Was seit dem Frühjahr beim Bauprojekt "Karli" feststeht, ist das, was dann ab 2014 gebaut werden soll. Wie und wann gebaut wird, das ist derzeit noch in der Diskussion, in einer heftigen zum Teil. Denn wenn der 1,5 Kilometer lange Bauabschnitt tatsächlich zwei Jahre lang für den Durchgangsverkehr gesperrt werden sollte, fürchten die Wirte im Baustellenbereich wohl zu recht um ihre Existenz.

Doch anders als die verschiedenen Bauvarianten werden die Varianten des möglichen Bauablaufs nicht öffentlich diskutiert. Auch wenn eine Grobplanung schon feststeht. Danach geht es 2013 noch gar nicht mit dem eigentlich Bau los, sondern mit einigen “baubegleitenden Maßnahmen”, die es selbst durchaus schon in sich haben.

Das betrifft selbst die Erneuerung von 140 Meter Gleis im Bereich Peterssteinweg, die schon am heutigen 5. November beginnt. Eine Maßnahme, die den südlichen Stadtbereich bis zum 26. November in Atem halten wird – auch mit Umleitungen des Autoverkehrs und zeitweilig auch der Straßenbahn. Ein Vorgeschmack, was dann 2013 beginnt.

Das geht schon im April los: Vom 29. April bis zum 26. Juli wollen die Wasserwerke Leipzig eine Hauptwasserversorgungsleitung für Trinkwasser (HVL), die die Karl-Liebknecht-Straße auf der Höhe Shakespearestraße unterquert, auswechseln. Was für die dreimonatige Bauzeit Umleitung des Durchgangsverkehres und eingleisigen Straßenbahnbetrieb auf dem stadtwärtigen Gleis im unmittelbaren Baubereich bedeutet. Was logischerweise auch den Einbau zweier Gleiskreuze bedeutet, damit die Bahnen auf das eine Gleis im Baustellenbereich wechseln können.

Aber nicht nur rings um den Südplatz wird es Umleitungen geben. Denn wenn ab 2014, wenn die Großbaustelle “Karli” beginnt, der Kfz-Verkehr weiträumig umgeleitet werden soll, braucht man intakte Umleitungsstraßen. Dafür sollen die betroffenen Straßen im Vorfeld ertüchtigt werden.

Das heißt: Gleich eine Reihe von Umleitungen betroffener Straßen bekommen im Frühjahr 2013 eine Deckensanierung verpasst. Die alte Decke wird abgetragen und neuer Asphalt aufgebracht. Was für die betroffenen Straßen während der Deckensanierung logischerweise selbst Umleitung des Verkehrs bedeutet.

Betroffen sind die Grünewaldstraße, die Windmühlenstraße, der Bayrische Platz und die Mahlmannstraße.
Noch gründlicher soll die August-Bebel-Straße, die ebenfalls als Umleitungsstrecke gedacht ist, ertüchtigt werden: Von der Kurt-Eisner-Straße bis zur Dufourstraße soll sie in der zweiten Jahreshälfte 2013 grundhaft erneuert werden. Da werden dann auch die letzten Gleise der einstigen Straßenbahn Linie 24 verschwinden.

Nach diesem Jahr haben sich die Südvorstädter wahrscheinlich so langsam an Umleitungen und Baustellen gewöhnt. Aber richtig losgehen soll es ja im Januar 2014. Das ist der Zeitabschnitt, der den Gastronomen auf der Karl-Liebknecht-Straße besonders Sorgen bereitet. Denn nach bisherigen Planungen soll der Umbau der “Karli” von Januar 2014 bis Dezember 2015 dauern.

Gebaut werden soll in mehreren Bauabschnitten. Innerhalb der Bauabschnitte sollen noch detaillierte Bauphasenpläne entwickelt werden, die insbesondere Anwohnern und Gewerbetreibenden eine Orientierung über den genauen Bauablauf geben sollen. “Ziel ist eine weitere Optimierung der Bauabläufe und damit eine Verkürzung der Bauzeit”, betont das Verkehrs- und Tiefbauamt. “Bis Ende 2012 und damit ein Jahr vor Baubeginn wird eine abgestimmte Lösung hinsichtlich der Bauabschnittsbildung und Bauzeituntergliederung angestrebt.”

