Zum ersten, zum zweiten, zum dritten: Erneut stehen Flächen sächsischer Naturschutzgebiete meistbietend zum Verkauf. Meistbietende sind die Gewinner, die Natur ist der Verlierer. So stehen derzeit Flurstücke im Naturschutzgebiet und gleichnamigen europäischen FFH-Gebiet "Waschteich Reuth" im Vogtlandkreis zum Verkauf. Der NABU kritisiert die Verfahrensweise des Freistaats.

Bernd Heinitz, Landesvorsitzender des NABU Sachsen dazu: “Der Freistaat muss seiner in den Naturschutzgesetzen vorgegebenen Vorbildwirkung gerecht werden und auf Flächen der öffentlichen Hand die Erhaltung und Nutzung der biologischen Vielfalt in vorbildlicher Art und Weise umsetzen. Dazu gehört die dauerhafte Sicherung seiner Schutzgebiete, als einer wesentlichen Grundlage für die Schaffung eines landesweiten Biotopverbunds. Der Verkauf an privat ist der falsche Weg, insbesondere wenn es sich um Schutzgebietsflächen handelt.”

Ein Brief an die anerkannten Naturschutzvereinigungen Sachsens vom 19. August 2015 zum Biotopverbund lässt vielleicht hoffen. Darin schreibt Staatsminister Thomas Schmidt: “Für die freistaatlichen Flächen, für die das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) verantwortlich ist, werden im Rahmen seiner Vorbildwirkung auch die Erfordernisse des Biotopverbundes entsprechend berücksichtigt. Weiterhin wollen wir zeitnah ein Monitoring zum Biotopverbund erarbeiten, um den Erfolg der Aktivitäten in der Fläche zu kontrollieren, damit gegebenenfalls reagiert werden kann.”

Die Wirklichkeit sieht momentan noch anders aus. Nachdem durch den Vogtlandkreis bereits 2012 und 2014 Flächen aus dem Naturschutzgebiet “Waschteich Reuth” an Privatpersonen verkauft wurden, stehen nun Flächen des Freistaates meistbietend zum Verkauf.

Um Schlimmstes zu verhindern, gab auch die NABU-Regionalgruppe “Zwickau und Umgebung e. V.” ein Angebot ab. Doch kann es sein, dass eine kleine ehrenamtlich tätige Naturschutzgruppe ihre bescheidenen Mittel einsetzen muss, um für den Freistaat Naturschutzflächen zu sichern? Im Schreiben des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement ist zu lesen: Da der Freistaat Sachsen an die Prämissen der Sächsischen Haushaltsordnung gebunden ist, hat er entbehrliche Liegenschaften freibleibend zum Höchstgebot zu veräußern bzw. zu verpachten. Doch wie entbehrlich sind Naturschutzgebiete in einer von ausgeräumten Agrarlandschaften geprägten Region bis in die angrenzenden Landkreise Zwickau und Greiz hinein? Sie müssen eigentlich dauerhaft geschützt werden!

Es ist höchste Zeit, dem Ausverkauf von Flächen in Schutzgebieten sofort ein Ende zu setzen. Der Verkaufsstopp für das NSG “Waschteich Reuth” wäre ein Anfang. Für den Naturschutz wäre es ein großer Gewinn. Naturschutzflächen gehören in Naturschutz-Hand!

Außerdem sollte der Freistaat darauf hinwirken, dass auch BVVG-Flächen in Sachsens Schutzgebieten nicht an Privatpersonen veräußert werden. Aktuell wird nach meistbietenden Käufern für eine Fläche im Schutzgebietssystem “Grünes Band” gesucht.

Für viele Naturlandschaften in Sachsen haben bereits seit Jahren die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt und Naturschutzvereinigungen die Verantwortung übernommen. “An erster Stelle steht dabei, diese Naturschätze im Sinne des Naturschutzes zu erhalten und zu entwickeln. Diese Verantwortung sollte auch der Freistaat nicht aus den Augen verlieren”, so Heinitz abschließend.

