Die Staatsregierungen der Freistaaten Bayern und Sachsen haben bei einer gemeinsamen Kabinettssitzung über verschiedene aktuelle Themen beraten. Die beiden Kabinette kamen auf Einladung des sächsischen Regierungschefs Stanislaw Tillich in Leipzig zusammen. Die Landesregierungen waren sich einig, dass die bewährte und sehr gute länderübergreifende Zusammenarbeit fortgeführt und weiter vertieft werden soll. Beide Länder verbindet eine Partnerschaft, die mittlerweile Tradition geworden ist.

Ministerpräsident Tillich sagte: „Die Zusammenarbeit zwischen Bayern und Sachsen ist so alt wie die Deutsche Einheit. Uns verbinden Themen von der Automobilwirtschaft über Sicherheitspolitik bis hin zur Zusammenarbeit in der Europapolitik. Gemeinsam stärken wir unsere Interessen und treten in vielen Bereichen füreinander ein. Unsere Partnerschaft ist etwas Besonderes.“

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer betonte: „Die beiden Freistaaten Sachsen und Bayern bilden eine starke Achse, weil uns mehr verbindet als nur eine gemeinsame Grenze: Innovationsfreude, Gestaltungswille und eine verlässliche und vorausschauende Politik. Wir arbeiten auch künftig eng zusammen, weil unsere beiden Länder davon profitieren.“

Moderne Verkehrsinfrastruktur

Elektromobilität

Um der Elektromobilität bundesweit zum Durchbruch zu verhelfen und das von der Bundesregierung angestrebte Ziel zu erreichen, dass Deutschland bis 2020 mit einer Million zugelassenen Elektrofahrzeugen Leitmarkt für Elektromobilität wird, bedarf es aus Sicht der beiden Staatsregierungen erheblicher Anstrengungen der Autohersteller, aber auch richtiger Rahmenbedingungen durch die Politik.

Bayern und Sachsen begrüßten in dem Zusammenhang die jüngsten Entscheidungen der Bundesregierung als notwendigen Impuls. Sie forderten die Bundesregierung gleichzeitig auf, die Bundesmittel für einen flächendeckenden Aufbau von Ladeinfrastruktur in Abstimmung mit den Bundesländern bereitzustellen. Bayern und Sachsen wollen sich mit eigenen Landesmitteln am Aufbau einer solchen Ladeinfrastruktur beteiligen. Unterstützt wird auch der Beschluss des Bundes, die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für das Laden von Elektroautos spürbar zu verbessern.

Beide Staatsregierungen betonten außerdem, Ziel sei es, in ihren Fuhrparks den Anteil der Elektrofahrzeuge bei den Neuzulassungen, die für Elektrifizierung geeignet sind, signifikant zu steigern.

Einig sind sich Bayern und Sachsen auch darin, dass es Wohnungseigentümern erleichtert werden sollte, an den in ihrem Sondereigentum stehenden Stellplätzen eine Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug auch unter Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Eigentums einzurichten. Auch den Mietern von Wohnraum sollte es grundsätzlich erleichtert werden, entsprechende Veränderungen vorzunehmen, um elektrisch betriebene Fahrzeuge nutzen zu können.

Sachsen-Franken-Magistrale

Die Länder bekräftigten ihre Forderung nach einer Fortführung der 2013 in Betrieb genommenen Streckenelektrifizierung über Hof hinaus sowohl nach Nürnberg als auch nach Regensburg.

Sie begrüßten, dass der Bund sowohl die Franken-Sachsen-Magistrale inklusive des Abschnitts von Marktredwitz zur bayerisch-tschechischen Grenze als auch den Ausbau der Strecke Marktredwitz – Regensburg im Bundesverkehrswegeplan 2030 in der höchsten Priorisierungsstufe verankern will.

Bayern und Sachsen setzen sich dafür ein, dass diese Streckenausbauten in das zugehörige Ausbaugesetz „Bedarfsplan Schiene“ mit der höchsten Priorisierung aufgenommen werden.