Entsprechende erste Vorstellungen haben die Planer dem Interessenbeirat im Oktober erstmals unterbreitet. Seitdem wird heftig diskutiert. Denn gebaut wird zwar in Abschnitten, aber dabei soll die Straße trotzdem nicht für den Durchgangsverkehr zur Verfügung stehen.
Was dann insbesondere die Gastronomen auf der “Karli” dazu brachte, die über die Jahre eingeschlafene IG Karli wieder zu beleben und ihren Befürchtungen mit einer klaren Stellungnahme Luft zu machen: “Nun wurde von Seiten des Bauträgers zum geplanten Bauablauf informiert – und dieser könnte wohl der Lebendigkeit der Karli recht nachhaltig den Garaus machen. Im Wesentlichen ist vorgesehen, den gesamten Straßenabschnitt – vom Peterssteinweg bis zur Körnerstraße – während der gesamten Zeit des Bauvorhabens (von Januar 2014 bis Dezember 2015, also 2 Jahre lang!) komplett für den PKW-Durchgangsverkehr zu sperren (obwohl innerhalb der Baustelle in Abschnitten gearbeitet werden soll). In den baufreien Abschnitten soll lediglich Anliegerverkehr möglich sein. Die Straßenbahn soll durch die Baustelle verkehren können. Eine Ermöglichung des Radverkehrs durch die Baustelle ‘wird angestrebt und ist noch zu untersuchen’.”

Der geplante Bauablauf macht jetzt recht deutlich, was für ein großes Bauprojekt sich Stadt und LVB da vorgenommen haben. Vergleichbar damit ist eigentlich nur der noch immer laufende Umbau der Lützner Straße, die freilich in mancher Beziehung nicht so sensibel ist wie die “Karli” mit ihrer noch dichten Folge von kleineren Geschäften, Serviceeinrichtungen und Gastronomiebetrieben.

Der Knackpunkt um die Dauersperrung hat mit den Plänen der LVB zu tun, die Straßenbahn über die zweijährige Bauzeit weiterhin fahren zu lassen. Doch dazu braucht diese eine durchgängige Trasse auf einem Behelfsgleis. Das würde leichter zu installieren sein, wenn der komplette 1,5 Kilometer lange Bauabschnitt zugleich angepackt würde.

Aber genau das – so befürchten die Gastronomen – würde ihren Einrichtungen in dieser Zeit den Garaus machen. Sie plädieren für eine Bauvariante, die die Planer ebenfalls vorgestellt haben: “Die Alternative liegt auf dem Tisch! Laut Stadtplanungsamt kann die Sanierung in vier etwa gleich großen Abschnitten erfolgen. Jeder Abschnitt würde drei, maximal sechs Monate in Anspruch nehmen. Der Rest der Straße wäre befahr- und begehbar.”

Eigentlich eine augenfällige Variante, die deutlich macht, wie sehr sich Leipzigs Planer in den vergangenen 20 Jahren angewöhnt haben, in großen Dimensionen zu denken und dabei die Kleinteiligkeit der Quartiere, in denen sie bauen, außer Acht zu lassen. In der Regel mit der Begründung, so könne man Kosten sparen.

Die IG Karli plädiert für etwas, was die Stadt Leipzig auch in Zeiten knapper Kassen vielleicht erst wieder lernen muss: einen sanften, quartierverträglichen Erneuerungsprozess der Stadt. Die Karl-Liebknecht-Straße ist zwar derzeit das wichtigste und sensibelste Bauprojekt dieser Art, wo eine Dichte von Interessenlagen zusammenkommt, die es weder in der Lützner noch in der Prager Straße gab. Aber mit der Georg-Schumann-Straße, der Könneritzstraße und perspektivisch der Georg-Schwarz-Straße nähern sich die nächsten Magistralen-Bauprojekte, die ganz ähnliche Interessenkonflikte mit sich bringen. Bei der Georg-Schumann-Straße wird der ebenfalls längst überfällige Umbau genau dann beginnen, wenn sich die ersten positiven Entwicklungen in Folge des Förderprojekts schon entfaltet haben.

Die nächste Sitzung des Interessenbeirats ist für den 28. November geplant. Ende des Jahres will die Stadt ihre Bauplanung in Sack und Tüten haben.

Die Informationen der Stadt zum Projekt “Karli” und den ersten Großbaustellen 2013 und den Umleitungen 2014/2015:
www.leipzig.de/de/buerger/stadtentw/verkehr/Karl-Liebknecht-Stra%C3%83%C5%B8e-24092.shtml

De Aufruf der neu gegründeten IG Karli auf der Website der Feinkost:
http://feinkostblog.wordpress.com/2012/10/20/karli-umbau-erbarmungslos

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar