Sofortigst muss ich mich korrigieren. Natürlich bekam ich kein Schaf, sondern ein Lamm. Mit Stäbchen und Fähnchen. Denn es ostert derweil. Im Garten ganz zart. Man sieht die Narzissen zittern wie Espenlaub. Es ist eine Lammkälte im Land. Dabei freut sich doch alles auf Osterspaziergänge. Mit Kind, Kegel und Lamm. Manche suchen auch Hasen.

Doch wie unsereins lernt beim Durchwandern heiliger Hallen und druckerfarbetrunkener Lexika: Es war das Lamm und nicht der Hase, das einst dem Tag seine Bedeutung gab, den wir auch feiern, weil wir glauben, es wäre wichtig. Wir wissen nur nicht mehr, warum. Und warum jetzt, wo der Mond sich wieder rundet. Was man dann Vollmond nennt. Frühlingsvollmond. Gefeiert schon seit Jahrtausenden, nicht nur, weil jetzt alles grünt und blüht hierzulande. Und die jungen Mütter ihren Spaß dabei haben, im Garten Hasen und Hühner und Eier zu verstecken.

“Das ist doch heidnisch”, sagte ich jüngst, gestern oder drei schöne Eierschecken her zu meiner liebsten Bäckerin.

“Du bist selbst ein Heide”, sagte sie.

Aber ich mag gute Geschichten. Das mag sie auch. Erst recht, wenn sie nach Ägypten führen, ins Land der Lämmer und Pharaonen und der Ausreisewilligen. Denn es war anno Dings (“Wirf mir nur ja keine Jahreszahlen an den Kopf!”), da zogen die Stämme Israels aus aus Ägypten. Hinüber ins Heilige Land, raus aus der ägyptischen Gefangenschaft. Ein Tag zum Feiern, wenn man im Asyl auch Fuß fassen kann. Das ist nicht jedem vergönnt. Und wenn man auch noch sein eigenes Königreich bekommt. Und wenn ich jetzt bei der jüdischen Gemeinde anrufe, wird mir Herr Rabbi bestätigen: “Recht haben Sie, Herr Leu.”

Mit dem Passahfest feiern die Juden bis heute den Tag ihrer Befreiung aus Ägypten. Immer am Tag des Frühlingsvollmonds. Der ist diesmal am Freitag, 6. April.

“Da schlachten sie einen Hasen.”

Nein. Ein Lamm. Denn der Herr sprach zu seinen in Ägypten verlorenen Schäfchen: “Eine Plage noch will ich über den Pharao und Ägypten kommen lassen.””Hasen?”

Nein. Er wollte nur alle Erstgeborenen erschlagen.

“Ist ja schrecklich….”

Nur die Stämme Israels wurden verschont, denn sie hatten zuvor alle ein paar Lämmer geschlachtet, das Blut an die Tür geschmiert – und das war das Zeichen dafür, dass sie verschont wurden. Und die Lämmer haben sie ratzputz aufgegessen. “Ihr sollt es weder roh essen noch mit Wasser gekocht, sondern am Feuer gebraten mit Kopf, Schenkeln und inneren Teilen. Und ihr sollt nichts davon übriglassen bis zum Morgen …” (2. Mos. 12).

“Und die Hasen?”

Kommen in der Geschichte nicht vor. Vielleicht gab’s auch keine in Ägypten und später in Jerusalem, als die Einwohner dort ihr Passahfest vorbereiteten und die Lämmer schlachteten in der Nacht und Jesus genau in der Stunde gekreuzigt wurde.

“Ist ja schrecklich.”

Deswegen feiern eigentlich auch die Christen nicht am Karfreitag, sondern erst am Tag danach.

“Mit Lämmern?”

Meistens nicht. Oder doch? Ich muss meinen Pfarrer fragen, der mich für einen ungläubigen Thomas hält, weil ich ihn jüngst gefragt habe, wo denn nun der Osterhase seinen Altar hat. Hat er natürlich keinen. Nur das Lamm darf in die Kirche, weil es für den gekreuzigten Jesus steht, das Lamm Gottes.

“Und jetzt willst du einen Lammbraten am Sonnabend?”Nein. Ich hab ja mein Lamm. Aus Schokolade. Geschickt mit freundlichen Grüßen von Herrn Benno-Verlag, der vor Weihnachten sogar lauter kleine Bischöfe verschickt hat, weil auch der Weihnachtsmann eigentlich nichts Rechtes und nichts Ordentliches ist. Nur so eine Art Platzhalter für den Heiligen Nikolaus.

“Und wo hast du dein Lamm?”

Naja. Eben war es noch da. Vielleicht habe ich ein wenig zu streng geschaut. Vielleicht hat es sich gefürchtet. Milchschokolade ist nicht besonders tapfer, auch wenn sie ein hübsches Schafsfell aus Folie hat.

“Ein Lammfell ..”

Oder ein Lammfell. Wie schrieb mir doch Herr Benno-Verlag so freundlich? – “Egal ob groß oder klein, bei Familie oder Freunden, mit dem Schoko-Osterlamm ist die Überraschung im Osternest garantiert. Auf unbefangene Weise lernen Kinder dabei auch mehr über die christlichen Traditionen.”

“Und über vernaschte Herren mit kleinem Bäuchlein.”

War ja auch nur ein kleines Lamm. – Stäbchen und Fähnchen sind noch übrig. Denn das Lamm wird – in diesem Bezug – mit Siegesfahne dargestellt: Hat ja am Ende gewonnen, soll das heißen. “Würdig ist das Lamm, das geschlachtet wurde, Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, Kraft und Ehre, Herrlichkeit und Lob …” (Offb 5.9)

Das Fähnchen trägt das Christusmonogramm. Wenn ich das an mein Revers hefte, fällt der Anarchist unten aus der Erdgeschosswohnung in Ohnmacht. Er hält mich für einen glühenden Gottesverleugner. Bin ich ja auch. Sechs Tage die Woche. Außer sonntags. Da erklär ich meiner trauten Bäckerin, was das eigentlich heißt: “Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.” Oder noch ein bisschen mehr. Findet sie immer schön und beschwert sich auch nicht. Nur darüber, dass ich an den restlichen Tagen so ein ungläubiger Bube bin. Donnerstags zum Beispiel. Denn das Lamm hätte ich ja teilen können, meint sie.

“Aber es hat mich doch so treudoof angeschaut. Da konnte ich nicht anders …”

Da hat sie mich. Aber ich sag’s nicht weiter.

Herr Benno mit seinen Lämmern ist hier zu finden: www.st-benno.de

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