Am heutigen Freitag fand auf Antrag der Linksfraktion eine Anhörung zum Entwurf des Sächsischen Ausreisegewahrsamsvollzugsgesetzes statt. Zwei der insgesamt vier Sachverständigen übten dabei grundsätzliche Kritik an dem Vorhaben.

Dazu erklärt Juliane Nagel, Sprecherin für Flüchtlings- und Migrationspolitik der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: Nach Hamburg und Niedersachsen will Sachsen als drittes Bundesland den durch das Bundesgesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung ermöglichten Ausreisegewahrsam einführen. Die Linke lehnt dieses Zwangsmittel ab und appelliert insbesondere an die mitregierende SPD das Vorhaben abzuwenden. Nicht nur, dass die Zahl der Abschiebungen im laufenden Jahr – auch ohne Ausreisegewahrsam – in einem unfassbaren Maß in die Höhe geschnellt ist. Das Vorhaben verstößt gegen Europa- und Bundesrecht, ebenso gegen Grundrechte. So sollen Geflüchtete, die der Ausreiseaufforderung nicht nachgekommen sind oder sich einer Abschiebung entziehen könnten, auf richterliche Anordnung maximal vier Tage in Gewahrsam genommen werden, eine faktische Inhaftierung ohne Straftatbestand also.

Der Gesetzesentwurf der Staatsregierung verweist pauschal auf die Regelungen des Strafvollzugs. Die EU-Rückführungsrichtlinie schreibt allerdings vor, dass Abschiebehaft sich grundsätzlich vom Strafvollzug unterscheiden soll. Das ist beim geplanten Ausreisegewahrsam, das auf diverse Regelungen des Strafvollzugsgesetzes verweist, nicht gegeben. Schon jetzt plant die Bundesregierung die Verlängerung der Ingewahrsamnahme nach § 62b Aufenthaltsgesetz von vier auf 14 Tage. Zu Recht erinnerte der Sachverständige Stefan Kessler vom Jesuiten-Flüchtlingsdienst daran, dass Inhaftierungen Menschen krank machen. Sie müssen die Ultima Ratio bleiben. Patrick Irmer vom Sächsischen Flüchtlingsrat verwies auf den nicht gesicherten Zugang zu Rechtsmitteln und Rechtsberatung sowie auf das Fehlen eines Anspruchs auf soziale Betreuung und psychotherapeutische und psychosoziale Beratung.

Anstelle weiterer Zwangsmaßnahmen bedarf es der Unterstützung von Beratungsstellen, die sich um asylverfahrens- und aufenthaltsrechtliche Fragen bemühen – dies schließt die Förderpolitik des Freistaates bisher konsequent aus. Außerdem braucht es einen Paradigmenwechsel in den zuständigen Ausländerbehörden, nicht auf Teufel komm raus für eine Aufenthaltsbeendigung zu arbeiten, sondern die Geflüchteten umfassend über ihre Rechte aufzuklären. Die Linke wird den geplanten Ausreisegewahrsam ablehnen und schließt sich dem Sächsischen Flüchtlingsrat an: „Die Umsetzung des Ausreisegewahrsams kann die Landesregierung vermeiden, indem sie das Bundesgesetz schlicht nicht anwendet.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

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