkt Mauerwerk in Pietra-Rasa-Technik aus der Romanik. Foto: Karsten Pietsch

An die einstigen gemalten Jahreszeiten-Zimmer erinnern Grafiken und alte Fotografien der Räume. Wie durch Fenster schaut man in die Baugeschichte.
Wenn man durch die echten Fenster blickt, bemerkt man, wie sich auch die umliegenden privat genutzten Gebäude verändert haben, und doch ist etwas vom Charakter des alten Ritterguts immer noch zu erkennen.

Keramik, Spiel und Schule

Traditionsbewusst zeigt das Museum die Arbeit des Töpfermeisters Kurt Feuerriegel, der 1910 die Werkstatt Sächsischer Kunsttöpfereien gegründet hatte.
Fayencen, Terrakotta-Plastiken, Ofenkacheln und Baukeramik stehen heute sorgsam beleuchtet in Vitrinen mit Spiegelglas-Rückwänden, damit man die Gefäße rundum betrachten kann.

Kurt Feuerriegel war nach Frohburg geholt worden, um dem Töpferhandwerk Auftrieb zu geben. Das war nach großer Zeit in die Krise gekommen: „Die Städte Frohburg und Kohren machen schon seit langem anderen Orten eine starke Konkurrenz mit einfachem Gebrauchsgeschirr. Hatte die erstere doch bereits 1816 nicht weniger als 13 Meister, die andere in demselben Jahre sogar 14 Meister mit 29 Gesellen aufzuführen.“ („Sächsische Volkskunde“, herausgegeben von Dr. Robert Wuttke in Schönfeld’s Verlagsbuchhandlung, Dresden, 1900.)

Kurt Feuerriegels Handwerkskunst ist nicht nur in den Vitrinen des Frohburger Schlosses zu bestaunen, sondern auch mitten in der Stadt Frohburg und auf dem Marktplatz in Kohren-Sahlis zu sehen, dort sprudelt der Töpferbrunnen.

Mehr-Generationen-Schule

Möbel und Hausrat passend zur Schloss-Geschichte spannen den Bogen zu einer geradezu spielerischen Ausstellung: Historisches Spielzeug aus rund 100 Jahren, Puppen und Puppenstuben, Teddybären, Marionetten und Handpuppen in ganzen Bühnen-Ensembles, Dampfmaschinen… Manches Exponat würde im Jargon von Sammlern als „Stark bespielt“ bezeichnet werden. Doch diese Museumsabteilung verleitet langsam älter werdende Besucher, der nächsten Generation aus ihrer Kindheit zu erzählen.

Im Schulzimmer mit Holzbänken aus der Zeit um 1900 und einer Unterrichtsmittelvitrine im Stil dieser Zeit entdecken größere Besucher Dinge aus früheren Dorfschulen der Umgebung wieder.

In der Frohburger Schloss-Schule lernen Kinder kennen, wie Uroma und Uropa lernten. Und erwachsene  Familien-, Klassentreffen, Firmen und Vereine absolvieren eine Aufnahmeprüfung. Bis hin zur „Alkoholischen Gärung“.  Foto: Karsten Pietsch
In der Frohburger Schloss-Schule lernen Kinder kennen, wie Uroma und Uropa lernten. Und erwachsene Familien-, Klassentreffen, Firmen und Vereine absolvieren eine Aufnahmeprüfung. Bis hin zur „Alkoholischen Gärung“. Foto: Karsten Pietsch

Diese Schule hat Schüler besonderer Art und aller Altersgruppen! Sie kommen jahrgangsweise oder in mehreren Generationen gleichzeitig. Klassen- und Seminartreffen wie auch Familien, Vereine und Firmen finden hier schulische Unterhaltung. Auch Lehrerkollegien sind dabei. Getreu dem Lehrplan erfahren die jüngeren Schüler, wie es zu Uromas und Uropas Zeiten in der Schule aussah und ablief.
Eine „Historische Schulstunde für Erwachsene“ lädt Erwachsene zu einer Wiederbegegnung mit Schulranzen, Brottaschen und sogar Schiefertafeln ein. Ein alter Schulmeister führt eine Aufnahmeprüfung durch, wacht über Disziplin und Fleiß. Aber die Schüler haben offensichtlich Spaß daran, hier noch einmal mit allem Ernst die Schulbank zu drücken! Und ausnahmsweise bringt der Lehrer manchmal bei der Behandlung der „Alkoholischen Gärung“ sogar eine Flasche Heidelbeerwein mit in den Chemieunterricht!

Nachdem es dieses Museums-Angebot bereits etliche Jahre gab, schrieb die Lokalzeitung über den Frohburger Schulmeister: „Der am längsten sitzen gebliebene Lehrer Sachsens“.

