Auch die sächsischen Wohnungsgenossenschaften bekommen es zu spüren, dass in Sachsen zwei völlig gegenläufige Entwicklungen zu erleben sind: In den ländlichen Regionen schwindet die Bevölkerung, der Leerstand steigt und Wohnungsabrisse sind noch an der Tagesordnung. In den Großstädten aber muss gebaut werden und der Leerstandspuffer verschwindet.

Am Dienstag, 24. Mai, stellten sie in Dresden die aktuellen Zahlen für die Entwicklung im ganzen Land vor. Zum 31. Dezember 2015 verwalteten die im VSWG organisierten Wohnungsgenossenschaften einen Bestand von 275.141 Wohneinheiten (WE). Gegenüber dem Vorjahr (278.516 WE) ergab sich eine Veränderung von 3.375 Wohneinheiten, von denen 2.037 durch Abgänge in der Mitgliedschaft erklärt werden können. Neben dem eigenen Bestand verwalten die sächsischen Wohnungsgenossenschaften 8.257 Wohneinheiten für Dritte.

Operativ standen den insgesamt 696 Zugängen aus Neubau (532 WE) und dem Erwerb von Wohnungen (164 WE) insgesamt 2.034 Abgänge aus dem Verkauf von Wohnungen (656 WE), Abriss und Rückbau (774 WE), Zusammenlegung (189 WE) und sonstige Abgänge (410 WE) gegenüber.

Die Wohnungsgenossenschaften investieren deutlich mehr

Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften haben im Geschäftsjahr 2015 die Investitionen in ihre Bestände deutlich auf 348,3 Millionen Euro (Vorjahr: 318,9 Millionen Euro) gesteigert. Das entspricht einem Anstieg von 9,2 Prozent oder 29,4 Millionen Euro. Sowohl die investierten 190,1 Millionen Euro in die Instandhaltung (Vorjahr: 165,9 Millionen Euro) als auch die 110,2 Millionen Euro in die Modernisierung (Vorjahr: 93,1 Millionen Euro) lagen deutlich über dem Vorjahresniveau. Lediglich die Investitionen in den Neubau lagen mit 48,0 Millionen Euro unter dem Vorjahresniveau (Vorjahr: 59,9 Millionen Euro).

„Trotz niedriger Neubauinvestitionen im Jahr 2015 konnten deutlich mehr Wohnungen als im Vorjahr fertiggestellt und an die Mitglieder übergeben werden. Das ist vor allem dadurch begründet, dass zahlreiche Vorhaben bereits 2014 begonnen, aber erst 2015 fertiggestellt wurden“, stellte Dr. Axel Viehweger, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG), fest.

Im Geschäftsjahr 2016 planen die sächsischen Wohnungsgenossenschaften insgesamt rund 394 Millionen Euro und somit nochmals etwa 46 Millionen Euro mehr als im Vorjahr zu investieren. Die Erhöhung resultiert vor allem aus um fast 30 Prozent gestiegenen Modernisierungsinvestitionen in Höhe von voraussichtlich 142 Millionen Euro. Dabei sind vor allem Maßnahmen zur Erhöhung der Wohnqualität (z. B. Balkone oder energetische Sanierung) oder zur Reduzierung von Barrieren (z. B. Aufzüge, Badsanierung oder Grundrissanpassungen) als Ursache zu nennen. Auch die Neubauinvestitionen werden mit voraussichtlich 61 Millionen Euro in etwa das Niveau des Rekordjahres 2014 erreichen. Viele Unternehmen haben ihre Neubauvorhaben vorgezogen und noch 2015 eine Baugenehmigung nach den bis dato geltenden Anforderungen beantragt.

„Grundsätzlich lassen sich die deutlich gestiegenen Investitionen auch durch das günstige Zinsumfeld erklären. Viele Unternehmen nutzen das niedrige Zinsniveau, um Investitionen zu tätigen oder den aufgrund von Umschuldungen gewonnenen Spielraum für Modernisierungen oder vorgezogene Instandhaltungen zu gebrauchen“, erklärt der VSWG-Vorstand.

