Wir erhielten eine kurzfristige Anfrage zu einer Podiumsdiskussion mit Herrn Rosenthal (Leipziger Bürgermeister und Beigeordneter für Umwelt, Ordnung und Sport), die zeitnah in unseren Räumen stattfinden sollte. Für uns als Soziokulturelles Zentrum war das Thema „Debatte statt Gewalt“ ein wichtiges, besonders im Hinblick auf das derzeitige gesellschaftliche Klima im Land sowie die zu erwartenden Auseinandersetzungen im beginnenden Wahlkampf. Umso überraschter waren wir, als wir heute der Tagespresse entnehmen konnten, dass sich die Veranstaltung zu einem Forum von fünf politischen Mandatsträgern gewandelt hat, welche nur unter namentlicher Anmeldung besucht werden kann.

Statt Kommunikation und Austausch über den Inhalt der Veranstaltung mit uns als soziokulturellem Träger zu suchen, werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt, was Podiumsbesetzung, Form und Ablauf betrifft. Dringend notwendig ist auf jeden Fall ein Austausch über Art und Weise öffentlicher Debatten, Diskurse in sozialen Netzwerken und die zunehmend hasserfüllte und abwertende Kommunikation.

Dieses Podium halten wir jedoch dafür nicht geeignet. Nicht eingeladen sind Vertreterinnen von NGOs, PolitikwissenschaftlerInnen, SoziologInnen oder ähnliche geeignete ExpertInnen. Mit diesem Podium steht zu befürchten, dass gerade mit dem angelaufenen Wahlkampf der Diskurs in Politikritualen und parteipolitischer Selbstdarstellung verharrt. Wir können nicht erkennen, dass diese überstürzte Veranstaltung dem Thema gerecht werden kann oder nicht sogar dem Anliegen schadet.

Unser soziokulturelles Selbstverständnis beinhaltet den barrierefreien und unbeschränkten Zugang – unter Akzeptanz unserer Hausordnung – aller BesucherInnen zu unseren Veranstaltungen. Eine namentliche Anmeldung widerspricht diesem Prinzip grundlegend. Sie birgt die Gefahr, dass die Parteien vorrangig ihre Anhängerschaft mobilisieren und damit eine offene Bürgerbeteiligung ad absurdum geführt wird.

Völlig unakzeptabel ist es für uns, wenn ein Vertreter jener Partei auf dem Podium sitzt, welche erst kürzlich die Streichung von Fördermitteln für ein Soziokulturelles Zentrum gefordert hat. Gleichzeitig sollten die frei werdenden Mittel an ausgewählte soziokulturelle Zentren umverteilt und damit die Zentren gegeneinander ausgespielt werden.

Dagegen hat sich die AG Soziokultur eindeutig positioniert:

Speziell Herr Wurlitzer von der AfD beschwert sich, dass die Stadt Leipzig „zig Millionen Euro für dubiose und umstrittene Kulturvereine und -zentren“ ausgibt, nur weil sie nicht seiner politischen Ausrichtung entsprechen und attackiert damit bewusst soziokulturelle Arbeit. (Pressemitteilung AfD, 22.09.2016, AfD Fraktion Sachsen)

Die AfD propagiert in ihrem Grundsatzprogramm „Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“ und „Deutsche Sprache als Zentrum unserer Identität“ und widerspricht damit grundlegend unserem Ansatz von interkultureller Arbeit, Vielfalt und Austausch mit KünstlerInnen weltweit. Das Kulturverständnis der AfD läuft auf eine Staatskultur hinaus, die ausgrenzt statt Vielfalt fördert.

Für uns ist eine Podiumsdiskussion in dieser Form nicht tragbar, wenn ein Vertreter der Partei ein Podium bekommt, welche unserer Strukturen nutzt, aber den Kern unserer jahrelangen, intensiven kulturellen Arbeit negiert und diese sogar für verzichtbar hält.

Aus den genannten Gründen kann die Veranstaltung in unserem Haus nicht stattfinden.
Das Team des WERK 2 – Kulturfabrik Leipzig e.V.

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