Im Umfeld der letzten Legida Proteste am 20.04.2015 in Leipzig kam es zu mindestens zwei Situationen, an denen Polizisten unverhältnismäßige Brutalität bei der Räumung von Sitzblockaden gezeigt haben. Die Räumung der Sitzblockade am Neuen Rathaus, bei denen zahlreiche Personen verletzt wurden wird nun ein juristisches Nachspiel haben.

Dazu Marco Böhme, MdL: “Ich habe mich nach längerer Diskussion mit Betroffenen und Zeugen dazu entschlossen, eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Körperverletzung im Amt und unterlassener Hilfeleistung bei der Staatsanwaltschaft Leipzig einzureichen. Die brutale Räumung an der Kreuzung Martin-Luther-Ring war aus meiner Sicht nicht nur unverhältnismäßig, sondern auch rechtswidrig.”

Gegen 18:45 Uhr versammelte sich eine Gruppe aus ca. 40 Personen an der Kreuzung Martin-Luther-Ring/Harkortstraße/Karl-Tauchnitz-Straße. Zu diesem Zeitpunkt war die Kreuzung frei zugänglich, es bestand keine Polizeiabsperrung. Die Gruppe entschloss sich zu einer Versammlung auf der Kreuzung um Protest gegen den 10. Aufmarsch von Legida zu zeigen. Unmittelbar danach näherte sich eine größere Gruppe Polizisten die beim Eintreffen ohne Vorwarnung sofort Reizgas in der Umgebung versprühten, zum Teil aus einer Entfernung von weniger als 30 cm auf die Betroffenen, und mit den Mitteln des unmittelbaren Zwanges die Kreuzung versuchten zu räumen. Mindestens 3 Personen der Versammlung wurden durch Reizgas aus unmittelbarer Nähe getroffen, sodass diese unter Schmerzen bewegungsunfähig am Boden lagen. Andere Personen wurden von Polizisten getreten und ohne Kommunikation einfach geschlagen.

Die Vorfälle wurden durch Fotos festgehalten und sind hier dokumentiert:
https://www.flickr.com/photos/110931166@N08/17031822869/in/photostream/

https://m.flickr.com/#/photos/strassenstriche/17216585851/

Die Anzeige richtet sich gegen zwei Aspekte der Vorfälle am vergangen Montag auf der Kreuzung Martin-Luther-Ring. Zum einem gegen die äußerste Brutalität der Räumung und der unterlassenen Hilfeleistung der Betroffenen danach (die verletzten Personen mussten knapp eine Stunde auf einen Krankenwagen warten). Zum anderen richtet sich die Anzeige gegen die Räumung an sich. Die Polizei räumte die Blockade unmittelbar und ohne Kommunikation. Es gab keine Möglichkeit der Betroffenen eine Versammlung bei der Versammlungsbehörde anzuzeigen, die wiederum entscheiden muss, ob eine Versammlung genehmigungsfähig ist oder nicht. Zudem wurde von der Polizei unmittelbarer Zwang ausgeübt, ohne Vorwarnung und damit die Möglichkeit die Kreuzung wieder zu verlassen.

Böhme: “Die Anzeige soll diesen Vorfall juristisch aufklären und eine Prüfung des Einsatzes veranlassen. Viele Betroffene von Polizeigewalt haben Angst die Polizei anzuzeigen, weil in der Regel eine Gegenanzeige folgt und 98 % aller Ermittlungsverfahren gegen Polizisten eingestellt werden. Bei diesem Vorfall liegen nun aber Beweise und Zeugenaussagen vor, sodass eine Prüfung des Einsatzes erfolgversprechend ist. Einige Polizisten haben sich vor Ort ebenfalls betroffen von der Gewalt ihrer Kollegen gezeigt. Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass man die betreffenden Einzelpersonen nicht identifizieren kann, unter dem die gesamte Polizeiarbeit leidet und letztlich unsere gesamte Demokratie.”

Es wird zudem eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Einsatzleiter (zur Brutalität der Räumung), sowie eine Fortsetzungfeststellungsklage (zur Feststellung, dass der Polizeieinsatz an dieser Stelle und mit diesen Mitteln rechtswidrig war) vom Rechtsanwalt Jürgen Kasek eingereicht.

Der Anzeigetext für die Staatsanwaltschaft Leipzig als pdf zum Download.

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