Rekordneubautätigkeit

Im Jahr 2015 wurden insgesamt 532 neue Wohneinheiten errichtet und damit 173 Prozent mehr als im Vorjahr (195 Wohneinheiten). Insgesamt lässt sich weiterhin ein positiver Neubautrend erkennen. Dieser beschränkt sich nicht nur auf die drei sächsischen Ballungszentren Dresden, Leipzig und Chemnitz, sondern verteilt sich verstärkt auf Ober- und Mittelzentren.

„Dabei können Neubauprojekte auch in Regionen mit vergleichsweise hohem Leerstand dazu dienen, neue Zielgruppen durch qualitativ hochwertigen, ansprechenden Wohnraum zu akquirieren oder Angebote mit integrierter Pflegedienstleistung im Gebäude zu schaffen. Doch bereits für das Jahr 2016 lässt sich eine erneute Trendwende hin zu sinkenden Neubauzahlen erkennen. Durch die zum 1. 1.2016 erneut gestiegenen energetischen Anforderungen hat sich das Bauen um weitere 7 bis 10 Prozent verteuert und die Neubaumiete über die 10-Euro-Grenze steigen lassen. Dieses Mietniveau ist für den Großteil der sächsischen Bevölkerung nicht mehr finanzierbar“, betont Sven Winkler, Referent für Betriebswirtschaft des VSWG.

Im neuen Geschäftsjahr 2016 werden durch Neubauprojekte voraussichtlich ca. 330 neue Wohnungen auf den Markt gebracht.

Leerstandquote rückläufig

Der Leerstand in den sächsischen Wohnungsgenossenschaften betrug zum 31.12.2015 insgesamt 21.593 Wohnungen (Vorjahr: 21.639 WE). Somit ergibt sich eine Leerstandquote von 7,8 Prozent (Vorjahr: 7,8 Prozent). Die Leerstandquote verbleibt weiterhin auf einem seit 2011 relativ konstanten Niveau und liegt zum Teil deutlich unter den Leerstandquoten der Mitbewerber vor Ort. Insgesamt lassen sich deutliche Unterschiede bei der Entwicklung der Leerstände feststellen.

„Während vor allem die Ballungsräume stark rückläufige Leerstände aufweisen, verzeichnen wir in einzelnen Regionen wieder leicht steigende Leerstände. Der Leerstand der sächsischen Wohnungsgenossenschaften hat im Jahr 2002 mit knapp 14 Prozent seinen Höhepunkt erreicht und ist seitdem kontinuierlich auf das heutige Niveau von 7,8 Prozent gefallen. Diese Leistung ist vor allem den Anstrengungen der Wohnungsgenossenschaften zuzuschreiben, die mit Weitblick gezielt Rückbau, Abriss und Aufwertung betrieben haben. Mittlerweile ist festzustellen, dass der Leerstand in vielen Regionen in Sachsen wieder leicht ansteigt. Ursächlich sind vor allem die demografischen Entwicklungen sowie zum Teil mangelnde Arbeitsplätze im ländlichen Raum“, so Sven Winkler weiter.

Dies führt weiterhin dazu, dass die Städte und Oberzentren einen Zuzug zulasten der Unterzentren und des ländlichen Raums erfahren. Vor allem die Stadt Leipzig konnte auf diese Weise den Leerstand im letzten Jahr deutlich von 8,6 auf 7,7 Prozent reduzieren.

Moderater Anstieg der Wohnkosten

Auch im Jahr 2015 haben die sächsischen Wohnungsgenossenschaften einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit bezahlbarem Wohnraum geleistet. Die Nutzungsgebühren für die Wohnungen lagen mit 4,70 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche nur geringfügig über dem Vorjahreswert. Die Erhöhung der Nutzungsgebühren ist u. a. auf den Neubau, die weitere Modernisierung der Bestände und erhöhte Neuvermietungsmieten zurückzuführen. Auch die kalten Betriebskosten lagen mit 1,10 Euro nur unwesentlich über dem Vorjahresniveau.

Die warmen Betriebskosten konnten u. a. aufgrund gesunkener Energiepreise und gesunkenen Verbräuchen aufgrund energetischer Sanierungen in den Wohnungsbeständen um 3 Cent auf 1,06 Euro pro Quadratmeter reduziert werden.

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