Der Umgang des Freistaates mit seinen Schutzgebieten

Auch am Beispiel des Verkaufs der Mothäuser Heide, einem der ältesten Naturschutzgebiete Sachsens, zeigt sich, wie ignorant der Freistaat seit vielen Jahren mit dem Bedürfnis seiner Bürger an intakten, gesunden Naturräumen umgeht. 1995 wurde das NSG weit unter Wert zu Jagdzwecken und forstwirtschaftlicher Nutzung an private Investoren verkauft. Es folgten massiver Holzeinschlag und Verkauf an einen weiteren Privatinvestor mit Millionen-Gewinnen. Auf der Strecke blieben die Naturschutzziele im NSG. Der Eigentümer beklagte sogar Nutzungsbeschränkungen durch den Naturschutz.

Eine ähnliche Situation ist im NSG “Syrau-Kauschwitzer Heide” zu beobachten, bei dessen Privatisierung der NABU als Mitbewerber aufgetreten war, aber den Zuschlag nicht erhielt.

Wer sich über das Schutzziel der Naturschutzgebiete informiert, erfährt, dass es rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete sind, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen erforderlich ist. Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten. Soweit es der Schutzzweck erlaubt, können Naturschutzgebiete der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden.

Derzeit sind rund 3,6 % der Bundesfläche durch Naturschutzgebiete gesichert. 217 festgesetzte Naturschutzgebiete (NSG) sowie ein einstweilig sichergestelltes NSG (“Am Ruhmberg”, Leipzig) machen mit 53.521,23 ha zusammen 2,91 % der Landesfläche aus.

Die Liste der FFH-Gebiete in Sachsen enthält alle nach der Richtlinie 92/43/EWG (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) durch den Freistaat Sachsen festgesetzten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB), kurz FFH-Gebiete genannt. Der Freistaat Sachsen hat 270 Gebiete mit einer Gesamtfläche von 168.665 ha an die Europäische Union gemeldet. Das entspricht 9,16 % der Landesfläche.

An eine dauerhafte Sicherung von Naturschutzgebieten, FFH-und SPA-Gebieten in Sachsen glaubt der NABU mittlerweile nicht mehr. Die Streichung des gesetzlichen Vorkaufsrechtes zu Gunsten des Naturschutzes und die extreme Einschränkung der finanziellen Förderung bei Landkäufen durch die Vereine auf der einen Seite und die Verkäufe an private Nutzer bei ständig steigenden Bodenpreisen auf Grund von Spekulationen auf der anderen Seite werden dem sächsischen Naturschutz weitere Verluste beim Erhalt der biologischen Vielfalt als einem Teil der Lebensgrundlage des Menschen zufügen.

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“1995 wurde das NSG weit unter Wert zu Jagdzwecken und forstwirtschaftlicher Nutzung an private Investoren verkauft. Es folgten massiver Holzeinschlag und Verkauf an einen weiteren Privatinvestor mit Millionen-Gewinnen.”

Eindeutig ein Verstoß gegen § 63 Abs. 1 SäHo!
Ein sogenannter “Marktpreis” der angeblich bei solchen Verkäufen durch Ausschreibung erzielt werden kann, ist nicht vom Haushaltsrecht gedeckt!

Der Verkauf ist nur zum Verkehrswert zu tätigen.
Wenn dieser nicht erzielt werden kann, darf nicht veräußert werden!!!!

Wenn hier ein Millionnengewinn von privaten Käufern erzielt werden konnte gibt es zwei Möglichkeiten:
– entweder war das Wertermittlungsgutachten grob falsch
oder
– der Verkauf erfolgte unter dem Verkehrswert.

In beiden Fällen ist eine sofortige Überprüfung durch den Rechnungshof erforderlich. Gleichzeitig ist meines Erachtens eine Einleitung eines Disziplinarverfahrens und strafrechtliche Ermittlungen durch INES zwingend erforderlich!
Außerdem ist ein sofortiger Verkaufsstopp durch das Finanzministerium zu verhängen.

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