Von Ronny Stöck: Liebe Leipziger Internet Zeitung, mit Interesse habe ich euren aktuellen Beitrag zu RB Leipzig gelesen. Hier meine Gedanken dazu: Wenn ein Aufsteiger eine Transferbilanz von 60 Mio Euro hat, darf man ruhig von „erkauft“ reden! Welcher Aufsteiger in der Bundesligageschichte konnte bitte in seinem ersten Jahr so mit Geld um sich werfen? Geld, das eben nicht durch sportliche Erfolge vorher verdient wurde! Noch mal – allein ein Transferdefizit von MINUS SECHZIG MILLIONEN! Dazu kommt für die erste Bundesligasaison ein Jahresetat von ca. 40 Mio Euro.

Schauen wir noch auf die Transferbilanz der letzten beiden Jahre – 2015/2016: -23,2 Mio Euro. Und 2014/2015 (im ersten Zweitliga Jahr): -23,35 Mio Euro! Also allein in den letzten 3 Jahren: -106,55 Mio Euro als Transferdefizit.

Andere Vereine müssen sich das Geld für Transfers hart erarbeiten durch Ligaerfolge und daraus resultierendes Sponsoring! Und genau das macht den entscheidenden Unterschied und stört bei Vergleichen mit anderen Mannschaften. Mannschaften wie Freiburg, die eine überragende Saison spielen, oder Union Berlin und Dynamo Dresden – die mit bescheidenen Mitteln eine tolle Saison spielen. Hier wird durch kontinuierliche Arbeit ein Fundament für die Zukunft gelegt und die Erfolge werden dann eben nach und nach eingefahren. Bei RBL war das Geld bereits vor dem aktuellen Erfolg in großen Säcken da – es musste „nur“ klug angelegt werden.

Betrachten wir daher die „gelobten“ Transfers: Allein in dieser Saison vier Spieler vom Schwester-Club Salzburg. Im Jahr davor drei Spieler plus „Rückkehrer“, die man leihweise in Salzburg „geparkt“ hat. Insgesamt nicht weniger als 12 Spieler, die von Salzburg nach Leipzig kamen – also mehr als eine Mannschaft, die auf dem Platz stehen kann. Nicht zu vergessen, dass auch ein Planer wie Ralf Rangnick vor seinem Job bei RBL zu Salzburg gehörte – wen wundert es also, wenn er die Spieler und Verträge der Mozartstadt kennt?

Ein Sabitzer-Transfer wird gelobt? Nun der war möglich, weil er damals bei Rapid die Ausstiegsklausel fürs Ausland hatte – und wurde dann eben erstmal bei Salzburg „geparkt“. Einem nationalen Wettbewerber von Rapid! Ziemlich fragwürdig.

Ein Keita hat auch schon 3 Jahre in Salzburg gezeigt, was er kann. In den drei Jahren hat er seinen Wert bereits gesteigert – so war er im Sommer ca. 11 Mio Euro Wert, als RBL ihn für 15 Mio Euro verpflichtet hat. Ein Bruno – der 2014 für 5 Mio Euro nach Leipzig kam, wird bei euch gar nicht erwähnt. Gleiches gilt für Omari, der Anfang 2015 von Austria Wien für 7 Mio Euro kam. Wo ist Nukan, der im Sommer 2015 für 5 Mio Euro von Besiktas kam, in eurer Aufzählung? Oder Selke – für 8 Mio Euro damals in die Zweite Liga gelockt. 25 Mio Euro für vier Spieler – welcher Verein der zweiten Liga konnte in den letzten 5 Jahren solche Transfers stemmen, OHNE wirkliche Transfereinnahmen vorzuzeigen?

Bleibt also festzuhalten, dass RBL sowohl Glücksgriffe, als auch teure Fehlgriffe hatte. Fehlgriffe, die sich normale Zweitligisten nicht hätten leisten können. Stellen wir außerdem fest, das Leipzig sehr gerne Spieler aus Salzburg geholt hat, weil man wusste, wen man sich da holt. Dass dabei in zwei Jahren 2. Liga ca. 50 Mio Euro Ablösen gezahlt wurden, ist dann auch nicht mehr ganz so normal.

Oder schmeißen Stuttgart, Hannover oder andere Teams der zweiten Liga so mit Geld um sich? Nicht unerwähnt sollte auch noch bleiben, dass der eine oder andere Spieler, der aus Salzburg kam, dort auch schon international gespielt hat! Qualität war also vorhanden und bekannt.

Das RBL den einen oder anderen guten Griff gemacht hat (Forsberg, Poulsen), spricht für deren Scouting – neben dem Trainerstab ein zweiter Punkt, für den man den Verein wirklich loben darf. Aber hier hat das bereits bestehende RB-Netzwerk plus Rangnicks gutes Netzwerk einfach perfekt gepasst. Auch ein solches Scouting-System müssen sich andere Vereine erst mühevoll erarbeiten. Mit manchen Verantwortlichen kauft man sich halt auch immer Know-How ein, wie auch die Bayern damals mit ihrem Kaderplaner Reschke, den man aus Leverkusen geholt hat.

Es ist für mich am Ende wirklich kein Wunder, dass RB da steht, wo sie aktuell sind – wer den Werdegang der Mannschaft verfolgt hat, wer sich bereits vorher mit der Person Hasenhüttl beschäftigt hat und der Art, wie er favorisiert, Fußball spielen zu lassen (siehe Vorjahre Ingolstadt), der hat bereits vor der Saison (ohne allzu mutig zu sein) behaupten können, dass Leipzig ein Kandidat für die internationalen Plätze sein wird. Dass man von Vereinsseite anfangs die Erwartungen nach unten drückt, ist doch verständlich. Besonders weil das erste Pflichtspiel in Dresden nicht gänzlich nach Plan verlief.

Da am Ende (fast) alles so perfekt im ersten Jahr umgesetzt werden konnte, sollte ein Lob an das Trainerteam nicht unerwähnt bleiben – die Millionen müssen schließlich auch erst einmal in die richtige Spur gelenkt werden. An dem Märchen „gekaufter Erfolg“ ist am Ende aber doch viel Wahres dran!

Zum Kommentar: Das Märchen vom erkauften Erfolg auf L-IZ.de

In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer

In eigener Sache (Stand Mai 2017): 450 Freikäufer und weiter gehts

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar