Der Husten macht mich noch wahnsinnig. Gestern hat es wieder geregnet, die Luft steht. Aber es hat auch sein Gutes. Die Wände schimmeln, doch das Tropfwasser ist trinkbar. Ich weiß nicht mehr genau, wie lange ich schon im Keller bin. Zwei Wochen bevor diese seltsame Balltreterveranstaltung begann, habe ich das Smartphone der Marke "irgendwas mit Ortungsfunktion" meinen Guppys ins Aquarium zum Spielen gegeben. Und die Jungs anschließend ins Klo gespült.

Nun schwimmt meine neue Identität irgendwo zwischen Klärwerk und Leipziger Neuseenland herum und ich sitze im Untergrund. Als Facebook das neue Update schickte, hat es angeblich kurz vor Markkleeberg geblubbert. Die alte “Erika” leistet unterdessen gute Dienste. Die Tauben auch.

Ein paar Quadratzentimeter Licht, aber sie finden immer wieder zurück. Schon erstaunlich, was die Natur so kann. Wenn sie erwischt werden, fressen sie sogar die Zettel umgehend auf. Die alte “Enigma” kommt nicht mehr in Frage, damit ist Vadder schon im U-Boot auf britischen Grund gelaufen. Aber die “Erika” rattert fröhlich vor sich hin, das Verkleben der Wände mit Eierkartonage dämmt das Anschlaggeräusch, A, B und C sind von außen wohl kaum noch zu unterscheiden. Man hat ja dazugelernt, seit die ersten Schreibmaschienen herauskamen.

Nur das Herumlaufen in diesen blauen Müllsäcken (an der Naht auftrennen, das neue Zusammenfügen geht mit einem einfachen Föhn – dicht dran halten. Falls kein Strom da ist – immer guten Kleber im Haus haben) und die Op-Handschuhe nerven doch sehr. Vor allem der Wasserverlust ist wegen der Schweißentwicklung wirklich immens …

Aber was tut man nicht alles, um den DNA-Abdruck zu vermeiden? Nur bei den Augen bin ich mir noch unsicher. Die Scans nerven schon, aber noch habe ich es immer geschafft, einfach die Augen zu schließen. Ich weiß ja, wo die Kameras stehen und bevor ich mir neue besorgen muss …

Nun bin ich hier, es ist Juni, die WM beginnt wohl gerade und irgendwo blüht sicher irgendeine Pflanze, der man noch nicht in den Arsch getreten hat. Taube flieg. Seit Jahren haben wir die Wege zu allen geübt, die bei der L-IZ arbeiten. Ich bleibe ab jetzt im Keller, egal, was irgendwer verspricht.

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