Vorsicht!

Fast 1000 Jahre Schlossgeschichte, immer neue Um- und Ausbauten haben Spuren hinterlassen. Aber was ist mit den Geistern von Haus, Natur und Ahnen geworden? – Die Frohburger Regionalliteratur schweigt sich aus! Gespenster? „Fehlanzeige!“

Eine Historikerin im Ort hat schon vor Jahren die Geschichten der Umgebung zusammengetragen, doch Frohburg? – Null!

Haben die plätschernden Erinnerungen an die Wasserburg zwischen Fisch-Teichen und Wyhra-Wehr die Geister gebannt oder gar vertrieben?

Und warum hat sich gerade in der Schloss-Nachbarschaft, wo ein Pfeiler auf eine frühere Zufahrt verweist, eine Praxis für den Einklang von Mensch und Tier angesiedelt?

Herrschaftssitz, Wohnungen, Kindergarten, Bibliothek gab es hier einst, Museum Schloss-Café und Musikschule sorgen heute für Leben im Schloss! Foto: Karsten Pietsch
Herrschaftssitz, Wohnungen, Kindergarten, Bibliothek gab es hier einst, Museum Schloss-Café und Musikschule sorgen heute für Leben im Schloss! Foto: Karsten Pietsch

Einen Reiter ohne Kopf hat man einst einige Felder weiter in Greifenhain gesehen. Hühner, die als Geister erschienen, soll man am alten Schloss in Streitwald wahrgenommen haben.

Auch das ist eine Bahnstation von Frohburg entfernt. Allerdings gibt es diese Eisenbahnverbindung von Frohburg über Streitwald nach Kohren-Sahlis längst nicht mehr. Wohl aber die Geschichte, das einst ein Schwein aus dem fahrenden Zug gefallen sei…

Näher liegend zum Schloss ist das Teichhaus, westlich von Frohburg. Eine Gastwirtschaft mit Herberge liegt inmitten kleiner Gewässer. Dort tagten einst junge Dichter und einer von ihnen soll mit einem Fuhrwerk angekommen sein und wollte auf einer Wiese sein Gefährt wenden. Es sackte ein und musste mit einer Winde und starken Seilen herausgezogen werden. Der junge Mann soll nie wieder etwas Böses über Lyriker und Minnesänger gesagt, und er soll auch nie wieder Verse und Reime geschrieben haben.

Aber man muss ja nicht Fuhrwerke auf feuchten Wiesen wenden wollen. Schon gar nicht in der Gegend von Frohburg.

Frohburger Extras:

Angebote für Kindergruppen: „Schulstunde wie zu Omas und Opas Zeiten“, Museumsbesuch mit Aktivstationen, Schatzsuche, Zuckertütenfest, Weihnachtsfeier, Schreiben mit der Feder, Kindergeburtstag. Für Erwachsene (und Familien): Schulstunde mit Aufnahmeprüfung bei einem alten Schulmeister. Disziplin, Mitarbeit und Humor sind gefragt!

Wann? Wie? Wohin? Weiter?

Museum Schloss Frohburg,
Ganzjährig: Dienstag bis Freitag 09.00 Uhr bis 12.00 Uhr, 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
Mai bis Oktober: Samstag 14.00 –17.00 Uhr
Sonntag/Feiertage 11.00 – 17.00 Uhr.
Gruppenbesuche sind auf Anmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich.
Florian-Geyer-Straße 1, 04854 Frohburg,  Tel. (034348) 5 15 63,

Achtung! Einen Lift hat das Schloss leider nicht. Zur ersten Etage sind es aber nur 22 Stufen.

Autobahn A 72 bis Abfahrt Frohburg, Bahn von Leipzig oder Chemnitz nach Geithain, dann mit der S-Bahn nach Frohburg.

Routenvorschlag 1: Kurt Feuerriegel in Frohburg und die Töpferstadt Kohren-Sahlis mit Töpfermuseum und Töpfermeisterbetrieben.

Routenvorschlag 2: Lutherweg. Von Station 23: Borna über Frohburg nach Kohren Sahlis zur Station 22: Burg Gnandstein. – Schloss Frohburg liegt direkt am Lutherweg.

Aktuelles

Sonderausstellung  „Chic im Osten“ – Mode in der DDR. Mit vielen Schätzen aus Schränken in Frohburg und Umgebung. (Bis 30.09.2015),
13. September, 16.00 Uhr „Chic im Osten – Retromodenschau“,
28. November, 15.00 Uhr Adventskonzert der Musikschule „Otmar Gerster“

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