Auch im fünften Jahr nach der Selbstenttarnung des sogenannten „NSU“ ignoriert die Bundesregierung alle deutlichen Anzeichen für institutionellen Rassismus in den deutschen Strafverfolgungsbehörden. „Amnesty International fordert, dass unabhängig untersucht wird, wie weit verbreitet institutioneller Rassismus in den deutschen Strafverfolgungsbehörden ist“, sagt Alexander Bosch, Anti-Rassismus-Experte bei Amnesty International in Deutschland.

„Bis heute haben sich die Behörden nicht ausreichend damit auseinandergesetzt, welche Strukturen und Netzwerke hinter dem ‚NSU‘ standen und inwieweit diese heute noch vorhanden sind“, so Bosch. In ihrer Rede zum zentralen Gedenken an die Opfer des „NSU“ hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel 2012 den Hinterbliebenen versprochen, alles zu tun, um die Morde aufzuklären und die Helfershelfer und Hintermänner aufzudecken. „Die Kanzlerin hat ihr Versprechen an die Hinterbliebenen der NSU-Mordopfer bis heute nicht eingelöst“, kritisiert Bosch.

„Es ist vollkommen unverständlich, dass Strafverfolgungsbehörden noch heute dieselben Fehler machen wie während der Ermittlungen zu den Morden des ‚NSU‘: Zu oft verkennen Polizisten das rassistische Motiv einer Straftat, noch immer werden die Opfer rassistischer Gewalt oder deren Angehörige wie Täter behandelt“, sagt Bosch.

Bundeskanzlerin Merkel kündigte 2012 auch an, dass die Behörden entschieden gegen jene vorgehen würden, die andere wegen ihrer „Herkunft, Hautfarbe, Religion“ verfolgen. Doch das ist nicht der Fall. „Die Landesinnenminister ignorieren alle Anzeichen für institutionellen Rassismus bei der deutschen Polizei. Gleichzeitig tolerieren die Innenminister menschenrechtswidrige Praktiken wie zum Beispiel Racial Profiling, das fester Bestandteil des Polizeialltags in Deutschland ist“, so Bosch.

Protestaktion: Aktivisten von Amnesty International demonstrieren am Freitag (04.11.), 11:30 Uhr, vor dem Bundesinnenministerium (Alt-Moabit 140, 10557 Berlin) gegen die mangelhafte Aufarbeitung des NSU-Komplexes. Sie erinnern mit Namensschildern an die zehn Opfer der NSU-Mordserie und fordern einen besseren Schutz vor rassistischer Gewalt in Deutschland.

Expertengespräch: Vertreter der Politik, Polizei und Zivilgesellschaft diskutieren am 10. November (Donnerstag) um 18:30 Uhr über „Rassistische Gewalt in Deutschland“. Die Diskussion findet statt im Auditorium Friedrichstraße (Friedrichstraße 180, 10117 Berlin). Voraussichtliches Ende ist 20 Uhr. Zu den Teilnehmern der öffentlichen Podiumsdiskussion gehören:

– Anastasia Crickley, Vorsitzende des UN-Antirassismusausschusses (CERD),
– Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion,
– Irene Mihalic, innenpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion,
– Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei,
– Karen Taylor, Aktivistin der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland.

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