Leicht gemacht wird es der Sparkasse Leipzig nicht unbedingt, ihre Brötchen zu verdienen und am Jahresende Überschüsse abzuliefern. Auch wenn am Jahresende 2015 wieder ein Jahresüberschuss von 17 Millionen Euro zustande kam - so wie 2014 auch. Aber es hätte mehr sein können. Die Niedrigzinspolitik der EZB verhagelt auch der Sparkasse Leipzig einen Teil ihres Geschäfts.

Nicht so heftig, wie vom Vorstand befürchtet. Von einer „praktischen Abschaffung der Zinsen“ sprach Dr. Harald Langenfeld, Vorsitzender des Vorstands der Sparkasse Leipzig am Dienstag, 26. April, zur Bilanzpressekonferenz für das Jahr 2015.

Am Ende sanken die Zinserträge nur um 3 Millionen Euro – von 163,3 auf 160,3 Millionen Euro. Nicht nur die Anleger, die Sparer und Altersvorsorger leiden also darunter, dass langfristige Anlagen kaum noch Erträge bringen. Und es nütze der Wirtschaft überhaupt nichts, stellte Langenfeld noch fest. Es gebe schlicht keine Kreditklemme. Andererseits würden die Niedrigzinsen auch keine neuen Kreditvergaben bewirken. „Die Zinssenkungen geben keinen neuen Input, sondern eher Anreize für Fehlanlagen“.

Betrifft das Leipzig? Eher nicht, meint Langenfeld. Man habe 2015 die Vergabe von Krediten an die regionale Wirtschaft sogar ausgeweitet: Um 5,5 Prozent oder 192 Millionen Euro wuchsen die ausgereichten Kredite auf nunmehr 3,68 Milliarden Euro. Das Neugeschäft wuchs sogar um 27 Prozent auf 865,4 Millionen Euro.

Wobei auch die Sparkasse Leipzig damit Teil hat am Leipziger Bevölkerungswachstum. Denn ein Großteil dieser Summe entfiel auf die Baufinanzierung: 222,4 Millionen Euro, 35 Prozent mehr als im Vorjahr. „Wobei sich jetzt schon der Mangel an Bauland bemerkbar macht“, sagt Andreas Koch, der im Vorstand der Sparkasse das Firmenkundengeschäft betreut. In einer wachsenden Stadt wird investiert. Nicht genug, wie Koch betont. Denn die Leipziger Wirtschaft hält sich gerade bei Investitionen in Forschung, Entwicklung und Innovationen noch immer zurück. „Und droht damit den Anschluss zu verlieren an die internationale Entwicklung“, sagt Koch.

Gerade in Zeiten wie diesen, in denen auch die Eigenkapitallage vieler Unternehmen gut sei, müsse man verstärkt in Zukunft investieren. Wenn das unterbleibt, verlieren die Unternehmen den Anschluss. Steckt Leipzig also tatsächlich in einer Flaute? Oder beschreiben die 3,6 Milliarden Euro eher die Leipziger Wirklichkeit? Immerhin ist die Sparkasse Leipzig damit trotzdem der größte Mittelstands-Finanzierer der Region. Und bei den Privatkunden sei man, so Langenfeld, die Nr. 1.

Und wolle noch weiter wachsen, sagt Martin Bücher, der für das Privatkundengeschäft den Hut aufhat.

Am 1. April hat man erst die neuen Girokonto-Modelle eingeführt. Und in der Summe vor allem positives Feedback bekommen. „Die Zeit der kostenlosen Girokonten geht zu Ende“, sagt er. Bei Konto-Neuabschlüssen ist es ungefähr wie bei den Leipziger Bevölkerungswanderungen: 22.158 neue Privatkonten wurden 2015 eröffnet, 18.000 abgemeldet. Unter den letzteren sind unter anderem 10.000 Abmeldungen, weil die Inhaber im Lauf des Jahres verstarben, aber auch über 5.000, weil die Inhaber aus der Region weggezogen sind. Und die Entwicklung sei auch im 1. Quartal 2016 so weitergegangen. Was Bücher in der Gewissheit verstärkt, dass die Sparkasse auch am Bevölkerungswachstum weiter partizipiert und ihren Kundenstamm weiter erhöht.

Was auch damit zusammenhänge, dass die Sparkasse noch etwas habe, was viele andere Finanzinstitute längst zurückgebaut hätten, betont Dr. Harald Langenfeld: ein Filialnetz in der ganzen Region. „Deswegen werden wir unsere Filialen in den Landkreisen auch auf keinen Fall schließen“, sagt Langenfeld. Eher wolle man jetzt eine neue Filial-Generation entwickeln. „Internet-Filiale 6.0“ heißt der Arbeitstitel. Im Herbst will man dann erzählen, wie diese neue Filiale aussehen könnte.