Die Aufnahme von Vorplanungen durch die Deutsche Bahn AG zwischen Nürnberg und Marktredwitz sowie weiterführende Planungen für den Abschnitt Hof – Marktredwitz wurden ausdrücklich begrüßt. Zugleich forderten die Staatsregierungen den Bund auf, mit der Bahn unverzüglich nach Aufnahme des Ausbauprojekts Marktredwitz – Regensburg ins Bundesschienenwegeausbaugesetz auch für dieses Vorhaben die Planungsfinanzierung sicherzustellen.

Außerdem forderten Bayern und Sachsen den Bund und die Deutsche Bahn auf, bis spätestens 2023 die infrastrukturellen Voraussetzungen für einen durchgängig elektrischen Betrieb zwischen Dresden, Chemnitz, Hof und Nürnberg sowie zwischen Marktredwitz und der bayerisch-tschechischen Grenze zu schaffen. Zeitnah muss auch der elektrische Lückenschluss bis Regensburg umgesetzt werden, damit auf beiden Strecken wieder eine Fernverbindung geschaffen wird. Dabei ist insbesondere auf einen adäquaten Lärmschutz zu achten.

Innere  Sicherheit und Asylpolitik

Bayern und Sachsen werden ihren Kampf gegen den Wohnungseinbruchdiebstahl weiter intensivieren und vereinbaren dazu eine Kooperation. Hintergrund ist die Zunahme solcher Delikte in den letzten Jahren.

Mit Blick auf Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus begrüßten Sachsen und Bayern die Beschlüsse des Koalitionsausschusses im Bund vom 13. April 2016, die der konsequenten und effektiven Bekämpfung des Terrorismus und seiner Finanzierung dienen.

Die beiden Staatsregierungen zeigten sich besorgt darüber, dass Straftaten mit extremistischem Hintergrund in den letzten Jahren bundesweit zugenommen haben. Neben gewalttätigen Ausschreitungen im Zusammenhang mit Demonstrationen, Angriffen auf Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte, Sicherheitskräfte und Helfer sowie Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten Lagern wird zunehmend das Internet zum Tatort strafbaren extremistischen Handelns. Auf allen Ebenen werden sich die beiden Freistaaten für die nachhaltige Bekämpfung entsprechender  Kriminalitätsformen einsetzen.

Bayern und Sachsen kündigten an, die bestehende gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und den Informationsaustausch im Bereich der Inneren Sicherheit weiter zu vertiefen.

In der Asylpolitik sind sich beide Länder einig, dass die Funktionsfähigkeit des deutschen Asylsystems nachhaltig gesichert werden muss. Die Solidarität in der Bevölkerung muss erhalten, eine erfolgreiche Integration auf der Basis unserer gemeinsamen Werte sowie die Innere Sicherheit müssen gewährleistet bleiben. Damit Integration auch künftig gelingen kann, ist eine spürbare und dauerhafte Reduzierung der Flüchtlingszahlen erforderlich.

Mit Blick auf den Beschluss zum „Gemeinsamen Konzept von Bund und Ländern für die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen“ vom 22. April begrüßten die Staatsregierungen, dass sich der Bund seiner Finanzierungsverantwortung stärker als bislang stellen und sich an den Kosten der Länder und Kommunen substanziell beteiligen wird. Dies sollte jedoch mindestens in Höhe einer hälftigen Beteiligung erfolgen.

Gemeinsame Europapolitik

Bayern und Sachsen warben mit Blick auf die künftige europäischen Struktur- und Investitionsförderung in der Förderperiode 2021-2027 für eine bedarfsgerechte Förderung für alle Regionen Europas. Benachteiligte Gebiete bedürften weiterhin einer besonderen Förderung, stärker entwickelte Regionen müssten in ihrer Rolle als Lokomotiven bestärkt werden. Insbesondere seien auch Grenzregionen zu stärken, um Brüche zwischen unterschiedlich stark entwickelten Regionen zu vermeiden.

Die Länder warnten außerdem vor einer ausufernden Bürokratie. Der bürokratische Aufwand müsse in der kommenden Förderperiode deutlich reduziert werden.

Die Staatsregierungen mahnten außerdem Vereinfachungen der gemeinsamen EU-Agrarpolitik in der aktuellen Förderperiode bis 2020 und danach an. Entlastungen für Landwirte und Verwaltungen seien dringend erforderlich und möglich, ohne die politisch beschlossene Grundausrichtung infrage zu stellen. Die beiden Freistaaten verwiesen darauf, dass die EU-Kommission bislang nur sehr verhalten auf entsprechende Hinweise und Vorstöße der Mitgliedsstaaten reagiert habe und appellierten an den Bund, weiterhin in Brüssel Druck auszuüben.

Bayern und Sachsen stark in der Bildungspolitik

Bayern und Sachsen sind sich einig, dass die Förderung leistungsstarker und begabter Schülerinnen und Schüler künftig auch für die Sicherung des Nachwuchses im Bereich von Führungs- und Fachkräften in Deutschland eine wachsende Bedeutung besitzen wird.

Um eine noch engere Zusammenarbeit zu erreichen, wurde unter anderem vereinbart, dass es im kommenden Schuljahr gegenseitige Hospitationen der bayerischen Gymnasien mit Hochbegabtenzug, der künftigen Kompetenzzentren für Begabtenförderung sowie der sächsischen Gymnasien mit vertiefter Ausbildung geben soll. Die Hospitationen dienen dem gegenseitigen Kennenlernen der jeweiligen Konzepte der Begabtenförderung und der Anbahnung einer späteren Kooperation. Ziel ist, die Qualität der Angebote weiter zu verbessern.

Hochwasserschutz

Die beiden Staatsregierungen begrüßen das Nationale Hochwasserschutzprogramm. Mit dessen Umsetzung können allein in Sachsen und Bayern rund 300 Millionen Kubikmeter Hochwasserrückhalteraum mit Poldern und Rückhaltebecken sowie rund 2.100 Hektar Rückhalteflächen mit Deichrückverlegungen und Gewässerbett-Aufweitungen geschaffen werden.

Die Bayerische Staatsregierung und die Sächsische Staatsregierung werden sich bei der Bundesregierung für eine langfristig auskömmliche Finanzierung des Nationalen Hochwasserschutzprogrammes einsetzen. Dazu ist die Finanzmittelausstattung des Sonderrahmenplanes „Präventiver Hochwasserschutz“ bedarfsgerecht und flexibel sicherzustellen. Insbesondere die Übertragbarkeit der Mittel muss gewährleistet sein.

Zukunftsforum der Freistaaten Bayern und Sachsen

Sachsen und Bayern setzen den 2012 gemeinsam ins Leben gerufenen Zukunftsdialog mit einem weiteren Zukunftsforum fort. Dabei werden die beiden Ministerpräsidenten und die beiden stellvertretenden Ministerpräsidenten zusammen mit Fachleuten Zukunftsthemen der „Innovationsregion Bayern – Sachsen“ diskutieren und weiterführen. Das Zukunftsforum soll neue Initiativen entwickeln, die zu einer besseren Vernetzung beider Länder beitragen und weitere Potentiale für die „Innovationsregion Bayern – Sachsen“ heben.

Bayern und Sachsen für Wirtschaftlichkeit, Technologieoffenheit und Deregulierung

Bayern und Sachsen sind sich einig, dass die vom Bund eingeleitete Novellierung des Energieeinsparrechts für Gebäude und seine Zusammenführung mit den Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum nicht erschweren oder verteuern darf. Die Staatsregierungen appellierten an den Bund, auf eine weitere Verschärfung energieeinsparrechtlicher Anforderungen bei Neubau und Modernisierung zu verzichten. Stattdessen sollte die Novellierung genutzt werden, die Anwendung zu vereinfachen.

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