Parallel arbeitet man weiter an der Straffung von Prozessen, wie es Langenfeld ausdrückt. Das heißt auch bei der Sparkasse: Verschlankung des Personals. Aber nicht von heute auf morgen. Das Zieljahr ist 2018. Die Dienstleistung am Kunden dürfe aber nicht drunter leiden. Wie es aussieht, wird es wohl ohne noch mehr mobile und Online-Angebote nicht gehen.

So wird zum Beispiel auch eine Chat- und Videoberatung geprüft.

Und am heutigen 27. April sind die Sparkassen auch Teil eines neuen Bezahlsystems im Internet: „paydirekt“. Im Unterschied zu anderen, privat etablieren Systemen lägen hier alle Daten auf deutschen Rechnern. So ein bisschen klang das schon wie: „Wir starten spät, aber dafür mit mehr Sicherheit.“

Und was kam am Jahresende 2015 eigentlich heraus?

Bei Zinsen hat man – wie oben erwähnt – 3 Millionen Euro weniger verdient, bei Provisionen und sonstigen Erträgnissen blieb man auf dem Vorjahreslevel.

Die Personalkosten sind – aufgrund der Tarifsteigerungen – um 3 Millionen Euro gestiegen. Man hatte also 3 Millionen Euro weniger Ertrag, 3 Millionen mehr ausgegeben. Blieben unterm Strich rund 75 Millionen Euro übrig, die dann noch einmal um das „Bewertungsergebnis“ reduziert wurden. Das sind vor allem Kredite und andere Verbindlichkeiten, die abgeschrieben werden müssen. Ein Thema, mit dem anderen Banken noch viel heftiger zu tun haben.

So betrachtet ist ein Bewertungsergebnis von 19,4 Millionen Euro (Vorjahr: 25,6 MIllionen) recht gut, sagt Langenfeld. Das, was dann übrig blieb, hatte die Sparkasse also wirklich verdient: 55,4 Millionen Euro, fast dasselbe wie im Vorjahr (55,5 Millionen Euro). Übrigens ein Wert, der auch zeige, wie sehr sich die Sparkasse Leipzig seit dem Jahr 2007, seit der Vorstand gewechselt hat, konsolidiert hat.

Von den 55,4 Millionen wurden 25,4 Millionen Euro an Steuern gezahlt – womit die Sparkasse auch einer der größten Steuerzahler der Region ist. Was die beteiligten Kommunen wieder freut. Das Plus von 17 Millionen Euro geht vor allem in die Rücklage und stärkt die Eigenkapitalquote. Mit einer Kernkapitalquote von 15,9 Prozent liegt die Sparkasse deutlich über den von der Bankenaufsicht geforderten 8 Prozent.

Dividende zahlt das Finanzinstitut zwar nicht. Aber als „unsere Dividende an die Menschen in der Region“ bezeichnet Langenfeld die stabilen 5 Millionen Euro, die die Sparkasse Leipzig jährlich in gemeinnützige Projekte von Sport und Kultur bis zu Bildung  und Umwelt investiert. In der Summe empfinde man sich mit 450.000 Privatkunden und 3.400 Geschäftskunden eindeutig als Marktführer in der Region. Harald Langenfeld mit Blick aufs trübe Wetter vor den Fenstern: „Wir sind aus unserer Sicht wetterfest aufgestellt.“

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Keine Kommentare bisher

„Die Zeit der kostenlosen Girokonten geht zu Ende“

Ein lustiger Mann. Das glaube ich nicht. Außerdem waren die Konten ja nicht kostenlos, weswegen ich bei einer anderen Bank schon lange glücklich bin, weil ich nur online arbeite, da sollte man bei der Sparkasse auch schon immer was zahlen.

Neue Ideen sind gut, aber ‘Internetfiliale 5.0’ ruft bei mir nur Kopfschütteln 7.0 hervor. Oder erfindet die Sparkasse als erstes ein neues Internet?

Das Engagement in lokale gemeinnützige Projekte finde ich gut und angemessen.

Paydirekt wird ein Rohrkrepierer, weil man nicht zu Personen Geld senden kann und die Sache Jahre zu spät auf den Markt kommt. Auch macht nur ein Teil der Banken bei diesem Versuch mit; nicht ohne Grund.

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